8,7 Millionen Versicherte in der PKV

In Deutschland waren laut Verband der Ersatzkassen (vdek) im vergangenen Jahr rund 74,6 Millionen Menschen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKVkurz fürGesetzliche Krankenversicherung) versichert. In der privaten Krankenversicherung (PKVkurz fürPrivate Krankenversicherung) waren es rund 8,7 Millionen Versicherte.

Wer zu dieser Gruppe gehört, hat oft Vorteile, wie Umfragen immer wieder zeigen. Privat Versicherte  bekommen in der Regel schneller Termine bei Fachärztinnen oder Fachärzten, im Krankenhaus können sie eine Behandlung durch die Chefärztin oder den Chefarzt verlangen, und sie haben es ruhiger im Einzel- oder Zweibettzimmer.

Eintritt in die PKV gut überlegen

Doch wer über den Eintritt in die PKVkurz fürPrivate Krankenversicherung nachdenkt, sollte sich dies gut überlegen „Sehr viele PKV-Tarife haben Lücken. Viele leisten sogar weniger als gesetzliche Krankenkassen“, sagt Julia Bönisch, Vorständin der Stiftung Warentest. Als Beispiele nennt sie etwa die Palliativpflege, die ambulante Psychotherapie oder digitale Anwendungen wie Ernährungs-Apps.

Stiftung Warentest hat insgesamt 1245 Tarifkombinationen untersucht, hält aber nur 384 Tarife für empfehlenswert. Es sind jene, die einen Rundum-Schutz bieten, der in allen Bereichen mindestens dem Niveau der GKVkurz fürGesetzliche Krankenversicherung entspricht. Zudem ist die Selbstbeteiligung auf höchstens 660 Euro im Jahr begrenzt.

Der Test offenbart große Preisunterschiede zwischen den Tarifen. Hier lohnt sich ein Vergleich. „Teuer ist nicht automatisch top“, heißt es dazu im Bericht. „Die leistungsstärksten Tarife sind oft recht teuer, der Preisaufschlag spiegelt jedoch selten den Umfang der zusätzlich abgesicherten Gesundheitsrisiken wider“, erklärt Julian Chudoba, der die Untersuchung geleitet hat.

PKV als existenzbedrohende Kostenfalle

Seit dem Jahr 2005 wurden die Beiträge in der PKVkurz fürPrivate Krankenversicherung im Schnitt um 3,1 Prozent pro Jahr erhöht. Deshalb könne sie zur existenzbedrohenden Kostenfalle werden, warnt Bönisch. Denn im Gegensatz zur GKVkurz fürGesetzliche Krankenversicherung hängen die Tarife nicht vom Einkommen ab, sondern von Leistungen, Alter und Gesundheitszustand. Jüngere Menschen zahlen zwar weniger, aber im Alter können die Kosten so stark ansteigen, dass sie etwa für privat versicherte Angestellte und Selbstständige kaum noch zu bezahlen sind.

Der PKVkurz fürPrivate Krankenversicherung beitreten können Beamtinnen und Beamte, Selbstständige sowie Angestellte, wenn sie mindestens 73 800 Euro pro Jahr verdienen. Die Versicherungen suchen sich ihre Kundinnen und Kunden aber aus. Wer etwa an Diabetes, Depressionen oder Krebs erkrankt ist, hat wenig Chancen, versichert zu werden. Oder es werden hohe Risikozuschläge fällig und Leistungen ausgeschlossen.

Info

Auf der Externer Link:Website der Stiftung Warentest finden Interessierte Infos rund um die PKVkurz fürPrivate Krankenversicherung. Dort kann auch der Test kostenpflichtig heruntergeladen werden.

Stiftung: Deutsches Rettungswesen kostet Menschenleben

Die Björn-Steiger-Stiftung will mit ihrer Klage beim Bundesverfassungsgericht gegen die Bundesrepublik Deutschland sowie exemplarisch gegen das Land Baden-Württemberg endlich einheitliche Standards im Rettungswesen erreichen. „Das deutsche Rettungswesen ist schlecht aufgestellt und kostet Menschenleben“, heißt es in einer Mitteilung der Stiftung. 

Darin kritisiert sie, dass der Bund seiner Aufgabe, die Notfallversorgung der Bürgerinnen und Bürger sicherzustellen, nur unzureichend nachkommt. „Der Bund stellt kein durchgängig funktionierendes, flächendeckendes Rettungsdienstsystem mit bundesweit vergleichbaren Qualitätsstandards zur Verfügung“, sagt der Geschäftsführer der Stiftung, Christof Constantin Chwojka. Dadurch seien die Überlebenschancen der Bürgerinnen und Bürger ortsabhängig. Schon zwischen zwei benachbarten Dörfern kann sich die Qualität des Rettungsdienstes deutlich unterscheiden. Das liegt daran, dass die Organisation des Rettungdiensts den Ländern obliegt. Die Länder haben diese Aufgabe wiederum an die Landkreise und kreisfreien Städte übertragen.

Flickenteppich an Regelungen

Unterschiede gibt es beispielsweise bei den geltenden Hilfsfristen für den Rettungseinsatz. Diese bezeichnen die maximale Zeitspanne, innerhalb derer eine Rettungseinheit ab dem Notrufeingang am Einsatzort eintreffen soll, um lebensrettende Maßnahmen zu gewährleisten. Im neuen Rettungsdienstgesetz in Baden-Württemberg aus dem vergangenen Jahr ist die Berechnung der Hilfsfrist verändert worden. Sie startet jetzt ab dem Eingang des Notrufs erst ab der Alarmierung der Einsatzkräfte. Das führt dazu, dass anstatt wie früher zwölf Minuten, heute 14 bis 15 Minuten nach dem Notruf vergehen dürfen, bis die ersten Rettungskräfte am Einsatzort sein müssen. In Nordrhein-Westfalen wiederum gilt in dicht besiedelten Gebieten eine Hilfsfrist von acht Minuten, berechnet ab dem Eingang des Notrufs. 

Dieser Flickenteppich an Regelungen setzt sich fort. So sind zum Beispiel die Kompetenzen der Rettungskräfte unterschiedlich festgelegt – in einer Kommune dürfen sie bestimmte medizinische Versorgung leisten, in einer anderen nicht. Auch die Ausstattung der Rettungswagen kann sich unterscheiden. Die Stadtgrenze kann somit im schlimmsten Fall über Leben und Tod entscheiden. 

Nach Auffassung der Stiftung verstoßen diese Unterschiede gegen den Anspruch der gesetzlich Krankenversicherten auf Gleichbehandlung. Darin erkennt sie einen Verstoß gegen die Verfassung. Deshalb richtet sich die Stiftung mit ihrer Klage direkt an das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Sie weist ausdrücklich darauf hin, dass sich ihre Klage ausschließlich gegen die Organisation des Rettungsdienstes durch den Bund und nicht gegen „die hervorragend ausgebildeten Rettungskräfte“ richtet.

Was sagt der VdK?

Der Sozialverband VdK schließt sich der Kritik der Björn-Steiger-Stiftung an den geografischen Unterschieden in der Notfallversorgung grundsätzlich an. „Es darf nicht vom Wohnort abhängen, wie gut jemand in einem Notfall versorgt wird“, sagt VdK-Präsidentin Verena Bentele. „Der Bund muss seiner Verpflichtung nachkommen, einen einheitlichen Rettungsdienststandard vorzugeben.“

2,4 Milliarden Euro pro Jahr durch IGeL

Immer wieder bieten Arztpraxen Leistungen an, die Patientinnen und Patienten selbst bezahlen sollen. Der Medizinische Dienst hat die sogenannten Individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL) zum fünften Mal im IGeL-Report 2024 überprüft.

