5. September 2018
Musterklagen

Krankenkassenbeiträge auf Betriebsrenten und andere Versorgungsbezüge

Der VdK hat die Doppelverbeitragung bei Betriebsrenten lange sozialpolitisch kritisiert und ist juristisch mit einer Reihe von Musterklagen dagegen vorgegangen. Auf dieser Seite finden Sie alle Musterstreitverfahren zur Beitragspflicht von Betriebsrenten und anderen Versorgungsbezügen, die der VdK geführt hat.

Seit 2004 müssen Betriebsrentner doppelte Krankenkassenbeiträge auf ihre Betriebsrenten zahlen, den Arbeitnehmer und zugleich den Arbeitgeberanteil in Höhe von 14,6 Prozent. Das ist oft als ungerecht kritisiert worden. Auch der VdK ist dagegen vorgegangen, etwa mit zahlreichen Musterklagen.

Zum letzten, lange offenen VdK-Verfahren hatte der Verband im Januar 2015 eine Verfassungsbeschwerde eingereicht. Bei der Klage ging es um diese Fallkonstellation: Verfassungsbeschwerde wegen Krankenkassenbeiträgen aus Leistungen einer Pensionskasse.

Am 4. September 2018 hat das BVerfG nun einen Beschluss veröffentlicht, in dem es den Sozialverband VdK in seiner Rechtsauffassung bestätigt und deutlich macht: Abgaben von Sozialversicherungsbeiträgen in die Kranken- und Pflegeversicherung, die Rentner nach Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses aus eigener Tasche weiter in die Pensionskasse eingezahlt haben und Versicherungsnehmer geworden waren, sind nicht rechtens.

Von ihrer Kasse können Betroffene nun Geld zurückverlangen (Aktenzeichen: 1 BvR 249/15). Wie man dabei vorgehen sollte, zeigen wir in unserem Expertenkommentar.

Wenn Sie ein Musterschreiben mit einem Überprüfungsantrag benötigen, laden Sie bitte dieses Dokument herunter: Musterschreiben Überprüfungsantrag Krankenversicherung.pdf (7,47 KB, PDF-Datei).}

Betriebsrenten: Neue Regeln bei Krankenkassenbeiträgen
Der Gesetzgeber möchte Betriebsrentner bei den Krankenversicherungsbei-
trägen auf ihre Betriebsrenten entlasten. Was genau beschlossen wurde und welche Vorgaben in Zukunft gelten, erfahren Sie in diesem Beitrag.

Beitragserhöhungen für Betriebsrentner seit 2004 - wer ist betroffen?

Seit dem 1. Januar 2004 müssen alle in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherten Bezieher von Betriebsrenten und anderen Versorgungsbezügen - unabhängig davon, ob sie pflichtversichert oder freiwillig versichert sind - auf ihre Versorgungsbezüge den vollen Beitragssatz zur Krankenversicherung entrichten.

Hintergrund ist das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz), das zum 1. Januar 2004 in Kraft trat. Es sah "als Maßnahme zur Neuordnung der Finanzierung" vor, dass Versorgungsbezüge von Rentnerinnen und Rentnern ab dem 1.1.2014 mit dem vollen Beitragssatz belegt werden sollen, und änderte damit die zuvor bestehende Rechtslage maßgeblich.

Symbolfoto: Hände einer Seniorin halten eine Geldbörse mit wenigen Münzen
© imago/wolterfoto

Für Versicherte in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) bedeutete dies neben den massiven Leistungseinschränkungen eine Verdoppelung des Beitragssatzes für die Bemessung von Beiträgen auf Versorgungsbezüge. Die erhebliche Erhöhung traf ebenso freiwillig versicherte Ruheständler, die vor dem 1. Januar 1993 bereits das 65. Lebensjahr vollendet hatten und aufgrund einer Übergangsvorschrift zuvor nur den halben Beitragssatz zahlen mussten. Ebenso sind auch bei bestehenden Direktversicherungsverträgen alle nach dem 1. Januar 2004 ausgezahlten Kapitalabfindungen beitragspflichtig. Bei den Ruheständlern führt dies zu empfindlichen Einbußen - in vielen Fällen von 100 Euro im Monat und mehr.

