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Nach dem verheerenden Hochwasser fordert der VdK ein Konzept für inklusive Krisenkommunikation in Notfällen
Die Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen hat viele Menschen unvorbereitet getroffen, weil sie zuvor nicht ausreichend gewarnt wurden. Insgesamt kamen fast 180 Menschen ums Leben. Die Verantwortlichen haben erkannt, dass der Katastrophenschutz in Deutschland neu aufgestellt werden muss. Doch wieder einmal droht die Barrierefreiheit keine Rolle in den Überlegungen zu spielen.
Die Bundesregierung hat auf die Mängel reagiert, die sich beim Warnen der Bevölkerung vor dem Hochwasser Mitte Juli gezeigt haben. Laut Bund-Länder-Beschluss soll künftig die Bevölkerung im Ernstfall über das Mobiltelefon alarmiert werden. Mit dem sogenannten Cell-Broadcasting-System erreicht das Notsignal alle Handys, die in der Funkzelle eingebucht sind. Zudem wollen Bund und Länder bis 2023 insgesamt bis zu 88 Millionen Euro in die Ertüchtigung und Errichtung von Sirenen investieren. Doch was ist mit den Menschen, die Sirenen nicht hören oder kein Handy oder Smartphone haben?
Für VdK-Präsidentin Verena Bentele greifen die geplanten Neuerungen zu kurz: „Bei den beschlossenen Punkten zum Katastrophenschutz spielt Barrierefreiheit keine Rolle. Wir brauchen ein abgestimmtes Gesamtkonzept für eine barrierefreie Krisenkommunikation in Notfällen. Sirenen sind für Gehörlose keine ausreichende Warnung.“
Außerdem sei ein einheitliches Evakuierungskonzept notwendig: „Die zwölf beim Hochwasser im Juli gestorbenen Menschen mit Behinderung im Lebenshilfe-Haus in Sinzig müssen ein Weckruf sein, dies endlich anzugehen“, so Bentele. In den Katastrophenplänen müssen nach Ansicht des VdK künftig schlüssige Konzepte und Vorgaben für Wohneinrichtungen für behinderte Menschen sowie Menschen in Senioren- und Pflegeheimen enthalten sein. Diese müssen vor Ort von den Behörden regelmäßig kontrolliert werden.
Auch die Kommunikation in Krisenfällen muss überarbeitet werden. So lange der Zugang zu Katastrophenwarnungen nicht barrierefrei ist, so lange werden Menschen mit Behinderung in Notsituationen stärker gefährdet und stärker betroffen sein. Der VdK ist der Auffassung, dass alle staatlichen und behördlichen Warnhinweise in Gebärdensprache, Brailleschrift, Einfacher und Leichter Sprache zur Verfügung gestellt werden sollen. Zudem müssen Menschen mit Hör-, Seh- oder anderer Behinderung Notdienste nutzen können, die der Notrufnummer 112 funktional gleichwertig sind.
Auch der Leiter der Bundesfachstelle Barrierefreiheit, Dr. Volker Sieger, sieht dringenden Handlungsbedarf: „Wie wichtig barrierefreie Kommunikation ist, haben wir bereits zu Beginn der Corona-Pandemie feststellen können. In Katastrophenfällen ist sie um ein Vielfaches wichtiger, um in akuten lebensbedrohlichen Situationen Menschenleben zu retten.“
Der Deutsche Gehörlosen-Bund wirft den Verantwortlichen ein Versagen des Warnsystems sowie eine Verletzung des Artikels 11 der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) vor: #ZITAT{„Der Artikel 11 der UN-BRK verpflichtet Deutschland, alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um in Gefahrensituationen, einschließlich bewaffneter Konflikte, humanitärer Notlagen und Naturkatastrophen, den Schutz und die Sicherheit von Menschen mit Behinderung zu gewährleisten“, teilt der Verband mit. Der Gehörlosen-Bund vertritt etwa 30 000 Mitglieder.
Um den Katastrophenschutz endlich barrierefrei zu gestalten, fordert der VdK, dass Menschen mit Behinderung aktiv in die Planung und Umsetzung einbezogen werden. Das gilt auch für die Einrichtung von Gremien und Krisenstäben auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene. Vor Ort sollten sich Feuerwehr, Polizei, Technisches Hilfswerk oder Rotes Kreuz für ehrenamtliches Engagement von Menschen mit Behinderung öffnen.
Jörg Ciszewski
Schlagworte Katastrophenschutz | Menschen mit Behinderung | Barrierefreiheit | barrierefrei
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