Laut Report setzen Arztpraxen pro Jahr mindestens rund 2,4 Milliarden Euro mit IGeL um. Darunter finden sich sinnvolle Angebote wie Atteste und Reiseimpfungen. Aber einige dieser medizinischen Leistungen nutzen mitunter die Ängste von Patientinnen und Patienten aus, zum Beispiel bei Vorsorge und Früherkennung. 

Zu den am häufigsten verkauften Leistungen zählt laut IGeL-Report der Ultraschall von Eierstöcken und Gebärmutter zur Krebsfrüherkennung. Pro Jahr kommen hier in der Summe 143 Millionen Euro zusammen. Auf Platz zwei folgt die Augeninnendruckmessung zur Glaukom-Früherkennung und auf Platz drei das Blutbild zur Gesundheitsvorsorge.

Termin innerhalb von vier Wochen – aber nur bei Dringlichkeit

Aktuelle Zahlen, die der GKVkurz fürGesetzliche Krankenversicherung-Spitzenverband kürzlich erhoben hat, zeigen: 25 Prozent der Patientinnen und Patienten warten länger als 30 Tage auf einen Facharzttermin. Im Fünfjahresvergleich geben 43 Prozent der Befragten an, dass sich die Wartezeiten verlängert hätten.

Grundsätzlich haben gesetzlich Versicherte in dringenden Fällen innerhalb von vier Wochen Anspruch auf einen Facharzttermin. Voraussetzung dafür ist eine Überweisung mit einem Dringlichkeitscode. Diese stellen die Hausärztin oder der Hausarzt aus. Die zentrale Anlaufstelle zur Terminvermittlung ist der Terminservice 116 117.

Nutzen nicht ausreichend belegt

Der Nutzen der IGeL ist in der Regel nicht ausreichend durch wissenschaftliche Studien belegt. Das kann auch der Fall sein, wenn es sich um neue Untersuchungsmethoden handelt. Bei einigen IGeL überwiegt der Schaden den Nutzen. Sie verursachen zwar keine direkten gesundheitlichen Schäden, aber indirekte Nachteile, wie etwa psychische Belastungen durch Fehlalarme oder Überdiagnosen. Dann liegt entweder keine Erkrankung vor, oder diese wäre ohne Untersuchung nie bemerkt worden, weil sie keine Beschwerden auslöst. Oft sind unnötige, weitere Untersuchungen oder Behandlungen die Folge.

„Besorgniserregend ist, dass die meisten Patientinnen und Patienten viel zu wenig Wissen haben, um eine informierte Entscheidung für oder gegen eine IGeL treffen zu können“, sagt Professor Jonas Schreyögg von der Universität Hamburg. Er hat die Daten von 2013 Versicherten zwischen 18 und 80 Jahren für den IGeL-Report ausgewertet.

Laut Schätzungen gibt es mehrere hundert IGeL, und der Markt entwickelt sich ständig weiter. Besonders häufig werden sie in der Gynäkologie und Augenheilkunde verkauft. Auch in der Allgemeinmedizin, Orthopädie und Unfallmedizin sind sie Teil des Tagesgeschäfts.

Angespannte Termin-Lage in vielen Regionen

Über den Terminservice sind auch Termine in bestimmten Fachrichtungen erhältlich, für die keine Überweisung erforderlich ist. Das betrifft Hausarztpraxen, die Kinder- und Jugendmedizin sowie die Augen- und Frauenheilkunde. Zudem vermittelt er Termine für psychotherapeutische Sprechstunden. Der Anspruch auf Terminvermittlung erstreckt sich jedoch nicht auf Routineuntersuchungen oder Bagatellerkrankungen.

Nicht allen Terminservicestellen gelingt es gleichermaßen gut, Termine zu vermitteln. Das ist das Ergebnis einer Umfrage von Tagesspiegel Background unter den kassenärztlichen Vereinigungen. Die Lage ist vor allem in den Stadtstaaten angespannt: In Berlin mangelt es etwa an Terminen in der Rheumatologie, Gastroenterologie und Endokrinologie, in Bremen in der Rheumatologie oder bei Neurologinnen und Neurologen. Auch Niedersachsen und Sachsen berichten von Problemen.

Wer IGeL anbietet, muss Vorgaben erfüllen

„Bieten Arztpraxen IGeL an, müssen sie sich an bestimmte Vorgaben halten“, erklärt Ilias Essaida, Gesundheitsreferent beim Sozialverband VdK Deutschland:

  • Kassenleistungen dürfen weder als IGeL angeboten noch vom Kauf einer IGeL abhängig gemacht werden.
  • Patientinnen und Patienten müssen vorab immer sachlich, umfassend und verständlich über Nutzen, Risiken und Kosten aufgeklärt werden.
  • Sie haben das Recht auf eine Zweitmeinung und dürfen nicht zum Kauf gedrängt werden.
  • Wer IGeL in Anspruch nehmen möchte, hat das Recht auf einen schriftlichen Vertrag und eine Rechnung.
Das Portraitfoto zeigt Ilias Essaida.
Ilias Essaida, VdK-Gesundheitsreferent

Akute Beschwerden: kassenärztlicher Bereitschaftsdienst hilft

Die gesetzlichen Krankenkassen und die Hausarztpraxen können Patientinnen und Patienten bei der Terminsuche unterstützen. In ländlichen Regionen kann es sich lohnen, den Suchradius zu erweitern. Zudem ist es möglich, die Notfallsprechstunden von Facharztpraxen aufzusuchen.

Wer außerhalb der üblichen Sprechzeiten akute Beschwerden hat, sollte sich für eine Ersteinschätzung an den kassenärztlichen Bereitschaftsdienst wenden. Dieser ist ebenso über die bundesweite Rufnummer 116 117 erreichbar. Er unterstützt Patientinnen und Patienten dabei, das weitere Vorgehen zu klären. 

„Dennoch gibt es immer wieder Ärztinnen und Ärzte, die sich nicht an diese Vorgaben halten“, sagt Essaida. Das ist etwa beim Abstrich zur Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs der Fall. Er ist laut IGeL-Report die vierthäufigste Selbstzahlerleistung, die in Anspruch genommen wird. Doch hier handelt es sich um eine Kassenleistung, die im Rahmen der regulären Krebsfrüherkennungsuntersuchungen angeboten wird, so der Medizinische Dienst Bund. Die Patientinnen müssen dafür nicht selbst zahlen, wenn sie die Voraussetzungen zur Kostenübernahme durch die gesetzlichen Krankenkassen erfüllen: Denn Frauen zwischen 20 und 34 Jahren haben einmal im Jahr Anspruch auf die Untersuchung, Frauen ab 35 Jahren alle drei Jahre.

Essaida empfiehlt das Internetportal Externer Link:www.igel-monitor.de. Dort bewerten Expertinnen und Experten die IGeL-Angebote: 30 der dort gelisteten 56 IGeL wurden als „tendenziell negativ“ oder „negativ“ eingestuft. Bei 23 ist der Nutzen unklar. Drei haben die Expertinnen und Experten als „tendenziell positiv“ bewertet und keine einzige als „positiv“.

Kontakt per Telefon, Website und App

Der Terminservice vermittelt telefonisch, online oder über die App 116 117 Termine:
Rufnummer: 116 117

Externer Link:www.eterminservice.de

Die App 116 117 ist in den einschlägigen App-Stores erhältlich.

IGeL-Monitor: Untersuchungen als „tendenziell negativ“ bewertet

Das Wissenschaftsteam des IGeL-Monitors hat kürzlich drei Verfahren zur Früherkennung von Blasen- und Nierenkrebs als „tendenziell negativ“ bewertet: die Urinanalyse, die Ultraschalluntersuchung zur Früherkennung von Blasenkrebs und die Ultraschalluntersuchung der Nieren zur Früherkennung von Nierenkrebs. 

