Kategorie Musterklagen Rente

VdK-Verfahren zu Krankenkassenbeiträgen auf Betriebsrenten und andere Versorgungsbezüge

Der VdK hat die Doppelverbeitragung bei Betriebsrenten lange sozialpolitisch kritisiert und ist über Jahre hinweg juristisch mit einer Reihe von Musterklagen dagegen vorgegangen. Alle Informationen zu den Verfahren finden Sie hier.

Ein Schild mit der Aufschrift "Betriebsrente" steht auf einem Tisch, davor liegen Centmünzen
© IMAGO / Steinach

Worum geht es?

Seit 2004 müssen Betriebsrentnerinnen und Betriebsrentner doppelte Krankenkassenbeiträge auf ihre Betriebsrenten zahlen, den Arbeitnehmer- und zugleich den Arbeitgeberanteil in Höhe von 14,6 Prozent. Das ist oft als ungerecht kritisiert worden. Auch der Sozialverband VdK ist dagegen vorgegangen, etwa mit Externer Link:zahlreichen Musterklagen

Zum letzten, lange offenen VdK-Verfahren hatte der Verband im Januar 2015 eine Verfassungsbeschwerde eingereicht. Bei der Klage ging es um diese Fallkonstellation: Externer Link:Verfassungsbeschwerde wegen Krankenkassenbeiträgen aus Leistungen einer Pensionskasse.

Am 4. September 2018 hat das BVerfG nun einenExterner Link: Beschluss veröffentlicht, in dem es den Sozialverband VdK in seiner Rechtsauffassung bestätigt und deutlich macht: Abgaben von Sozialversicherungsbeiträgen in die Kranken- und Pflegeversicherung, die Rentner nach Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses aus eigener Tasche weiter in die Pensionskasse eingezahlt haben und Versicherungsnehmer geworden waren, sind nicht rechtens. Von ihrer Kasse können Betroffene nun Geld zurückverlangen (Aktenzeichen: 1 BvR 249/15). 

Wenn Sie ein Musterschreiben mit einem Überprüfungsantrag benötigen, laden Sie bitte dieses Dokument herunter:
 

Beitragserhöhungen für Betriebsrentner seit 2004 - wer ist betroffen?

Seit dem 1. Januar 2004 müssen alle in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherten Bezieher von Betriebsrenten und anderen Versorgungsbezügen - unabhängig davon, ob sie pflichtversichert oder freiwillig versichert sind - auf ihre Versorgungsbezüge den vollen Beitragssatz zur Krankenversicherung entrichten.

Hintergrund ist das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKVkurz fürGesetzliche Krankenversicherung-Modernisierungsgesetz), das zum 1. Januar 2004 in Kraft trat. Es sah "als Maßnahme zur Neuordnung der Finanzierung" vor, dass Versorgungsbezüge von Rentnerinnen und Rentnern ab dem 1.1.2014 mit dem vollen Beitragssatz belegt werden sollen, und änderte damit die zuvor bestehende Rechtslage maßgeblich.

Für Versicherte in der Krankenversicherung der Rentner (KVdRkurz fürKrankenversicherung der Rentner) bedeutete dies neben den massiven Leistungseinschränkungen eine Verdoppelung des Beitragssatzes für die Bemessung von Beiträgen auf Versorgungsbezüge. 

Die erhebliche Erhöhung traf ebenso freiwillig versicherte Ruheständler, die vor dem 1. Januar 1993 bereits das 65. Lebensjahr vollendet hatten und aufgrund einer Übergangsvorschrift zuvor nur den halben Beitragssatz zahlen mussten. 

Ebenso sind auch bei bestehenden Direktversicherungsverträgen alle nach dem 1. Januar 2004 ausgezahlten Kapitalabfindungen beitragspflichtig. Bei den Ruheständlern führt dies zu empfindlichen Einbußen - in vielen Fällen von 100 Euro im Monat und mehr.
 

Eine bronzene Statue der Justitia vor einer gemauerten weißen Wand
© MAGO / Bihlmayerfotografie

Wer ist nicht betroffen?

Nicht betroffen sind Rentner, die nur Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und keine Versorgungsbezüge beziehen. Ebenso nicht betroffen sind Personen, die nicht in der gesetzlichen, sondern in der privaten Krankenversicherung voll versichert sind. Nicht betroffen sind auch Rentner mit einer privat abgeschlossenen Kapital-Lebensversicherung.
 

Was sind Versorgungsbezüge?

Versorgungsbezüge sind nach der Externer Link:Definition in § 229 SGB V der Rente vergleichbare Einnahmen, soweit sie wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder zur Alters- oder Hinterbliebenenversorgung erzielt werden.

Hierzu gehören

  • Versorgungsbezüge aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis oder aus einem Arbeitsverhältnis mit Anspruch auf Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen,
  • Bezüge aus der Versorgung der Abgeordneten, Parlamentarischen Staatssekretäre und Minister,
  • Renten der Versicherungs- und Versorgungseinrichtungen, die für Angehörige bestimmter Berufe errichtet sind (z.B. der Ärzte, Architekten, Rechtsanwälte),
  • Renten der betrieblichen Altersversorgung einschließlich der Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst und der hüttenknappschaftlichen Zusatzversorgung.

