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Der Sozialverband VdK Deutschland hat vor dem Bundessozialgericht (BSG) in Kassel durchgesetzt, dass die Pflegekassen künftig eine sogenannte Ersatz- oder Verhinderungspflege für pflegebedürftige Menschen auch bei einem Urlaub im Ausland bezahlen. Eine ungleiche Behandlung zwischen Inland und Ausland sei sachlich nicht gerechtfertigt, führten die Richter in ihrer Urteilsbegründung aus.
Das Urteil vom 20. April 2016 (Aktenzeichen: B 3 P 4 /14 R) ist von grundsätzlicher Bedeutung. „Es stärkt die Rechtsstellung von Pflegebedürftigen und pflegenden Angehörigen, die gemeinsam Urlaub machen“, sagte Jörg Ungerer, Leiter der VdK-Bundesrechtsabteilung in Kassel, im Anschluss an die Verhandlung. Er vertrat das VdK-Mitglied aus Baden-Württemberg vor dem höchsten deutschen Sozialgericht. Die Mutter hatte ihren behinderten Sohn regelmäßig zu Hause gepflegt. Das Kind bekam Pflegegeld nach Pflegestufe II.
Im Januar 2009 entschloss sich die Familie trotz der notwendigen Pflege zu einem gemeinsamen fünftägigen Skiurlaub in der Schweiz. Der Großvater reiste extra mit, um die Pflege des Kindes zu übernehmen, während die Mutter Ski fuhr. Für die Fahrt- und Unterkunftskosten des Großvaters machte die Familie im Anschluss an den Urlaub 279 Euro bei der Techniker Krankenkasse im Rahmen der Verhinderungspflege geltend. Doch diese lehnte ab, da diese Pflege im Ausland geleistet worden sei.
Das VdK-Mitglied zog zunächst erfolglos vor das Sozialgericht. Auch die nächste Instanz, das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg, gab wieder der Pflegekasse Recht (Aktenzeichen: L 4 P 5119/11 vom 18. Juli 2014) und nicht dem Mitglied. Die angestrebte Kostenerstattung sei als eine im Ausland erbrachte „Sachleistung“ anzusehen. Dafür müsse die Pflegekasse nicht zahlen.
Das VdK-Mitglied sah in der Ablehnung eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung. Bei einem Urlaub in Deutschland würden die Kosten für die Ersatzpflege problemlos übernommen. Auch die Gefahr eines Missbrauchs bestünde nicht, da die Kostenerstattung auf 1612 Euro im Jahr gedeckelt sei, argumentierte VdK-Rechtsexperte Jörg Ungerer. Zudem müssten auch nur „notwendige Aufwendungen im Zusammenhang mit der Ersatzpflege“ von der Kasse bezahlt werden. Dabei liege es im Ermessen der Pflegekasse, was für die Ersatzpflege erforderlich sei, so Ungerer.
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Falles entschloss sich das Mitglied daher nach Rücksprache mit Jörg Ungerer von der VdK-Bundesrechtsabteilung, die Frage höchstrichterlich und damit verbindlich für alle untergeordneten rechtlichen Instanzen klären zu lassen. Sieben lange Jahre dauerte es, bis das VdK-Mitglied Recht bekam.
Sinn der Verhinderungs- oder Ersatzpflege ist es, die Pflegebereitschaft Angehöriger zu fördern und ihnen zu ermöglichen, selbst Urlaub zu machen. Anspruch besteht auch, wenn die Pflege des Familienmitglieds wegen Krankheit oder aus anderen persönlichen Gründen zeitweise nicht möglich ist.
Die Pflegekasse übernimmt für bis zu sechs Wochen pro Kalenderjahr die Aufwendungen für die notwendige Ersatzpflegeperson. Die Höhe pro Tag hängt von der Pflegestufe ab, insgesamt sind es höchstens 1612 Euro im Jahr. Für längstens vier Wochen wird zusätzlich das reguläre Pflegegeld zur Hälfte weitergezahlt.
sko
Schlagworte Pflege | Ausland | Verhinderungspflege | Bundessozialgericht | Urteil | BSG | Pflegekasse | Ersatzpflege | Pflegegeld | Kosten | Kostenerstattung
Der Sozialverband VdK berät und vertritt seine Mitglieder im Bereich gesetzliche Rentenversicherung, zum Beispiel zum Thema Erwerbsminderungsrente.
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