Es mangelt an Studien, die Hinweise auf einen Nutzen oder einen direkten Schaden dieser Untersuchungen geben. Besteht ein begründeter Verdacht auf eine Krebserkrankung oder haben Patientinnen und Patienten Beschwerden, übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten. 

Mehr Informationen zu den IGeL sind hier verfügbar: Externer Link:www.igel-monitor.de

Nach wenigen Stufen erschöpft

Nur ein paar Stufen der Haustreppe kann Nicola Bode hinaufsteigen, bevor sie sich hinsetzen und kurz ausruhen muss. Noch ein weiteres Mal pausiert sie auf der Treppe, bevor sie ihre Wohnung im zweiten Stock erreicht. Schon seit langem leidet die Norddeutsche unter chronischer Erschöpfung, hervorgerufen offensichtlich durch zwei Corona-Infektionen.

Vor drei Jahren erkrankte die damals 53-Jährige erstmals an Covid-19. Angesteckt hat sie sich wahrscheinlich in der Freizeit, da sie als Buchhalterin im Homeoffice arbeitete. Zwei Wochen lag sie im Bett, hatte eine starke Erkältung mit Kopf- und Gliederschmerzen. Schon damals litt sie in der Folge unter ständiger Erschöpfung. In der Arbeit fiel es ihr schwer, sich zu konzentrieren. Konferenzen waren für sie extrem anstrengend. An Long Covid dachte sie – ebenso wie ihre Hausärztin – zum damaligen Zeitpunkt nicht.

Stattdessen ging sie von Überarbeitung und Burnout aus und reduzierte ihre Arbeitszeit von fünf auf vier Tage pro Woche. Doch die Beschwerden blieben. Alles fiel ihr schwer, und sie litt ständig unter Kopf- und Gliederschmerzen. Da sie sich in der Firma zuletzt nicht mehr wohlfühlte, kündigte sie. Nicola Bode hoffte, dass dies Besserung brächte. Doch diese blieb leider aus. „Ich war nicht in der Lage, mich zu bewerben“, berichtet sie. „Es war alles zu viel für mich.“ Als sie mal wieder zu ihrer Hausärztin ging, brach sie zusammen. Ihre Ärztin schrieb sie krank, schickte sie zur Psychiaterin, die eine depressive Episode und Burnout diagnostizierte.

Unser Gesundheitssystem ist so auf Effizienz getrimmt. Die Betroffenen sind schwerkrank. Sie werden nur als Störfälle wahrgenommen und passen dort nicht rein.

Tim Golke, Bezirksverbandsgeschäftsführer VdK Nord

Nicht auf die Babyboomer vorbereitet

Die Generation der Babyboomer kommt in die Jahre. Etwa 1,2 Millionen Menschen jährlich werden bis 2030 das 65. Lebensjahr erreichen. Je älter die Bevölkerung wird, desto größer wird der Bedarf an medizinischen Leistungen. Doch die altersmedizinische Versorgung stagniert und geht in manchen Bereichen sogar zurück.

„Die Bettenanzahl in der stationären Rehabilitation ist leicht gesunken, während die Zahl der Plätze in der ambulanten geriatrischen Rehabilitation auf niedrigem Niveau stagniert“, erläutert Dirk van den Heuvel, Geschäftsführer des Bundesverbands Geriatrie (BVGkurz fürBundesversorgungsgesetz). „Daraus kann man nur den Schluss ziehen, dass die medizinische Versorgung derzeit noch nicht auf die Babyboomer vorbereitet ist.“

Arbeit der VdK-Rechtsberatung erschwert

Juristinnen und Juristen aus den VdK-Landesverbänden berichten, dass die meisten Menschen, die auch noch Jahre nach einer Corona-Infektion gesundheitlich stark eingeschränkt sind, versuchen, eine Externer Link:Erwerbsminderungsrente oder einen Externer Link:Grad der Behinderung zu beantragen.

Allerdings sind die Symptome dieser Erkrankung – unter dem Begriff „Post Covid“ zusammengefasst – sehr unterschiedlich und teilweise fast diffus. Für die juristische Einordnung von Post Covid bedeutet das: Die gesundheitlichen Einschränkungen, die die Betroffenen seit der Infektion erfahren, sind oft sehr schwierig zu objektivieren. Es gibt keine einheitliche Bemessung für den Grad der Behinderung bei Post Covid in der entsprechenden Rechtsgrundlage, den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen. Das erschwert die Arbeit der VdK-Rechtsberaterinnen und -berater, verzögert Verfahren und verlängert häufig die Leiden und die Ungewissheit für die Betroffenen.

Unterfinanzierung und Fachkräftemangel

Dafür gibt es mehrere Gründe. Schon lange hat die geriatrische Externer Link:Reha mit Unterfinanzierung zu kämpfen. Um Ältere wieder fit zu machen, arbeiten Ärztinnen und Ärzte unterschiedlicher Fachrichtungen eng mit Pflegekräften, verschiedenen Therapeutinnen und Therapeuten sowie weiteren Akteuren zusammen. Das ist personalintensiv und teuer, zumal es in den vergangenen Jahren mehrere Tariferhöhungen gegeben hat. 

Viele Kliniken konnten jahrelang nur geringe oder gar keine Erhöhungen der Vergütungssätze aushandeln. Die Corona-Pandemie hat die Situation noch verschärft. Zwar hat der Gesetzgeber mittlerweile Schiedsstellen eingerichtet, doch die Finanzierungslücken bleiben bestehen. Im Moment arbeiten die meisten Anbieter nicht kostendeckend. „In vielen Kliniken herrscht schon seit Jahren eine angespannte finanzielle Situation und ein deutlicher Investitionsstau“, erklärt van den Heuvel. Manche Einrichtungen mussten bereits Betten abbauen oder sogar komplett schließen. Auch der anhaltende Fachkräftemangel in der Pflege macht den Kliniken zu schaffen. 

Drei Viertel der Reha-Einrichtungen sind ausgelastet

Laut BVGkurz fürBundesversorgungsgesetz sank die Zahl der belegten Betten in der stationären Reha von 4572 im Jahr 2019 auf 4242 im Jahr 2024. Die Ursache dafür sei nicht etwa ein Rückgang des geriatrischen Behandlungsbedarfs, so der Verband, sondern sinkende Versorgungskapazitäten. Denn fast drei Viertel der Einrichtungen sind fast oder voll ausgelastet. 

Knapp 90 Prozent haben zum Teil lange Wartezeiten für die Aufnahme neuer Patientinnen und Patienten. In der ambulanten geriatrischen Reha blieb die Zahl der Plätze mit 221 (2019) zu 224 Behandlungsplätzen (2024) in etwa gleich, wobei jedoch 224 Plätze für bundesweit 16,7 Millionen Menschen über 65 Jahre bei weitem nicht ausreichen.

„330 Betten weniger in der stationären Reha – das klingt erst einmal nicht schlimm“, sagt der BVGkurz fürBundesversorgungsgesetz-Geschäftsführer. „Aber der tatsächliche Bedarf an geriatrischen Rehaplätzen ist schon jetzt wesentlich höher und wird in den kommenden Jahren rasant steigen.“ 

Was fordert der VdK zum Thema?

Das Potenzial von geriatrischen Rehas, um Externer Link:Pflegebedürftigkeit zu verhindern, wird derzeit kaum genutzt. Dabei haben ältere Patientinnen und Patienten einen Rechtsanspruch. Der Sozialverband VdK fordert, dass dieser auch umgesetzt wird. Zwar werden bei Hochbetagten komplizierte medizinische Eingriffe durchgeführt, wenn sie aber im Anschluss eine Heilbehandlung benötigen, gibt es kaum Plätze. Sie fallen in ein „Reha-Loch“, das die Wiedergewinnung ihrer Fähigkeiten gefährdet. Insbesondere Menschen mit höherem Pflegeaufwand finden meist keine freien Plätze.

