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Sozialhilfeempfänger erhalten die Kosten für die Reparatur einer kaputten Brille vom Sozialamt grundsätzlich erstattet. Neue Brillengläser wegen einer verschlechterten Sehstärke ab 0,5 Dioptrien müssen jedoch aus eigener Tasche bezahlt werden, entschied das Bundessozialgericht in Kassel.
Vor Gericht war ein Mann aus Reutlingen gezogen, der neben seiner Rente auch auf Sozialhilfeleistungen angewiesen war. Der Rentner hatte von seinem Sozialamt zuletzt 78 Euro für die „Reparatur“ seiner Weitsichtbrille verlangt. Die Brillengläser seien mit der Zeit stumpf geworden und könnten nicht mehr ordentlich gereinigt werden. Ein Austausch sei erforderlich. Er verwies darauf, dass eine Brille als „therapeutisches Gerät“ gelte. Nach den gesetzlichen Bestimmungen müsse das Sozialamt Kosten für Reparaturen von therapeutischen Geräten zusätzlich zum Regelbedarf übernehmen.
Der Rentner legte zudem eine Verordnung der behandelnden Augenärztin vor, die ihm eine Verschlechterung der Sehstärke um mehr als 0,5 Dioptrien bescheinigte.
Die Behörde lehnte den Antrag ab und bestritt, dass eine Brille als „therapeutisches Gerät“ anzusehen sei. Außerdem liege keine „Reparatur“ vor. Denn die neuen Brillengläser seien wegen einer Verschlechterung der Sehschärfe erforderlich. Dies komme einer Neuanschaffung gleich.
Vor dem Bundessozialgericht (BSG) hatte der Sozialhilfebezieher keinen Erfolg. Die Kasseler Richter betonten jedoch, dass eine Brille sehr wohl als „therapeutisches Gerät“ anzusehen sei. Sozialämter seien bei solchen „einmaligen Bedarfen“ zur Kostenübernahme der Reparatur grundsätzlich verpflichtet. Denn die Reparaturkosten für therapeutische Geräte seien im Regelbedarf nicht enthalten.
Der 8. BSG-Senat folgte damit der Auffassung des für Hartz IV zuständigen 14. BSG-Senat. Dieser hatte bereits am 25. Oktober 2017 geurteilt, dass Jobcenter für die Reparatur einer kaputten Brille aufkommen müssen, da es sich um ein „therapeutisches Gerät“ handele (Az.: B 14 AS 4/17 R).
Im jetzt entschiedenen Fall erläuterten die obersten Sozialrichter, dass es für die Übernahme der Reparaturkorsten einer Brille auch nicht darauf ankomme, ob ein oder zwei Brillengläser kaputt sind und ersetzt werden müssten. Eine defekte Brille müsse grundsätzlich in den funktionsfähigen, defektfreien Zustand zurückversetzt werden, in dem sie vor Schadenseintritt war, heißt es in dem Urteil.
Hier stehe dem Kläger die Übernahme der „Reparaturkosten“ aber nicht zu, da es sich bei den neuen Gläsern nicht um eine „Reparatur“ handele. Die Brillengläser seien vor allem deshalb erforderlich gewesen, weil sich die Sehschärfe des Rentners verschlechtert habe und nicht, weil die Gläser beschädigt waren. Würden die Gläser in der früheren Stärke ersetzt, würde dies nicht ausreichen, um die Sehbeeinträchtigung wieder auszugleichen.
Eine relevante Sehstärkenveränderung liegt laut BSG dabei nach der Hilfsmittel-Richtlinie ab einer Veränderung um 0,5 Dioptrien vor. In solch einem Fall sei der Austausch von Brillengläsern mit einer Brillen-Neuanschaffung vergleichbar. Diese Kosten seien aber im Regelbedarf enthalten und müssten vom Sozialhilfebezieher selbst getragen werden (Urteil vom 18. Juli 2019, veröffentlicht am 2. Oktober 2019, Az.: B 8 SO 13/18 R).
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Schlagworte Sozialhilfe | Brille | Kosten | Bundessozialgericht
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