Kategorie Aktuelle Meldung Barrierefreiheit Teilhabe

Mit Greta Filme schauen

Von: Kristin Enge

Die App “Greta” macht Untertitel, Audiodeskription und Hörverstärkung für Menschen mit Behinderung (nicht nur) im Kino verfügbar. 

Jemand hält ein Smartphone in der Hand, auf dem die Greta-App geöffnet ist.
Die App "Greta" kann unter anderem im Kino Untertitel, Hörverstärkung und Audiodeskription liefern. Die App ist dunkel, damit sie im Kino niemanden stört. © VdK / Enge

Nutzung der App ist kostenlos

Die Berlinerin Seneit Debese hat für Menschen mit Seh- beziehungsweise Hörbehinderung eine App entwickelt, die ihnen den Kinobesuch ermöglicht. Die Nutzung der App „Greta“ ist kostenlos.

Egal, ob Thriller, Komödie oder romantischer Film – ein Besuch im Kino macht Freude und ist für viele selbstverständlich. Doch was tun eigentlich Menschen, die aufgrund einer Behinderung vom Kinoerlebnis ausgeschlossen sind?

Diese Frage stellte sich Seneit Debese, als sie im Jahr 2011 als Co-Regisseurin an einer Reportage über eine blinde Läuferin in Halle arbeitete. Diese berichtete, dass sie gern ins Kino gehen würde. Debese war überrascht: „Wir fliegen auf den Mond, aber Menschen mit einer Seh- oder Hörbehinderung können nicht ins Kino gehen?“

Überall verfügbar

Die Berlinerin kannte sich mit Technologie zwar nicht aus, beschloss aber kurzerhand, etwas zu tun. Sie suchte sich Partner, beantragte Fördergelder und sprach mit Betroffenen. Die erste Idee einer online-basierten Lösung verwarf sie schnell wieder. Eine App fürs Smartphone erschien ihr dagegen praktikabel, so Debese. Diese sollte überall funktionieren, und zwar ortsunabhängig und flächendeckend, nicht nur im Kino, sondern auch zu Hause.

Das Foto zeigt Seneit Debese, die vor einer blühenden Hecke steht.
Seneit Debese hat „Greta“ erfunden. © VdK / Enge

Barrierefrei oder nicht? - Produzenten und Verleiher entscheiden mit

Im Jahr 2014 wurden dann zwei Apps veröffentlicht: „Greta“ und „Starks“. Sie boten Audiodeskription für Menschen mit einer Sehbehinderung und Untertitel für Menschen mit einer Hörbehinderung. Heute sind beide Apps in der App „Greta“ vereint.

Welche Filme dort verfügbar sind, hängt von den Machern der Filme ab, sagt die 51-jährige Debese. Denn Filmproduzenten oder -verleiher müssen barrierefreie Versionen beauftragen und bezahlen. Sie entscheiden, ob es Filme mit Untertiteln, Audiodeskription oder Gebärdensprache gibt.

Werden Filme von der Filmförderungsanstalt FFA gefördert, müssen sie seit 2013 barrierefrei ausgestattet sein, erklärt Debese. Ohne Förderung entscheiden Produzenten oder Verleiher selbst, ob sich der Aufwand für sie lohnt. Diese Abwägung ist nicht im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention, die Menschen mit Behinderung die volle Teilhabe am Leben zusichert. Internationale Studios machen ihre Blockbuster oft freiwillig zugänglich.

Auch für Hörgeräteträgerinnen und -träger

Wer die App im Kino nutzt, kann im Menü einen Film auswählen und über die Einstellungen auf dessen verschiedene Versionen zugreifen. Wird der Film gestartet, synchronisiert sich die App mit ihm und spielt die gewählte Version ab. Das geht auch offline.

Es sind Untertitel verfügbar, in denen Dialoge und kurze Erläuterungen von Geräuschen oder Musik zu lesen sind. Bei der Audiodeskription hört man über einen Kopfhörer am Gerät, was auf der Leinwand zu sehen ist. 

Hörgeräteträgerinnen und -träger können die App zur Hörverstärkung nutzen. Sie bietet zudem synchronisierte Fassungen und Filme in der Originalsprache an. Versionen in Gebärdensprache sind in der App selten. In Brasilien ist dies anders: Dort sind sie vorgeschrieben.

Hohe Nutzungszahlen

Rund 120.000 Menschen nutzen die App „Greta“ heute. Sie gehen im Schnitt dreimal im Jahr ins Kino, sagt Debese. Das sei öfter, als Menschen ohne Behinderung. Und sie genießen das Kinoerlebnis. Besonders in Erinnerung geblieben ist ihr der Satz einer älteren blinden Dame, die mit der App auf einmal inmitten anderer Menschen einen Film im Kino anschauen konnte: „Ich habe mich gefreut, am Leben zu sein.“ Und auch die Mutter eines hörbehinderten Sohnes war beim ersten gemeinsamen Kinobesuch zutiefst gerührt: „Inklusion kann so einfach sein.“
 

App Greta

Die kostenfreie App ist für Android-Geräte im Google Play Store und für iOS-Geräte im Apple Store erhältlich.

Mehr Infos zur App finden Interessierte auf der Webseite:

Externer Link:www.gretaundstarks.de

Mehr zum Thema