Wer ist nicht betroffen?

Nicht betroffen sind Rentner, die nur Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und keine Versorgungsbezüge beziehen. Ebenso nicht betroffen sind Personen, die nicht in der gesetzlichen, sondern in der privaten Krankenversicherung voll versichert sind. Nicht betroffen sind auch Rentner mit einer privat abgeschlossenen Kapital-Lebensversicherung.

Was sind Versorgungsbezüge?

Versorgungsbezüge sind nach der Definition in § 229 SGB V der Rente vergleichbare Einnahmen, soweit sie wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder zur Alters- oder Hinterbliebenenversorgung erzielt werden.

Hierzu gehören

  • Versorgungsbezüge aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis oder aus einem Arbeitsverhältnis mit Anspruch auf Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen,
  • Bezüge aus der Versorgung der Abgeordneten, Parlamentarischen Staatssekretäre und Minister,
  • Renten der Versicherungs- und Versorgungseinrichtungen, die für Angehörige bestimmter Berufe errichtet sind (z.B. der Ärzte, Architekten, Rechtsanwälte),
  • Renten der betrieblichen Altersversorgung einschließlich der Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst und der hüttenknappschaftlichen Zusatzversorgung.

Hierzu gehören auch alle Kapitalleistungen, die der Alters- und Hinterbliebenenversorgung sowie der Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit dienen, sofern ein Bezug zum (früheren) Erwerbsleben besteht. Darunter fallen alle Durchführungswege der betrieblichen Altersvorsorge (insbesondere Direktversicherung).

Nicht betroffen sind vom Arbeitnehmer selbst abgeschlossene private Lebens-, Renten- oder Berufsunfähigkeitszusatzversicherungen. Nicht betroffen sind kraft ausdrücklicher gesetzlicher Regelung außerdem Renten und Landabgaberenten nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte.

Was hat der VdK unternommen?

Seit Anfang 2004 stellte der VdK auf seinen Internetseiten Musterwidersprüche und umfangreiche Informationen zum rechtlichen Hintergrund, zu verschiedenen Fallgruppen und dem Fortgang und Ausgang der Musterstreitverfahren zur Verfügung. Diese Informationen standen – unabhängig von einer Mitgliedschaft – allen Interessierten und Betroffenen frei zur Verfügung.

Sofort nach Inkrafttreten der Regelungen des GKV-Modernisierungsgesetzes Anfang 2004 wurde eine ganze Reihe von Musterstreitverfahren in sämtlichen Fallgruppen auf den Weg gebracht, um die Frage der Rechtmäßigkeit dieser Verbeitragung gerichtlich klären zu lassen.

Über die sozialrechtliche Klärung hinaus legte der VdK in Abstimmung mit anderen klagenden Verbänden und Gewerkschaften Verfassungsbeschwerden ein. Teilweise ergaben sich im Verlauf der Verfahren weitere Fallgruppen mit bestimmten Besonderheiten, die dann wiederum einer höchstrichterlichen Klärung zugeführt wurden.

Auch auf politischer Ebene engagierte sich der VdK gegen die Verbeitragung von Betriebsrenten und anderen Versorgungsbezügen. So war die Beitragsbelastung beispielsweise 2004 Thema auf vielen bundesweit durchgeführten Demonstrationen. Ebenso wurden die Forderungen auf vielen Protestveranstaltungen gegen diese und weitere Gesundheitsreformvorhaben immer vorgebracht. Alle Aktivitäten wurden mit umfangreicher Pressearbeit des VdK begleitet.

Versorgungsleistungen einer Pensionskasse

Im letzten Verfahren ging es um die Beitragspflicht auf Zahlungen aus Pensionskassen in Fällen, in denen Mitarbeiter nach Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis und Vertragsübernahme, das entsprechende Altersvorsorgeprodukt mit eigenen Einzahlungen weiter finanziert haben.

Der Sozialverband VdK hatte dazu vor dem Bundessozialgericht geklagt (Aktenzeichen: B 12 KR 26/12 R, Verfassungsbeschwerde wegen Krankenkassenbeiträgen aus Leistungen einer Pensionskasse).

