26. April 2022
RENTE

Verbesserungen für Erwerbsminderungs-Renten im Bestand

VdK begrüßt Pläne für pauschale Zuschläge, kritisiert jedoch deren Höhe und den späten Start

Seit Jahren kämpft der VdK für höhere Renten für all jene, die von 2001 bis Ende 2018 erwerbsgemindert wurden und damit von früheren Verbesserungen nicht profitierten. Nun soll es auch für sie endlich Zuschläge geben.

Symbolfoto: Jemand füllt einen Rentenantrag auf Feststellung der Erwerbsminderung aus.
© IMAGO / epd

Die Enttäuschung für viele erwerbsgeminderte Menschen war riesig, als die Große Koalition vor drei Jahren die Zurechnungszeit bei Erwerbsminderungsrenten (EM-Renten) weiter erhöhte. Denn nur, wer diese ab Januar 2019 neu bezog, profitierte von den Verbesserungen. Die EM-Renten wurden damals um durchschnittlich rund 70 Euro brutto angehoben. Doch alle anderen, die auch als EM-Rentnerinnen und -Rentner im Bestand bezeichnet werden, gingen leer aus. Das war schon bei der vorangegangenen Erhöhung der Zurechnungszeiten im Jahr 2014 und 2018 so. Zudem mussten sie seit 2001 Abschläge von bis zu 10,8 Prozent auf ihre EM-Rente in Kauf nehmen. Seitdem hat der Sozialverband VdK jede Gelegenheit genutzt, diese Ungerechtigkeit zu kritisieren und Verbesserungen für all jene zu fordern, die bereits vor 2019 EM-Rente bezogen.

Nun hat das Bundessozialministerium einen Gesetzesentwurf vorgelegt, der Verbesserungen für EM-Renten im Bestand und Hinterbliebenenrenten vorsieht, die zwischen Januar 2001 und Ende 2018 starteten. Verbessert werden sollen auch Alters- und Hinterbliebenenrenten, die sich direkt an eine Rente wegen Erwerbsminderung anschließen und zwischen 2001 und 2018 begannen. Insgesamt würden rund drei Millionen Menschen profitieren. „Das ist ein großer Erfolg für uns“, sagt VdK-­Präsidentin Verena Bentele zu den Plänen.

Konkret sollen die EM-Renten nach einem pauschalen Verfahren in zwei Kategorien erhöht werden: Ein Zuschlag von 7,5 Prozent ist für all jene vorgesehen, die zwischen 1. Januar 2001 bis 30. Juni 2014 erwerbsgemindert wurden. Wer bislang etwa 800 Euro brutto erhielt, bekommt künftig 60 Euro brutto mehr.

Alle, die zwischen 1. Juli 2014 bis 31. Dezember 2018 erstmals EM-Rente bezogen, erhalten 4,5 Prozent mehr, also bei einer Rente von 800 Euro 36 Euro zusätzlich. Auch Altersrentnerinnen und -rentner, die zuvor EM-Rente bekamen, sollen berücksichtigt werden. Gleiches gilt für Hinterbliebenenrentnerinnen und -rentner.


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Der VdK begrüßt die Erhöhungen, hält sie aber für deutlich zu niedrig: „Idealerweise müssten die Zuschläge sehr viel höher sein, denn nur dann würden die EM-Renten im Bestand wirklich mit jenen gleichgestellt, die von den früheren Reformen profitierten“, sagt Bentele. Sie hofft, dass im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens noch eine Erhöhung durchgesetzt werden kann (siehe Aufruf weiter unten auf dieser Seite).

Völlig unverständlich ist es für Bentele zudem, dass die Verbesserungen erst ab Juli 2024 gelten sollen. „Das ist viel zu spät. Die Aufschläge auf die EM-Renten müssen schnellstmöglich eingeführt werden“, fordert sie. Die Menschen benötigten das Geld so bald wie möglich. „Schließlich sind rund 40 Prozent der Haushalte mit Erwerbsminderungsrenten armutsgefährdet. Das ist nicht hinnehmbar“, so Bentele.

Heike Vowinkel

Erwerbsminderungsrente: Betroffene sollten Politikern schreiben

Die Erwerbsminderungs(EM-)Renten im Bestand sollen einem Gesetzentwurf zufolge zwar – wie oben im Artikel beschrieben – endlich erhöht werden. Allerdings werden sie noch nicht mit jenen gleichgestellt, die von früheren Reformen profitierten. Um dies zu erreichen, sollten die Betroffenen Druck auf die Politik ausüben.

Der VdK bittet alle, die zwischen 2001 und 2019 zum ersten Mal EM-Rente bezogen, sich an ihre lokalen Bundestagsabgeordneten zu wenden:

Schreiben Sie ihnen, wie es zu Ihrer Erwerbsminderung kam. Was es heißt, nach Jahren in denen Sie selbst in die Sozialversicherungen eingezahlt haben, plötzlich auf diese angewiesen zu sein und festzustellen, dass das Geld kaum zum Leben reicht. Schreiben Sie, wie ungerecht Sie sich behandelt fühlen, nicht von den gleichen Verbesserungen zu profitieren, wie jene, die nach 2019 erwerbsgemindert wurden. Schildern Sie, wie sich die aktuellen Preissteigerungen auf Ihr Leben auswirken.

Nur wenn den Abgeordneten gezeigt wird, was es heißt, von einer EM-Rente in Höhe von 860 Euro brutto oder weniger leben zu müssen, lässt sich vielleicht noch Einfluss im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens nehmen. Denn der Gesetzentwurf muss im Bundestag und in den Ausschüssen beraten werden. Änderungen sind dabei noch möglich.

Wir danken Ihnen für Ihre Unterstützung!

vo


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Das Bild zeigt Verena Bentele
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25.03.2022
Presse
Hände einer älteren Person halten Euroscheine und Mpnzen im Wert von 10,45 Euro
In einem gemeinsamen Aufruf fordert ein breites Bündnis aus Sozial- und Wohlfahrtsverbänden und Gewerkschaften schnellstmögliche Verbesserungen für Bestands-Erwerbsminderungsrentnerinnen und -rentner. Erwerbsgemindert zu sein, ist eines der zentralen Armutsrisiken in Deutschland. | weiter
23.03.2022

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