Kategorie Aktuelle Meldung Barrierefreiheit Pflege zu Hause

Barrieren schaden der Gesundheit

Von: Dr. Bettina Schubarth

Mit zunehmendem Alter kommt dem Leben zu Hause immer mehr Bedeutung zu. Eine aktuelle Befragung vom Zentrum für Qualität in der Pflege (ZQP) zur Barrierefreiheit von privaten Pflegehaushalten offenbart hier große Defizite.

 Symbolfoto zum Thema Unfallgefahr im Haushalt. Ein alter Mann geht eine steile Treppe hinunter.
© IMAGO / photothek / Thomas Trutschel

Hälfte aller Stürze durch Barrieren im Haushalt

Für die ZQP-Studie „Externer Link:Wohnen mit Pflegebedürftigkeit“ wurden mehr als 1000 repräsentativ ausgewählte Externer Link:pflegende Angehörige befragt. 46 Prozent von ihnen berichten von „einigen bis sehr vielen Barrieren“ im Wohnraum der pflegebedürftigen Personen. Insbesondere Bad und Toilette sehen 39 Prozent der Befragten als erhebliches Gefahrenpotenzial an.

Das ZQP verweist in diesem Zusammenhang auf Zahlen, nach denen Externer Link:Barrieren und andere bauliche Unzulänglichkeiten in der Wohnung für etwa die Hälfte der Stürze zu Hause verantwortlich sind. Die bei Stürzen erlittenen Frakturen wiederum führen häufig zu einer erheblichen Verschlechterung des Gesundheitszustands und zu einer erhöhten Pflegebedürftigkeit. Häufig sind die Folgen eines Sturzes der Auslöser für den Umzug in ein Externer Link:Pflegeheim.

Doch auch das normale Fortschreiten einer Erkrankung in einer baulich ungeeigneten Umgebung lässt oft nur noch den Ausweg der stationären Versorgung zu. 20 Prozent der Angehörigen gaben an, dass die häusliche Pflege bei einer Verschlechterung des Gesundheitszustands im aktuellen Wohnumfeld nicht mehr möglich wäre. Wenn die Wohnungen, in denen die Pflegebedürftigen leben, viele Barrieren aufweisen, sind es sogar 48 Prozent, die dann ausziehen müssten.

Soziale Isolierung und Einsamkeit durch Barrieren

Der Zugang zur Wohnung ist ebenfalls ein großes Problem für die Selbstständigkeit. Auch bei noch nicht stark ausgeprägter Pflegebedürftigkeit wird allein das Treppenhaus von 43 Prozent der Befragten als höchst problematisch eingeschätzt. Wer nicht im Erdgeschoss oder in einem Haus mit Aufzug lebt, tritt deshalb oft unfreiwillig den Rückzug in die Wohnung an. Die Folgen sind soziale Isolierung und Externer Link:Einsamkeit, die wiederum zu Depressionen führen kann.

VdK-Präsidentin Verena Bentele ist von den Zahlen alarmiert: „Die Studie zeigt sehr deutlich den Zusammenhang von Barrieren im Wohnumfeld und negativen Auswirkungen auf die Gesundheit von älteren Menschen. Abgesehen vom individuellen Leid, das so geschaffen wird, entstehen dem Gesundheits- und Pflegesystem erhebliche Kosten, die durch eine vernünftige Wohnungspolitik vermeidbar wären.“ 

Die Zeit, an der aktuellen Situation etwas zu verändern, drängt: Laut einer KfWkurz fürKreditanstalt für Wiederaufbau-Studie aus dem Jahr 2020 weisen gerade einmal 1,5 Prozent des Wohnungsbestands Merkmale der Barrierefreiheit sowohl beim Zugang zur Wohnung als auch in der Wohnung selbst auf. Aktuell besteht bereits eine Versorgungslücke von 2,4 Millionen altersgerechten Wohnungen.

Kfw-Fördermittel aufstocken, neue Wohnungen barrierefrei planen

Der Sozialverband VdK fordert neben einer massiven Aufstockung der KfWkurz fürKreditanstalt für Wiederaufbau-Fördermittel zum barrierefreien Umbau des privaten Wohnumfelds die grundsätzliche Verpflichtung zur Barrierefreiheit beim Neubau von Wohnungen. So werde ein möglichst selbstbestimmtes Wohnen von Menschen mit Behinderung und kommenden älteren Generationen garantiert. Ein Hemmschuh sind die Bauordnungen der Länder, die aktuell den Bauherren großen Spielraum lassen. Sanktionen bei mangelnder Barrierefreiheit hat niemand ernsthaft zu befürchten. „Der Bund muss Barrierefreiheit nicht nur als allgemeinen Fördergrundsatz im Wohnraumförderungsgesetz benennen, sondern daraus eine verbindliche Fördervoraussetzung machen“, so Bentele.

Externer Link:Barrierefreiheit nützt allen, ist der Sozialverband VdK überzeugt. Merkmale für alters- und behindertengerechtes Wohnen, wie breite Wohnungstüren, ebenerdige Duschen, helle Räume, schwellenlose Zimmerdurchgänge sowie Aufzüge und Rampen, gehören zu moderner Architektur. „Solche Wohnungen sind für alle Menschen bequem und schön“, findet Bentele.

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