Der VdK fordert, dass es klar erkennbar sein muss, welcher Kostenträger für die Reha zuständig ist, damit sich Patientinnen und Patienten im Behördendschungel zurechtfinden. Das geriatrische Reha-Angebot soll aufrechterhalten und ausgebaut, die ambulanten und mobilen Strukturen sollen gestärkt werden. 

Weiterhin fordert der VdK, die Trennung zwischen Geriatrie im Krankenhaus und geriatrischer Reha aufzuheben. Ziel ist eine flächendeckende, wohnortnahe Versorgung in der Geriatrie. Demenzkranke Menschen und deren Angehörige sollen fachlich und ethisch fundiert versorgt werden.

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Von Long zu Post Covid

Im November 2023 infizierte sie sich ein zweites Mal mit Corona. Auch als der Test wieder negativ war, litt sie noch länger unter Kopf- und Gliederschmerzen, hatte keinen Geschmacks- und Geruchssinn mehr und kämpfte gegen ständige Erschöpfung. Erst dann kamen ihre Hausärztin und sie zu dem Schluss, dass sie an Long Covid erkrankt sein musste. Da die Symptome länger als drei Monate anhielten, wurde es schließlich Post Covid.

Nach über einem Jahr im Krankenstand ist ihr Krankengeld nun ausgelaufen. Derzeit kämpft sie mit Unterstützung des VdK Nord im Widerspruchsverfahren um eine Erwerbsminderungsrente. Eine Vollzeittätigkeit ist nicht vorstellbar. Mit ihren Kräften muss sie extrem haushalten.

Um anderen deutlich zu machen, wie es ihr geht, vergleicht sie ihre täglichen Energiereserven mit einem Akku. „Wenn ich aufwache, ist dieser nicht bei 100, sondern nur bei 20 Prozent“, erzählt sie. Hat sie an einem Tag einen Termin außer Haus, fällt der Akku bis zum Abend auf null Prozent. Mehr als zwei bis drei Termine in der Woche sind nicht möglich. Frühere Hobbys wie Tango Argentino sind unmöglich. Manchmal tanzt sie mit ihrem Mann ein paar Minuten lang zuhause, auch wenn sie anschließend erschöpft ist. „Es ist alles nicht mehr wie vorher“, sagt sie. „Mein ganzes Leben ist weggebrochen.“

Als Simulanten abgestempelt

Tim Golke, Bezirksverbandsgeschäftsführer beim Externer Link:VdK Nord in Itzehoe in Schleswig-Holstein, beobachtet eine Schwachstelle in vielen Verfahren: „Ich sehe immer noch ein großes Qualifikationsdefizit bei den Gutachtern des Ärztlichen Dienstes der Deutschen Rentenversicherung.“ 

Ramona Scheel, Leiterin der Rechtsabteilung beim VdK Mecklenburg-Vorpommern, ergänzt: „Betroffene fühlen sich nicht richtig von den Behörden wahrgenommen, häufig als Simulanten abgestempelt, gerade im Hinblick auf die Erschöpfungssymptomatik, und auch von vielen Ärzten missverstanden. Fakt ist auch, dass zwar häufig die Diagnose von den Ärzten benannt wird, aber die konkreten Auswirkungen und Einschränkungen im Alltag der Betroffenen aus den Befunden nicht richtig deutlich werden.“

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Kampf um die Anerkennung als Berufskrankheit

Anderen VdK-Mitgliedern geht es ähnlich. Ferdinand Zoellerfels, dessen Namen wir aufgrund seines laufenden Verfahrens mit der Berufsgenossenschaft geändert haben, infizierte sich bei seiner Arbeit im Pflegeheim. Der 54-jährige Niederbayer hatte sich freiwillig für eine Isolierstation gemeldet, in der Corona-Patientinnen und -Patienten untergebracht waren. Trotz umfassender Schutzkleidung und zwei Sicherheitsschleusen erkrankte er zweimal an Covid-19.

Er bekam starkes Fieber, Schüttelfrost, Kopf- und Gliederschmerzen. Außerdem verlor er seinen Geruchs- und Geschmackssinn. Drei Monate nach seiner ersten Infektion litt er erneut unter Muskel- und Gelenkschmerzen sowie Erschöpfung. Außerdem konnte er Rechts und Links teilweise nicht mehr unterscheiden. Zwischendrin ging es ihm besser, dann wieder schlechter. „Die Symptome kommen und gehen wie in Wellen“, erzählt er.

Immer wieder ist er krankgeschrieben. Er will aber so lange wie möglich noch arbeiten, sagt er. Sein Arbeitgeber steht zum Glück hinter ihm. Doch bis heute kämpft er zusammen mit dem VdK darum, dass Post Covid bei ihm als Berufskrankheit anerkannt wird. Externer Link:Der VdK vertritt zahlreiche Mitglieder in ähnlichen Fällen. Einzelne Anerkennungen gibt es. Doch es ist noch ein langer Kampf.

Dass die Betroffenen wieder gesund werden, ist nicht absehbar. Die Forschung steht noch am Anfang. Nicola Bode kann mittlerweile wieder ein wenig riechen und schmecken – zumindest ein kleiner Fortschritt.

Mehr Achtsamkeit im Umgang mit Erkrankten

Tatsächliche Verbesserungen im Umgang mit der Krankheit wird es erst geben, wenn Post Covid besser erforscht ist. Wenn sich ein routinierter Umgang mit der Krankheit und möglichen Behandlungsmethoden ergeben hat, wird die juristische Arbeit einfacher werden. Dann erst wird der Nachweis der tatsächlichen Minderung der Erwerbsfähigkeit bei Post Covid-Erkrankungen weniger aufwändiger werden.

Davon werden dann auch Erkrankte mit dem chronischen Erschöpfungssyndrom, auch als Myalgische Enzephalomyelitis (ME/CFS) bekannt, das Post Covid ähneln kann, profitieren. Diese Betroffenen wurden von der mediznischen Forschung bisher vernachlässigt.

Bis dahin wünscht sich Golke im Umgang mit den Erkrankten vor allem eins: „Mehr Achtsamkeit“. Der Jurist erklärt: „Unser Gesundheitssystem ist so auf Effizienz getrimmt. Die Betroffenen sind schwerkrank. Sie werden nur als Störfälle wahrgenommen und passen dort nicht rein.“

Info: Long Covid oder Post Covid?

Im Zusammenhang mit einer vorangegangenen Corona-Infektion sind verschiedene gesundheitliche Langzeitfolgen beobachtet worden, die unter dem Begriff „Long Covid“ zusammengefasst werden. Wenn diese Symptome, wie zum Beispiel ständige Erschöpfung, Gliederschmerzen, länger als drei Monate nach der Erkrankung an Covid-19 weiter bestehen, wird von „Post Covid“ gesprochen.

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Wahl-Kompass zur Bundestagswahl zeigt eindeutiges Ergebnis

Die große Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger hält eine einheitliche Krankenversicherung für richtig. Die Zustimmung dafür liegt unabhängig von der Parteipräferenz in allen Wählergruppen deutlich über 50 Prozent. Das hat die Auswertung einer Abfrage der Universität Münster anlässlich der Bundestagswahl gezeigt. 

Wählerinnen und Wähler der SPDkurz fürSozialdemokratische Partei Deutschlands wünschen sich zu 77 Prozent, jene von Bündnis 90/Die Grünen zu 80 Prozent und die der Linken sogar zu 85 Prozent eine einheitliche Krankenkasse. Aber auch 59 Prozent der Befragten aus dem FDPkurz fürFreie Demokratische Partei-Lager und 65 Prozent mit Sympathien für die CDUkurz fürChristlich Demokratische Union/CSUkurz fürChristlich-Soziale Union sprechen sich für ein einheitliches System der Krankenversicherung aus.