Hierzu gehören auch alle Kapitalleistungen, die der Alters- und Hinterbliebenenversorgung sowie der Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit dienen, sofern ein Bezug zum (früheren) Erwerbsleben besteht. Darunter fallen alle Durchführungswege der betrieblichen Altersvorsorge (insbesondere Direktversicherung).

Nicht betroffen sind vom Arbeitnehmer selbst abgeschlossene private Lebens-, Renten- oder Berufsunfähigkeitszusatzversicherungen. Nicht betroffen sind kraft ausdrücklicher gesetzlicher Regelung außerdem Renten und Landabgaberenten nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte.
 

Was hat der VdK unternommen?

Seit Anfang 2004 stellte der VdK auf seinen Internetseiten Musterwidersprüche und umfangreiche Informationen zum rechtlichen Hintergrund, zu verschiedenen Fallgruppen und dem Fortgang und Ausgang der Musterstreitverfahren zur Verfügung. Diese Informationen standen – unabhängig von einer Mitgliedschaft – allen Interessierten und Betroffenen frei zur Verfügung.

Sofort nach Inkrafttreten der Regelungen des GKVkurz fürGesetzliche Krankenversicherung-Modernisierungsgesetzes Anfang 2004 wurde eine ganze Reihe von Externer Link:Musterstreitverfahren in sämtlichen Fallgruppen auf den Weg gebracht, um die Frage der Rechtmäßigkeit dieser Verbeitragung gerichtlich klären zu lassen.

Über die sozialrechtliche Klärung hinaus legte der VdK in Abstimmung mit anderen klagenden Verbänden und Gewerkschaften Verfassungsbeschwerden ein. Teilweise ergaben sich im Verlauf der Verfahren weitere Fallgruppen mit bestimmten Besonderheiten, die dann wiederum einer höchstrichterlichen Klärung zugeführt wurden.

Auch auf politischer Ebene engagierte sich der VdK gegen die Verbeitragung von Betriebsrenten und anderen Versorgungsbezügen. So war die Beitragsbelastung beispielsweise 2004 Thema auf vielen bundesweit durchgeführten Demonstrationen. Ebenso wurden die Forderungen auf vielen Protestveranstaltungen gegen diese und weitere Gesundheitsreformvorhaben immer vorgebracht. Alle Aktivitäten wurden mit umfangreicher Pressearbeit des VdK begleitet.
 

 Richter des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe
© IMAGO / bonn-sequenz

Versorgungsleistungen einer Pensionskasse

Im letzten Verfahren ging es um die Beitragspflicht auf Zahlungen aus Pensionskassen in Fällen, in denen Mitarbeiter nach Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis und Vertragsübernahme, das entsprechende Altersvorsorgeprodukt mit eigenen Einzahlungen weiter finanziert haben.

Der Sozialverband VdK hatte dazu vor dem Bundessozialgericht geklagt (Aktenzeichen: B 12 KR 26/12 R, Externer Link:Verfassungsbeschwerde wegen Krankenkassenbeiträgen aus Leistungen einer Pensionskasse).

Juristisch ging es dabei um die Frage, ob Versorgungsleistungen einer Pensionskasse – anders als Leistungen einer ursprünglich vom Arbeitgeber im Rahmen der betrieblichen abgeschlossenen Direktversicherung – auch hinsichtlich des Anteils, der auf einer alleinigen Beitragsleistung des Arbeitnehmers als Versicherungsnehmer beruht, der Beitragspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung unterliegen.

Am 23.7.2014 hatte das Bundessozialgericht Externer Link:dieses und zwei weitere Verfahren verhandelt und abschlägig beschieden.

Der Sozialverband VdK hatte gegen die Entscheidung des Bundessozialgerichts Verfassungsbeschwerde erhoben. Die Verfassungsbeschwerde wurde am 5. Januar 2015 beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingereicht (Aktenzeichen: 1 BvR 249/15). Im Januar 2018 leitete das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) diese Beschwerde unter anderem an das Bundeskanzleramt, das Bundesministerium der Justiz, das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und das Bundesministerium des Inneren weiter. Die Empfänger konnten bis zum 9.3.2018 Stellung zum Verfahren nehmen.

In einem am Externer Link:4. September 2018 veröffentlichten Beschluss bestätigte das BVerfG den Sozialverband VdK in seiner Rechtsauffassung und machte deutlich: Abgaben von Sozialversicherungsbeiträgen in die Kranken- und Pflegeversicherung, die Rentner nach Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses aus eigener Tasche weiter in die Pensionskasse eingezahlt haben und die Versicherungsnehmer geworden waren, sind nicht rechtens. Von ihrer Kasse können Betroffene Geld zurückverlangen (Aktenzeichen: 1 BvR 249/15).

Wie man dabei vorgehen sollte, Externer Link:zeigen wir hier am Fuß des Artikels.

Übersicht der VdK-Verfahren