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Seit dem Start der Kampagne „Weg mit den Barrieren!“ im Jahr 2016 ist schon viel verbessert worden
2016 hat der Sozialverband VdK die Kampagne „Weg mit den Barrieren!“ gestartet. Seither ist viel passiert: Bundesweit haben Ehren- und Hauptamtliche des VdK in ihren Städten und Gemeinden Hindernisse aufgespürt und das Gespräch mit den Verantwortlichen gesucht. Die VdK-ZEITUNG berichtet über gelungene Beispiele aus den Landesverbänden.
Im Freilichtmuseum Kommern in Nordrhein-Westfalen können die Besucher erfahren, wie Menschen vor 100 Jahren auf dem Land gelebt und gearbeitet haben. Der VdK-Kreisverband Euskirchen hat sich für die barrierefreie Zugänglichkeit des Museums stark gemacht und den Umbau begleitet. Bis zum Museumseingang verkehrt ein Zubringerbus, damit auch Menschen mit Beeinträchtigungen den Anstieg auf den Hügel bewältigen können. Nun wurde das Wartehäuschen barrierearm gestaltet. Die steile Strecke bis zum Eingang säumen Ruhebänke. Mehrere Häuser wurden mit automatischen Türen und unterfahrbarem Mobiliar ausgestattet, und es gibt zusätzliche barrierefreie Sanitäranlagen.
Historisches Kopfsteinpflaster verbindet die alten Fachwerkhäuser miteinander. Dieses Pflaster wurde im Zuge des Umbaus begradigt und glattgeschliffen. Zu den Testfahrern des VdK gehörte Agnes Arnold mit einem Laufrad. Sie ist Schriftführerin im VdK-Kreisverband am Niederrhein und war bis vor Kurzem Mitglied im Beirat Inklusion und Menschenrechte beim Landschaftsverband, dem Träger des Museums. „Es war beeindruckend, wie viel leichter das nun geht“, berichtet sie. „Auf den ersten Blick sieht man die Veränderung kaum, aber die Wirkung ist enorm.“ Nicht alles im Museum konnte barrierefrei umgestaltet werden, „aber das Ergebnis kann sich sehen lassen“.
Intendant Dr. Uwe Lohr hatte sich schon lange einen Aufzug für das Theater an der Rott im bayerischen Eggenfelden gewünscht. Doch das Landratsamt hatte aus Kostengründen immer abgelehnt. Erst, als sich Sigi Thoma, VdK-Berater für Barrierefreiheit, dafür einsetzte, wurde aus dem Wunsch Wirklichkeit. „Als ehemaliger Architekt wusste ich, dass es auch günstige Aufzüge gibt“, erzählt er. Mit einem technischen Berater verschaffte er sich einen Eindruck vor Ort und stellte fest, dass der Lift problemlos im Treppenauge installiert werden kann. Nachdem er mehrere Firmen kontaktiert hatte, fand er ein gutes Angebot. Neben dem Landratsamt gewährte auch der Freistaat Bayern einen großzügigen Zuschuss. Zusätzlich wurden an den Treppen Handläufe angebracht, Piktogramme installiert, die Beleuchtung erneuert, der Behindertenparkplatz direkt vors Haus verlegt und Zuschauerplätze für Menschen mit Behinderung und deren Begleitpersonen geschaffen.
Das Schauspielhaus ist nun für Ältere und Menschen mit Beeinträchtigungen komplett zugänglich. Kein Grund für Sigi Thoma, sich auszuruhen. Er hat schon längst neue Projekte im Blick: „Ich gebe keine Ruhe, bis alle Barrieren im Kreisverband Rottal-Inn beseitigt sind.“
Einen großen Erfolg hat Lothar Gugel, VdK-Ortsvorsitzender in Ergenzingen in Baden-Württemberg, erzielt: Nachdem er sich bei der damaligen Bundesbehindertenbeauftragten und jetzigen VdK-Präsidentin Verena Bentele, bei verschiedenen Bundestagsabgeordneten sowie in der Presse dafür stark gemacht hat, dass der „behindertenfeindlichste Bahnhof Deutschlands“, wie er ihn nannte, zwei Aufzüge bekommt, hat die Deutsche Bahn eingelenkt. Gleis 2 war nur über eine Fußgängerbrücke zu erreichen. Nun säumen zwei Aufzugstürme den eisernen Steg. Die Lifte können derzeit noch nicht genutzt werden, weil der Sockel zu hoch ist und der Bahnsteig an diesen Stellen erhöht werden muss. Die Baumaßnahme soll aber demnächst erfolgen. „Ich habe wohl die richtigen Hebel gedrückt“, freut sich Gugel. Nun hofft er, dass sich der Einsatz gelohnt hat und nicht noch weitere Bahnverbindungen gestrichen werden.