Interessant ist, dass CDUkurz fürChristlich Demokratische Union/CSUkurz fürChristlich-Soziale Union und die FDPkurz fürFreie Demokratische Partei am Nebeneinander von gesetzlicher und privater Krankenversicherung festhalten wollen – und in diesem Punkt vom Wunsch ihrer Wählerinnen und Wähler deutlich abweichen.

Grundlage für diese Ergebnisse sind Daten des „Externer Link:Wahl-Kompass“, eines Projekts des Instituts für Politikwissenschaft an der Universität Münster. Das Wahlhilfe-Tool hat die Einstellungen der Nutzerinnen und Nutzer zu politischen Themen mit den Zielen der von ihnen bevorzugten Parteien abgeglichen. Mehr als 400.000 Personen nutzten den „Wahl-Kompass“. Von diesen wiederum stellten etwa 180.000 Personen ihre Datensätze für eine Vorab-Analyse bereit. 

Aufgeschobene Reform

Für Professor Norbert Kersting, Politologe an der Universität Münster, sprechen die Zahlen eine deutliche Sprache: „Eigentlich wäre es an der Zeit, eine größere Reform zu starten, aber die Parteien schieben das Thema vor sich her.“

Das kritisiert der Sozialverband VdK, der seit langem eine einheitliche solidarische Krankenversicherung fordert, in die auch Beamtinnen und Beamte, Politikerinnen und Politiker, Besserverdienende und Selbstständige einzahlen. Der VdK sieht sich durch die Ergebnisse bestätigt. 

„Die große Zustimmung zu einer einheitlichen Krankenversicherung sollten die Parteien endlich zum Anlass für eine Reform nehmen. Mit der Vereinheitlichung des Krankenversicherungssystems ließe sich der Beitragssatz um bis zu 3,8 Prozent senken“, erklärt VdK-Präsidentin Verena Bentele. „Bei einem derzeitigen Zusatzbeitragssatz von im Durchschnitt 2,9 Prozent könnte nicht nur der Zusatzbeitrag komplett abgeschafft werden, sondern auch der allgemeine Beitragssatz von derzeit 14,6 Prozent gesenkt werden.“

Änderungen durch das Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz

Wenn Hausarztpraxen eine bestimmte Anzahl an Behandlungen überschreiten, werden diese bisher nicht mehr komplett von den gesetzlichen Krankenkassen erstattet. Man spricht dabei von einer Budgetierung oder Deckelung bei der Kostenerstattung. Diese Budgetierung soll noch in diesem Jahr aufgehoben werden. Das sieht das vom Bundestag bereits verabschiedete Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG) vor. 

Der Sozialverband VdK verspricht sich von dieser Gesetzesänderung, dass sich die medizinische Versorgung verbessert. Hausärztinnen und Hausärzte könnten sich künftig stärker auf ihre medizinischen Aufgaben konzentrieren, wenn Dokumentationen und Abrechnungen wegfallen, die wegen der Budgetierung notwendig sind. Durch die Entbudgetierung sollen die Hausarztpraxen mehr Termine für gesetzlich Krankenversicherte anbieten, zu deren Behandlung sie vertraglich verpflichtet sind. 

Für den VdK war nie nachvollziehbar, warum Ärztinnen und Ärzte Behandlungen besonders begründen müssen, wenn diese medizinisch notwendig sind, sie jedoch bereits ihr Budget überschritten hatten. „Im Zweifel werden Patienten aufgrund der hohen Bürokratie abgewiesen, weil diese so viel Zeit in Anspruch nimmt, die dann wiederum für Sprechstunden und Untersuchungen fehlt. Das muss aufhören“, sagt VdK-Präsidentin Verena Bentele.

Vorsicht vor Investoren

Eine Gefahr besteht nach Auffassung des VdK darin, dass die Entbudgetierung die Profitgier von Investoren wecken könnte. Deshalb sieht er beispielsweise Medizinische Versorgungszentren (MVZ), die von privaten Investoren geführt werden, kritisch. „In diesem sensiblen Bereich der medizinischen Versorgung besteht gerade in Kombination mit der Entbudgetierung der Hausarztpraxen das Risiko der Bereicherung von Investoren zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung. Profitgier ist eine echte Gefahr für die Unversehrtheit und Gesundheit der Patienten“, warnt Bentele. 

Deshalb hält der VdK die Einführung eines Fremdbesitzverbots für Arztpraxen für dringend notwendig. Ansonsten könnte eine Entbudgetierung der Hausärztinnen und Hausärzte zum Missbrauch des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung verleiten.

Was ändert sich durch die Reform?

Noch lässt sich nicht im Einzelnen absehen, wie sich vor Ort die Krankenhauslandschaft verändern wird. Der Sozialverband VdK geht davon aus, dass in Folge der notwendigen Reform die Versorgungssituation vor allem in Großstädten umgestaltet wird: Hier gab es bisher teilweise eine medizinische Überversorgung mit einer gleichzeitigen Auslastung von nur 50 bis 70 Prozent und einem immer stärkeren Fachkräftemangel bei Medizin- und Pflegepersonal.

Insgesamt ist damit zu rechnen, dass Krankenhäuser schließen, umgebaut oder zusammengelegt werden. Das sind Entwicklungen, die über die nächsten zehn Jahre Patientinnen und Patienten begleiten werden. Ziel der Reform ist es, die Versorgung insgesamt qualitativ zu verbessern. Wichtig bei dieser Transformation ist es, dass die Notfallversorgung überall – im ländlichen Raum wie in den Ballungsgebieten – gesichert werden muss. Daher kann es sein, dass kleinere Krankenhäuser zu Notfallzentren werden oder fehlende Leistungsgruppen aufnehmen.

Appelle zur Vorsorge wirken

Das Wissenschaftliche Institut der AOK (WIdOkurz fürWissenschaftliches Institut der AOK) hat die Teilnahmezahlen an Vorsorgeuntersuchungen von 2019 bis 2024 im „Externer Link:Früherkennungsmonitor 2024“ zusammengefasst. In fast allen Bereichen können – nach Einbrüchen während der Corona-Pandemie – deutliche Steigerungen festgestellt werden. Die Zahl der Koloskopien zur Darmkrebsvorsorge stieg um 14,8 Prozent, die der Mammografien zur Früherkennung von Brustkrebs um 5,1 Prozent und die der Untersuchungen zur Prostatakrebsvorsorge um 4,7 Prozent. 

Vermehrte Aufklärung ist laut Professor Michael Ghadimi, Präsident der Externer Link:Deutschen Krebsgesellschaft, für diesen Anstieg verantwortlich: „Die vielen Appelle der letzten zwei Jahre, versäumte Untersuchungen nachzuholen, scheinen zu fruchten.“
 

Auf einen Blick

  1. Was bringt die Krankenhausreform?

    Die Krankenhausreform ist ein umfangreiches Reformvorhaben, das Ende 2024 in Kraft trat. Es soll die Krankenhausversorgung in Deutschland effizienter und besser machen.

  2. Werden durch die Reform Krankenhäuser schließen?

    Ja, das ist sehr wahrscheinlich. Einige Krankenhäuser werden im Zuge der Reform schließen, andere werden umstrukturiert oder mit anderen Einrichtungen zusammengelegt werden. Welche Krankenhäuser betroffen sind, ist nicht bekannt. In jedem Fall soll eine wohnortnahe Notfallversorgung für alle Menschen gewährleistet bleiben. 

  3. Klage des VdK gegen die Finanzierung

    Der Sozialverband VdK hält die Finanzierung der Krankenhausreform für möglicherweise verfassungswidrig, weil sie die gesetzlich Versicherten stark belastet. Die Reform soll in den kommenden zehn Jahren 50 Milliarden Euro kosten. Die eine Hälfte sollen die Bundesländer zahlen, die andere die gesetzlich Versicherten. Dadurch erhöhen sich die GKVkurz fürGesetzliche Krankenversicherung-Beiträge spürbar. Der VdK will dagegen vor Gericht ziehen.