Symbolfoto: Eine Lupe vergrößert ein Paragraphen-Zeichen
© Thorben Wengert/pixelio.de

Juristisch ging es dabei um die Frage, ob Versorgungsleistungen einer Pensionskasse – anders als Leistungen einer ursprünglich vom Arbeitgeber im Rahmen der betrieblichen abgeschlossenen Direktversicherung – auch hinsichtlich des Anteils, der auf einer alleinigen Beitragsleistung des Arbeitnehmers als Versicherungsnehmer beruht, der Beitragspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung unterliegen.

Am 23.7.2014 hatte das Bundessozialgericht dieses und zwei weitere Verfahren verhandelt und abschlägig beschieden.

Der Sozialverband VdK hatte gegen die Entscheidung des Bundessozialgerichts Verfassungsbeschwerde erhoben. Die Verfassungsbeschwerde wurde am 5. Januar 2015 beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingereicht (Aktenzeichen: 1 BvR 249/15). Im Januar 2018 leitete das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) diese Beschwerde unter anderem an das Bundeskanzleramt, das Bundesministerium der Justiz, das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und das Bundesministerium des Inneren weiter. Die Empfänger konnten bis zum 9.3.2018 Stellung zum Verfahren nehmen.

In einem am 4. September 2018 veröffentlichten Beschluss bestätigte das BVerfG den Sozialverband VdK in seiner Rechtsauffassung und machte deutlich: Abgaben von Sozialversicherungsbeiträgen in die Kranken- und Pflegeversicherung, die Rentner nach Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses aus eigener Tasche weiter in die Pensionskasse eingezahlt haben und die Versicherungsnehmer geworden waren, sind nicht rechtens. Von ihrer Kasse können Betroffene Geld zurückverlangen (Aktenzeichen: 1 BvR 249/15).

Wie man dabei vorgehen sollte, zeigen wir hier.

Wenn Sie ein Musterschreiben mit einem Überprüfungsantrag benötigen - laden Sie bitte dieses Dokument herunter: {Musterschreiben Überprüfungsantrag Krankenversicherung.pdf (7,47 KB, PDF-Datei).


Archiv

Lesen Sie hier - chronologisch absteigend - die Meldungen zu den Verfahren, die der Sozialverband VdK seit 2004 zu Krankenbeiträgen auf Versorgungsbezüge geführt hat.