In Butteldorf, einem Stadtteil von Elsfleth in Niedersachsen, haben der VdK-Kreisverband Wesermarsch und der VdK-Ortsverband Moorriem-Großenmeer Erich Koopmann dabei geholfen, dass er wieder den Bus nutzen kann. Denn der Bahnsteig war zu niedrig, sodass das VdK-Mitglied mit seinem Rollstuhl nicht einsteigen konnte. Das Problem war der Stadt bekannt und wurde auch in die „Landkarte der Barrieren“ eingetragen, die der Sozialverband VdK im Zuge seiner Kampagne „Weg mit den Barrieren!“ angelegt hatte. Als sich der Kreisverband an die Presse gewandt hatte, die groß darüber berichtete, wurde der Bahnsteig erhöht.
Auf 16 Seiten hatte der VdK-Ortsverband Kitzingen im Kampagnenjahr 2016 die Situation in der bayerischen Kleinstadt zusammengefasst: Die Broschüre listet holprige Straßenpflaster, Türschwellen und Stufen auf, bemängelt den Zustand am Bahnhof, erwähnt aber auch positive Projekte wie eine Rollstuhl-Rampe am städtischen Bauamt. „Es wurden seither viele Kleinigkeiten gemacht, wie beispielsweise Bordsteine abgesenkt“, berichtet VdK-Kreisvorsitzender Hartmut Stiller. Für größere Projekte fehle aber oft das Geld. Bei Neubauten sei es mittlerweile selbstverständlich, barrierefrei zu planen. Altbauten zu entschärfen, sei hingegen schwierig, weil der Denkmalschutz häufig einen Strich durch die Rechnung mache. Als Nächstes wird der Eingang zur Tourist-Information umgebaut: „Wir haben den Oberbürgermeister in einen Rollstuhl gesetzt, damit er versuchen kann, ob er über die Treppenstufe kommt.“
Der VdK-Ortsverband Lebach und Landsweiler im saarländischen Kreisverband Saarlouis veranstaltet regelmäßig Weiterbildungskurse für seine Mitglieder im Stadtteil Niedersaubach. Darunter sind auch Tablet-Kurse für ältere Menschen, die von der Landesmedienanstalt unterstützt werden. Ein Mitglied konnte jedoch nicht teilnehmen, weil es im Rollstuhl sitzt und das Antoniusheim nur über eine Stufe erreichbar ist. Der VdK-Ortsverband wusste Rat und bat Karl-Hans Kraus, eine Rampe anzufertigen. Kraus, gelernter Schreiner, berät als Lotse für Alltagsunterstützende Assistenzlösungen (AAL) Menschen mit Behinderung. Mithilfe der Rampe ist es nun auch Menschen mit Rollstuhl und Rollator problemlos möglich, in die Veranstaltungsstätte zu kommen.
Bernhard Wislaug nutzt fast täglich den S-Bahnhof Berlin-Schöneweide, der bereits seit mehreren Jahren umgebaut wird. Bei einer Bürgerversammlung erfuhr der Kreisverbandsvorsitzende des VdK Treptow-Köpenick, dass die Deutsche Bahn sämtliche Fahrstühle für drei Jahre schließen wollte. Das hätte bedeutet, dass Menschen mit Mobilitätseinschränkungen, wie Wislaug und seine Frau, den Bahnhof so lange nicht hätten nutzen können. Dagegen setzte er sich mithilfe des VdK zur Wehr. „Wir haben beim Bundesbeauftragten für Menschen mit Behinderung Beschwerde eingelegt und um Schlichtung gebeten“, erinnert er sich. Auch weitere Sozial- und Behindertenverbände sowie der Bezirksbehindertenbeirat wandten sich an die Schlichtungsstelle.
Eigentlich hatte die Deutsche Bahn für die Dauer der Aufzugsschließung Zubringerbusse zum nächstgelegenen S-Bahnhof einsetzen wollen. Nach dem Schlichtungstermin lenkte sie ein. Nun wurden Ersatzaufzüge installiert, damit Menschen mit Behinderung auch weiterhin den Bahnhof nutzen können.
Ideale Bedingungen
Wenn es um Barrierefreiheit geht, nimmt die sächsische Stadt Bautzen eine Vorreiterrolle ein. „Bei der Zusammenarbeit mit dem Bauamt haben wir Bedingungen, von denen andere nur träumen können“, berichtet Gert Rolle, VdK-Mitarbeiter in der Bautzener Beratungsstelle. Der Kontakt besteht bereits Jahrzehnte, wurde aber in den letzten Jahren intensiviert. Unter der Regie der Behindertenbeauftragten des Landkreises, Franziska Pohling, wurde eine Mini-Arbeitsgemeinschaft ins Leben gerufen, bestehend aus dem VdK, Vertretern des Blinden- und Sehbehindertenverbands und bei Bedarf des Gehörlosenverbands.
„Wir bekommen alle Projekte, die vom Bauamt ausgehen, zur Stellungnahme“, so Rolle. Meist kommt es dann zu einem oder mehreren Treffen mit den Planern, bei denen die Arbeitsgemeinschaft ihre Vorstellungen einbringen kann. „Baufirmen für die Probleme von Menschen mit Behinderung zu sensibilisieren, ist ein langwieriger Prozess“, weiß er. In Bautzen helfe jedoch in der Regel eine E-Mail an das Bauamt, um sofort Abhilfe zu schaffen.
Annette Liebmann
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