Was ist die Krankenhausreform?

Leerstehende Betten, zugleich völlig ausgebranntes Personal, Fachkräftemangel, Überversorgung in manchen Gegenden und Unterversorgung in anderen, Kliniken in den roten Zahlen, unnötig durchgeführte Operationen – in der stationären Versorgung in Deutschland liegt einiges im Argen. Das Krankenhaussystem steht, so wie es derzeit ist, vor dem Kollaps. Ein groß angelegtes Reformprojekt soll die Missstände beheben und die Kliniklandschaft wandeln:  

Die Krankenhausreform, genauer gesagt das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG), trat im Externer Link:Dezember 2024 in Kraft. Der Gesetzgebungsprozess lief nicht reibungslos, vorangegangen waren monatelange Diskussionen, die zum Teil sehr emotional geführt wurden. Bis kurz vor Schluss drohte das Vorhaben noch zu scheitern, bis im November 2024 dann der Bundesrat zustimmte. 

Ziele der Reform sollen laut Bundesregierung sein, die Behandlungsqualität zu sichern und zu steigern, die flächendeckende Versorgung zu gewährleisten – auch in ländlichen Regionen, die Versorgung durch Spezialisierung effizienter zu machen und das Krankenhauspersonal zu entlasten, indem das System entbürokratisiert wird. 

Konkrete Maßnahmen im Rahmen der Reform sind unter anderem Veränderungen beim bisherigen System der Externer Link:Fallpauschalen hin zu sogenannten Externer Link:Vorhaltepauschalen sowie die Einführung eines Externer Link:bundesweiten Klinik-Atlas, mit dem sich Patientinnen und Patienten über die angebotenen Leistungen der Krankenhäuser informieren können. Der Vergleich von Leistungen soll durch einheitliche Qualitätsstandards und den genannten Klinik-Atlas einfacher werden. Außerdem sollen ambulante und stationäre Versorgung stärker verzahnt werden durch die Einführung sogenannter sektorenübergreifender Versorgungseinrichtungen, die sowohl ambulant behandeln als auch stationär aufnehmen. 

Der Sozialverband VdK Deutschland hatte zuletzt im September 2024 eine Stellungnahme zur Krankenhausreform abgegeben:

Hautkrebs und Gebärmutterhalskrebs: Weniger Screenings

Trotz dieser positiven Entwicklung gibt es zwei Bereiche, in denen das Vor-Corona-Niveau nicht mehr erreicht wurde: bei der Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs (minus 3,2 Prozent) und beim Hautkrebs-Screening (minus 2,8 Prozent). Insbesondere Letzteres bereitet Expertinnen und Experten Sorgen. Denn Hautkrebsfälle nehmen zu. Das durch den Klimawandel bedingte intensivere Sonnenlicht lässt das Krebsrisiko ansteigen. Umso wichtiger sei hier die regelmäßige Vorsorge, appelliert die AOK.

Gesetzlich Versicherten ab 35 Jahren steht alle zwei Jahre ein Hautkrebs-Screening zu. Auf die Frage, warum sie dies bislang nicht in Anspruch genommen haben, antworteten 26 Prozent in einer Forsa-Umfrage, das Angebot nicht zu kennen. 21,5 Prozent verwiesen auf abschreckend lange Wartezeiten auf einen Hautarzttermin.

Die gesetzliche Krankenversicherung übernimmt die Kosten vieler Vorsorgeuntersuchungen: Frauen können ab 20 Jahren die Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs, ab 30 von Brustkrebs in Anspruch nehmen. Männern wird ab 45 Jahren die jährliche Prostatakrebsvorsorge empfohlen. Neben dem Hautkrebs-Screening ab 35 Jahren zahlt die Krankenkasse Frauen ab 55 Jahren und Männern ab 50 Jahren Darmkrebs-Vorsorgeuntersuchungen. 

Auf einen Blick: Welche Untersuchungen zur Früherkennung zahlt die Kasse?

Frauen:

  • Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs: Jährlich für Frauen zwischen 20 bis 34 Jahren; alle drei Jahre für Frauen zwischen 35 und 65 Jahren
  • Früherkennung von Brustkrebs: Tastuntersuchung jährlich für Frauen ab 30 Jahren; Mammographie-Screening alle zwei Jahre für Frauen im Alter von 50 bis 75

Männer:

  • Früherkennung von Prostatakrebs: Jährlich für Männer ab 45 Jahren

Frauen und Männer: 

  • Früherkennung von Hautkrebs: alle zwei Jahre für Frauen und Männer ab 35 Jahren
  • Früherkennung von Darmkrebs: Erstuntersuchungs-Termin für Frauen und Männer von 50 bis 65 Jahren. Ab 50 Jahren erfolgt eine einmalige Erstuntersuchung, danach ist die Häufigkeit abhängig von Alter und Geschlecht.
  • Test auf verborgenes Blut im Stuhl: Jährlich für Frauen und Männer zwischen 50 und 54 Jahren; alle zwei Jahre für Frauen und Männer ab 55 Jahren, solange noch keine Früherkennungs-Darmspiegelung in Anspruch genommen wurde
  • Früherkennungs-Darmspiegelung: Für Männer ab 50 Jahren zwei Untersuchungen im Abstand von mindestens 10 Jahren; für Frauen ab 55 Jahren zwei Untersuchungen im Abstand von mindestens 10 Jahren

Hinweis: Ab April 2025 soll der Leistungsanspruch für die Darmkrebsvorsorge für Männer und Frauen einheitlich werden, so dass auch Frauen ab 50 Jahren – und nicht erst ab 55 – die Darmspiegelung alle zehn Jahre bzw. den Stuhltest alle zwei Jahre wahrnehmen können. Dazu informiert der Externer Link:Gemeinsame Bundesausschuss auf seiner Website

Weiterführende Informationen zu den Vorsorgeuntersuchungen finden Sie hier auf der Externer Link:Website des Bundesgesundheitsministeriums sowie hier unter Externer Link:gesund.bund.de. Zur Senkung des persönlichen Krebsrisikos informiert der Externer Link:Krebsinformationsdienst.

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Was ändert sich durch die Reform?

Noch lässt sich nicht im Einzelnen absehen, wie sich vor Ort die Krankenhauslandschaft verändern wird. Der Sozialverband VdK geht davon aus, dass in Folge der notwendigen Reform die Versorgungssituation vor allem in Großstädten umgestaltet wird: Hier gab es bisher teilweise eine medizinische Überversorgung mit einer gleichzeitigen Auslastung von nur 50 bis 70 Prozent und einem immer stärkeren Fachkräftemangel bei Medizin- und Pflegepersonal.

Insgesamt ist damit zu rechnen, dass Krankenhäuser schließen, umgebaut oder zusammengelegt werden. Das sind Entwicklungen, die über die nächsten zehn Jahre Patientinnen und Patienten begleiten werden. Ziel der Reform ist es, die Versorgung insgesamt qualitativ zu verbessern. Wichtig bei dieser Transformation ist es, dass die Notfallversorgung überall – im ländlichen Raum wie in den Ballungsgebieten – gesichert werden muss. Daher kann es sein, dass kleinere Krankenhäuser zu Notfallzentren werden oder fehlende Leistungsgruppen aufnehmen.

Schließen jetzt Krankenhäuser in meiner Nähe?

Viele VdK-Mitglieder haben sich im letzten Jahr an den VdK gewandt: Sie sind besorgt, dass Krankenhäuser in ihrer Nähe schließen werden und sie im Notfall nicht mehr gut versorgt sind. In Deutschland gibt es etwa 1700 Krankenhäuser – so viele wie in keinem anderen europäischen Land. Es ist tatsächlich wahrscheinlich, dass im Zuge der Krankenhausreform Krankenhäuser geschlossen werden. Andere Häuser werden umstrukturiert oder mehrere Einrichtungen zusammengelegt werden. Welche Krankenhäuser davon betroffen sein werden, ist noch nicht abzusehen. 