Musterklagen
Symbolfoto: Eine Statue der Justitia
Der Sozialverband VdK hat Anfang Januar 2015 Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe erhoben. Die Beschwerde richtet sich gegen ein Urteil des Bundessozialgerichts, nach dem auf Leistungen aus einer Pensionskasse Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung der Rentner gezahlt werden müssen. | weiter
27.01.2015 | ikl
Musterklagen
Symbolfoto: Ein Dokument und ein Stempel mit der Aufschrift "Pensionskasse"
Zum VdK-Mustersteitverfahren wegen Krankenkassenbeiträgen aus Leistungen einer Pensionskasse (Aktenzeichen B 12 KR 26/12 R), das abschlägig beschieden worden war: Dem Sozialverband VdK liegen zwischenzeitlich die ablehnenden schriftlichen Urteilsgründe vor. Der VdK hat beschlossen, gegen diese Entscheidung Verfassungsbeschwerde zu erheben. Die Verfassungsbeschwerde wurde am 5. Januar 2015 beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingereicht. | weiter
05.01.2015 | jun
Musterklagen
Symbolfoto: Eine Statue der Justitia
Der VdK hat in 2012 vor dem Bundessozialgericht ein Verfahren zur Beitragspflicht auf Betriebsrenten aus Pensionskassen geführt (Aktenzeichen: B 12 KR 26/12 R). Über diese Fallgruppe wurde nun entschieden. | weiter
14.08.2014 | jun/cl
Musterklagen
2010 hatte das Bundesverfassungsgericht (BverfG) klargestellt, dass anteilige Kapitalleistungen aus Direktversicherungen, die auf Beiträgen beruhen, die ein Arbeitnehmer nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses und nach Übertragung der Versicherungsnehmerschaft auf ihn selbst eingezahlt hat, ... | weiter
26.07.2011 | cz/ung
Musterklagen
Am 30. März 2011 hatte das Bundessozialgericht über mehrere anhängige Revisionen zur Beitragspflicht auf Direktversicherungen zu entscheiden und dabei die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zu berücksichtigen. Die wesentlichen Aussagen der BSG-Entscheidungen haben wir für Sie zusammengefasst. | weiter
01.04.2011
Musterklagen
Ein vom Bundesverfassungsgericht an das Bundessozialgericht zurückverwiesene Verfahren wurde am 12.1.2011 mit einem Vergleich geschlossen. Eine endgültige Klärung der Rechtsfrage zu Krankenkassenbeiträgen auf Direktversicherungen erwartet der VdK Ende März. | weiter
24.02.2011
Musterklagen
Bei den Musterstreitverfahren gegen die Beitragspflicht auf Betriebsrenten und andere Versorgungsbezüge war bis zum 15.10.2010 eine letzte noch nicht entschiedene Fallkonstellation beim Bundesverfassungsgericht anhängig. Lesen Sie hier die Entscheidung des BVerfG. | weiter
15.10.2010
Musterklagen
Das Bundesverfassungsgericht hält Krankenkassenbeiträge auf Kapitalleistungen (Direktversicherungen und andere) für verfassungskonform. | weiter
21.05.2008
Musterklagen
Das Bundesverfassungsgericht hat die Verfassungsbeschwerde gegen die Verdoppelung des Krankenversicherungsbeitrags auf laufende Versorgungsbezüge nicht zur Entscheidung angenommen. | weiter
25.04.2008
Musterklagen
Aktueller Stand der Musterstreitverfahren; außerdem: LSG-Urteil macht Hoffnung auf Beitragserstattung bei privaten Lebensversicherungen, die erst später in eine betriebliche Altersversorgung überführt wurden | weiter
14.03.2008
Musterklagen
Das BSG bestätigte die volle Beitragspflicht auch bei Direktversicherungen und anderen Einmalzahlungen aus der betrieblichen Altersversorgung. | weiter
10.01.2007
Musterklagen
Seit dem 1. Januar 2004 müssen alle in der GKV versicherten Bezieher von Betriebsrenten den vollen Beitragssatz zur Krankenversicherung entrichten. | weiter
04.09.2006
Musterklagen
Zum Stand der Musterstreitverfahren gegen die Beitragsbelastung von Betriebsrenten und anderen Versorgungsbezügen | weiter
08.05.2006
Musterklagen
Um möglichst alle Sachverhalte zu erfassen, sind sieben Fallgruppen gebildet worden. Der Sozialverband VdK hat für alle Gruppen Verfahren vorbereitet. | weiter

Schlagworte Versorgungsbezüge | Betriebsrente | Betriebsrentner | Direktversicherung | Krankenkassenbeiträge | Musterstreitverfahren | Verfassungsbeschwerde | Pensionskasse | Musterklage | Musterwiderspruch | Musterbrief

VdK-Rechtsberatung

Der Sozialverband VdK berät und vertritt seine Mitglieder im Bereich gesetzliche Rentenversicherung, zum Beispiel zum Thema Erwerbsminderungsrente.

Mitgliedschaft
Das Bild zeigt eine Frau an einem Tablet, auf welchem die Beitrittserklärung zum VdK geöffnet ist.
Es gibt viele gute Gründe für eine Mitgliedschaft im VdK - dem mit mehr als 2 Millionen Mitgliedern größten Sozialverband Deutschlands. | weiter

VdK-TV: Wie funktioniert ein Sozialgericht?

Bericht eines ehrenamtlichen Richters über den Arbeitsplatz Sozialgericht und über die Abläufe einer Verhandlung.


VdK-TV: Kämpfen lohnt sich - wie der VdK einer Postpolio-Patientin hilft (UT)

Renate Poisel aus Weiden in der Oberpfalz, stark beeinträchtigt durch die Folgen einer Kinderlähmung, musste sich nahezu alle Hilfsmittel mit Hilfe des Sozialverbandes VdK erstreiten.


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