Was passiert im Notfall? Wichtiges Ziel der Krankenhausreform ist, weiterhin eine Notfallversorgung nahe des Wohnortes sicherzustellen. Möglicherweise könnten dazu Fachkliniken in die Notfallversorgung mit einbezogen werden. 

Im Fall von planbaren Operationen kann es durchaus sein, dass die Anfahrtswege länger werden – zugunsten einer besseren Behandlung in einer spezialisierten beziehungsweise zertifizierten Einrichtung, etwa zur Behandlung von Brustkrebs, zur Durchführung einer Hüftoperation oder einer Organtransplantation.

Wie bewertet der VdK die Krankenhausreform?

Der Sozialverband VdK hatte sich für die Umgestaltung des Krankenhaussystems ausgesprochen und die Reform klar befürwortet. Das jetzige Gesundheitssystem ist zu teuer und nicht effizient, eine Reform ist dringend notwendig. Von der Krankenhausreform verspricht der VdK sich eine bessere Qualität in der Versorgung der Patientinnen und Patienten. Es muss aus Sicht das Verbands eine flächendeckende Versorgung für alle Menschen gewährleistet bleiben, auch in ländlichen Regionen. 

Die Finanzierung der Reform, die von den gesetzlich Krankenversicherten geschultert wird, kritisiert der VdK allerdings und will rechtlich dagegen vorgehen. Mehr dazu lesen Sie im nächsten Absatz. 

Warum will der VdK gegen die Finanzierung der Krankenhausreform klagen?

Der Sozialverband VdK will mit seinen Mitgliedern gegen die zu hohen Beiträge in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKVkurz fürGesetzliche Krankenversicherung) zur Finanzierung der Krankenhausreform vor Gericht ziehen. Das hat der Verband im Januar 2025 angekündigt. Für den VdK ist klar: Der Gesetzgeber bedient sich an den Beitragszahlungen, um die Neuordnung der Krankenhauslandschaft zu finanzieren. Das ist aus Sicht des Verbandes verfassungswidrig.

50 Milliarden Euro – so viel wird die kürzlich beschlossene Krankenhausreform in den kommenden zehn Jahren kosten. Die eine Hälfte sollen die Bundesländer zahlen, die andere die gesetzlich Versicherten. Die gesetzliche Krankenversicherung wird damit jährlich mit 2,5 Milliarden Euro mehr belastet – und das Externer Link:wirkt sich auf die Beiträge der Versicherten aus. Schon jetzt spüren viele den Anstieg, in den kommenden Monaten dürften die Beiträge noch weiter in die Höhe schießen.

Dass der Gesetzgeber einen Teil der Gelder für die Krankenhausreform aus der GKVkurz fürGesetzliche Krankenversicherung entnimmt, ist aus Sicht des VdK ein eindeutiger Verfassungsverstoß. Sozialversicherungsbeiträge unterliegen laut Bundesverfassungsgericht einem besonderen Schutz: Sie sind streng zweckgebunden und dürfen nicht zur Finanzierung des allgemeinen Haushalts verwendet werden.

Um das zu erreichen, brauchen der VdK und seine Mitglieder einen langen Atem. Der Rechtsweg beginnt mit dem Widerspruch der Mitglieder gegen den Beitragsbescheid ihrer Krankenkasse. Danach geht es vor die Sozialgerichte und voraussichtlich durch weitere Instanzen bis hin zum Bundesverfassungsgericht. Wir werden Sie hier auf der Website und in der Externer Link:VdK-Zeitung dazu weiter informieren.

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News-Karussell
Unterseite eines Stetoskopes mit Aufschrift Krankenhausreform
Kategorie Aktuelle Meldung Gesundheit Gesundheitssystem

Krankenhausreform beschlossen – VdK kritisiert Finanzierung

Nachdem das Bundeskabinett die umstrittene Krankenhausreform verabschiedet hat, geht es nun in das Gesetzgebungsverfahren. Der VdK appelliert an alle Beteiligten, die Diskussion um die Neuordnung der Kliniken sachlich zu führen. 

 Leere Krankenhausbetten in einem Klinikflur, abgedeckt mit einer Folie. Symbolbild die Krankenhausreform im deutschen Gesundheitssystem und der Krankenhauspolitik.
Kategorie Aktuelle Meldung Gesundheit Gesundheitssystem

Veränderungen durch Krankenhausreform

Die Krankenhausreform ist Anfang des Jahres in Kraft getreten. Der Bundesrat hatte sie Ende November 2024 beschlossen. Damit steht der medizinischen Versorgung in Krankenhäusern in Deutschland eine grundlegende Neugestaltung bevor.

Was fordert der VdK?

Dem VdK ist es wichtig, dass eine gute Behandlungsqualität das ausschlaggebende Kriterium für die Neuorganisation der Versorgung der Patientinnen und Patienten vor Ort ist. Das lässt sich vor allem dadurch erreichen, dass in Zukunft Krankenhäuser und das medizinische Personal spezialisierter arbeiten. „Studien zeigen, dass spezialisierte Ärztinnen und Ärzte sowie Krankenhäuser eine bessere Behandlung gewährleisten“, fasst VdK-Präsidentin Verena Bentele die Gründe zusammen, warum der VdK die Reformpläne von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach von Anfang an unterstützt hatte. Dazu hatte sich in den vergangenen Jahren immer wieder gezeigt, dass das deutsche Gesundheitssystem zu teuer und zu ineffektiv ist. 

Bentele erklärt weiter: „Die Reform hat das Potenzial, die Qualität des Gesundheitssystems im Sinne der Patientinnen und Patienten erheblich zu verbessern. Dazu zählen weniger finanzieller Druck für Kliniken, bessere Verzahnung von ambulanter und stationärer Versorgung und die Möglichkeit, die besten Ärztinnen und Ärzte für die eigene Operation schnell zu finden.“

Die Krankenhausplanung wird weiterhin in der Hand der Länder bleiben. Bentele kritisiert: „Nachgebessert werden sollte bei der Finanzierung der Krankenhausreform. Bisher ist eine einseitige Belastung der Patientinnen und Patienten der gesetzlichen Krankenversicherung vorgesehen. Die Finanzierung muss auf mehrere Schultern verteilt werden, dazu müssen sowohl der Bund mit Haushaltsmitteln als auch Privatversicherte erheblich beitragen.“

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Die Bildmontage zeigt eine Hand mit medizinischem Handschuh, die eine Stethoskop hält, in dessen Mitte das Wort "Krankenhausreform" und ein Euro-Zeichen stehen.
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Krankenhausreform in der Warteschleife

Die Krankenhausreform soll im April verabschiedet werden. Ziel ist eine größere Spezialisierung von Kliniken und ein neues Finanzierungsmodell. Dadurch droht vielen Krankenhäusern das Aus. Die Bundesländer fühlen sich übergangen.

Sonderkündigungsrecht bis Ende Januar

Für die meisten gesetzliche krankenversicherten Menschen sind die Beiträge zum Jahreswechsel durch die Erhöhung des Zusatzbeitrags deutlich spürbar gestiegen. Bis Ende des Monats Januar können Versicherte noch von ihrem Sonderkündigungsrecht Gebrauch machen. Das Sonderkündigungsrecht gilt immer bis zum Ende des Monats, in dem erhöht wird. In diesem Fall wurden die Beiträge zum Januar erhöht, daher gilt das Recht auf Sonderkündigung bis Ende des Monats.

Kann man später auch noch die Krankenkasse wechseln?

Wer mindestens zwölf Monate - so lang beträgt die sogenannte Mindestbindungsfrist - bei seiner gesetzlichen Krankenkasse versichert war, kann die Krankenkasse jederzeit wechseln. Bei der neuen Kasse gilt dann wieder die Mindestbindungsfrist von zwölf Monaten, so lange kein Sonderkündigungsrecht durch eine Beitragserhöhung in Kraft tritt. 

Wie hoch ist der Beitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung?

Der allgemeine Beitragssatz in der gesetzlichen Krankenversicherung beträgt aktuell 14,6 Prozent, der ermäßigte Beitragssatz 14 Prozent. Letzterer gilt für gesetzlich Versicherte, die keinen Anspruch auf Krankengeld haben. 

Hinzu kommt noch ein individuell von den Krankenkassen festgelegter Zusatzbeitrag. Er liegt in 2025 je nach Krankenkasse zwischen 1,84 und 4,4 Prozent. So liegt der Krankenkassenbeitrag, je nachdem, wo man versichert ist, zwischen 16,44 und 19 Prozent. 

Krankenkassen-Liste

Der GKVkurz fürGesetzliche Krankenversicherung-Spitzenverband bietet auf seiner Website eine aktuelle Liste aller gesetzlichen Krankenkassen und deren Zusatzbeiträge an. 

Externer Link:Zur Krankenkassen-Liste

Beitragssatz in der Pflegeversicherung

Auch der Beitrag zur Pflegeversicherung wurde zum 1. Januar 2025 angehoben um 0,2 Prozent. Damit liegt er bei 3,6 Prozent. Die Höhe des Beitragssatzes ist zudem in der Pflegeversicherung nach Anzahl der Kinder gestaffelt. 

Mitglieder mit Kindern erhalten je Kind unter 25 Jahren einen Abschlag in Höhe von 0,25 Beitragssatzpunkten. Dies gilt vom zweiten bis zum fünften Kind. Ab dem fünften Kind bleibt es bei einer Entlastung in Höhe eines Abschlags von insgesamt bis zu 1,0 Beitragssatzpunkten. Versicherte ohne Kind zahlen einen Beitragszuschlag von 0,6 Prozent. 

Staffelung nach Kinderzahl:

  • Versicherte ohne Kind: 4,2 Prozent
  • Versicherte mit einem Kind: 3,6 Prozent
  • Versicherte mit zwei Kindern: 3,35 Prozent
  • Versicherte mit drei Kindern: 3,1 Prozent
  • Versicherte mit vier Kindern: 2,85 Prozent
  • Versicherte mit fünf oder mehr Kindern: 2,6 Prozent

Was gilt für Rentnerinnen und Rentner?

Auch für Rentnerinnen und Rentner steigen die Kassenbeiträge, allerdings erst ab März 2025. Für Januar und Februar gelten noch die alten Beiträge. 

Wichtig zu wissen für Rentner: Während sich die Rentenversicherung hälftig am allgemeinen Beitragssatz von 14,6 Prozent und ebenso hälftig am Zusatzbeitrag der Krankenversicherung beteiligt, gilt dies nicht für die Pflegeversicherung. Denn auch der Beitrag zur sozialen Pflegeversicherung erhöht sich um 0,2 Prozent. Diese Erhöhung tragen Rentnerinnen und Rentner allein. Der Beitrag zur Pflegekasse beträgt für Rentnerinnen und Rentner mit Kind pro Monat 3,6 Prozent und für Rentnerinnen und Rentner ohne Kind 4,2 Prozent.

Ebenso wichtig: Der höhere Pflegebeitrag gilt bereits ab Januar, er wird aber erst ab Juli eingezogen. Von Januar bis einschließlich Juni 2025 zieht die Rentenversicherung noch den alten Beitrag ein. Der Erhöhungsbeitrag für die ersten sechs Monate wird dann auf einen Schlag mit der Juli-Rente fällig (6 x 0,2 Prozent = 1,2 Prozent).

Ist ein Wechsel immer sinnvoll?

Für viele Versicherte bedeutet die Erhöhung des Zusatzbeitrags einen erheblich höheren monatlichen Krankenkassenbeitrag und damit eine spürbare finanzielle Belastung. Dennoch ist ein Wechsel der Krankenkasse nicht in jedem Fall sinnvoll und Versicherte sollten sich den Schritt gut überlegen. 

Folgende Punkte können eine Rolle spielen:

  • Die grundsätzlichen Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen sind identisch, aber es gibt Unterschiede zum Beispiel bei Zusatzleistungen, etwa bei der Kostenübernahme für Reiseimpfungen oder Osteopathie. Wer solche Zusatzleistungen bei seiner Kasse häufig in Anspruch nimmt, ist mit seiner aktuellen Kasse eventuell besser beraten als mit einer neuen. Auch Punkte wie Servicequalität, Beratungsstellen und Erreichbarkeit vor Ort spielen eine Rolle.
  • Wer sich in einem aktuellen Verfahren mit seiner Kranken- und Pflegekasse befindet – etwa Beantragung eines Hilfsmittels, einer Reha-Maßnahme oder der Bewilligung eines Pflegegrades – sollte den Wechsel ebenfalls sehr gut überlegen.
  • Beim Thema Hilfsmittel wichtig: Hilfsmittel verbleiben im Besitz der Kranken- und Pflegekasse. Diese kann ein Hilfsmittel im Zweifel zurückfordern.
  • Für Pflegebedürftige mit Pflegegrad: Bei einem Kassenwechsel wird in der Regel über einen automatischen Datenaustausch gewährleistet, dass Pflegebedürftige weiterhin ihre Leistungen erhalten. Von der neuen Pflegekasse erhalten Versicherte dann einen neuen Bescheid über die Leistungen. Versicherte sollten die neue Pflegekasse am besten direkt über die bisherigen Leistungen informieren, schon bevor der Bescheid kommt.
  • Im Grundsatz ist eine Neubegutachtung bei einem Kassenwechsel möglich. Es gibt keinen Bestandsschutz.
  • Doppelt erbrachte Leistungen werden vom Versicherten entweder zurückgefordert oder mit weiteren Leistungen verrechnet. Noch nicht vollständig in Anspruch genommene Pflegeleistungen wie der Entlastungsbetrag werden übertragen und verfallen nicht.
  • Darüber hinaus sollten Versicherte der neuen Pflegeversicherung die persönlichen Daten von eingetragenen Pflegepersonen mitteilen, da diese Daten nicht automatisch übermittelt werden.

Was fordert der Sozialverband VdK?

Der Sozialverband VdK hatte die Anhebung der Zusatzbeiträge kritisiert. Schon lange fordert der Verband eine einheitliche solidarische Krankenversicherung für alle, also eine Abschaffung des Nebeneinander von gesetzlicher und privater Versicherung. 

VdK-Präsidentin Verena Bentele bemängelte zur Beitragserhöhung: „Das sind die höchsten Steigerungen der Zusatzbeträge seit der Einführung der freien Krankenkassenwahl Mitte der 90er Jahre. Diese Steigerungen werden Millionen von Menschen treffen und belasten, sie kommen zusammen mit den erwarteten Steigerungen der Pflegebeiträge. Selbst Gesundheitsminister Lauterbach spricht von einem ineffizienten System. Wir alle wissen, dass es zahlreiche Reformansätze für dieses System gibt. 

Eine neue Bundesregierung kann in 2025 zeigen, dass sie reformwillig ist und mit einer Reform der Finanzierung der gesetzlichen Krankenkassen anfangen. Wir schlagen vor, dass eine einheitliche solidarische Krankenversicherung geschaffen wird, in die auch bisher Privatversicherte einzahlen. Dadurch ließen sich diese riesigen Beitragssteigerungen vermeiden, die Zusatzbeiträge könnten sogar ganz entfallen!“