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Das Deutsche Museum in München hat mit seinem neu eröffneten Ausstellungsbereich einen großen Schritt zur Barrierefreiheit gemacht. VdK-Präsidentin Verena Bentele konnte sich bei einem Rundgang davon überzeugen.
Vincent van Goghs Sonnenblumen-Gemälde gehören zu den berühmtesten Kunstwerken der Welt. VdK-Präsidentin Verena Bentele, die von Geburt an blind ist, kannte diese bisher nur aus Erzählungen und Beschreibungen anderer. Nun konnte sie die Sonnenblumen mit den Fingern buchstäblich begreifen. Das Deutsche Museum in München ließ für seinen neuen Ausstellungsbereich „Bild – Schrift – Code“ ein Bronzerelief anfertigen, bei dem die Formen und Konturen als dreidimensionale Struktur nachgebildet sind. Verena Bentele strahlte, als sie mit ihren Fingern über die Blüten und Stengel der Sonnenblumen glitt.
Ein paar Schritte weiter hängen an einer Wand viele verschiedene Varianten des Buchstabens „a“, ebenfalls dreidimensional und in unterschiedlichen Schreibweisen sowie Sprachen dargestellt. Mit Interesse ertastete die VdK-Präsidentin diese und meinte dazu: „In Braille-Schrift ist a nur ein Punkt.“
Wolfgang M. Heckl, Generaldirektor des Deutschen Museums, hatte Verena Bentele gemeinsam mit zahlreichen Reporterinnen und Reportern sowie Kameraleuten und Fotografen zu diesem Rundgang eingeladen. Er betonte, dass das traditionsreiche Haus ein „Museum für alle“ sein soll. Daher spiele Barrierefreiheit bei der Modernisierung eine große Rolle, sagte er. So seien nun sämtliche Ausstellungen auf der Museumsinsel per Rampe, Aufzug oder Hublift zugänglich.
Sandra Kittmann, die beim Deutschen Museum für Barrierefreiheit zuständig ist, freute sich, dass Verena Bentele von den Tastmodellen begeistert ist. Insgesamt 60 gibt es davon in den bisher fertigen Ausstellungsräumen, und zu allen kann in der kostenlosen App des Deutschen Museums eine Beschreibung angehört werden. Insgesamt enthält die App rund zehn Stunden Audioinhalte. Daneben bietet das Museum Führungen in Gebärdensprache an, und in den Ausstellungen sind „Einfach erklärt“-Texte angebracht.
Natürlich gibt es auf den neu gestalteten 25.000 Quadratmetern Ausstellungsfläche auch große Exponate, für die das Museum bekannt ist. So steht im Bereich „Historische Luftfahrt“ die berühmte „Tante Ju“ des deutschen Herstellers Junkers. Um blinden und sehbehinderten Menschen diese technischen Meilensteine näherzubringen, befinden sich daneben kleine Tastmodelle aus Edelstahl, die Verena Bentele ebenfalls mit großem Interesse erkundet hat.
„Diese Modelle sind einfach toll.“ Sie würde sich noch viel mehr davon wünschen. Alle Flugzeugmodelle, wie beispielsweise die „Libelle“ von Dornier, sind im Maßstab 1:48 nachgebaut, um die unterschiedlichen Größen nachvollziehbar zu machen.
Insgesamt zeigte sich Verena Bentele beeindruckt: „Hier wird großer Wert darauf gelegt, die Vielschichtigkeit von Wissenschaft, Technik und Kunst auch Menschen, die nicht sehen können, zugänglich zu machen. Wenn ich an das Tastmodell der Sonnenblumen von van Gogh denke – so habe ich das noch nie erlebt und gefühlt wie hier. Das ist schon etwas Besonderes“, sagte sie. „Ich freue mich, dass eines der größten und wichtigsten Museen, das wir hier haben, im Bereich Barrierefreiheit so viel tut.“ An die Politik adressiert ergänzte sie: „Barrierefreiheit in Museen sollte verpflichtend sein und keine freiwillige Leistung.“
In der Gesundheits-Abteilung des Deutschen Museums lernte Verena Bentele den menschlichen Körper genauer kennen. An Holzmodellen konnte sie ertasten, wie beispielsweise die Hüfte sowie ein Dreh- und Scharniergelenk funktionieren.
In der Landwirtschafts-Abteilung bekam Verena Bentele, deren Familie am Bodensee einen Bio-Bauernhof betreibt, heimatliche Gefühle. Von zwei Traktoren gibt es ebenfalls Tastmodelle, die bei Berührung sogar das Original-Motorengeräusch abspielen.
Am Ende bekam die VdK-Präsidentin noch ein dickes Buch vorgelegt. „Oh Schreck, Elise ist weg“ ist ein Tastbuch in Braille-Schrift und mit bewegbaren Elementen, das von einem Team des Deutschen Museums entwickelt und in den eigenen Werkstätten gefertigt wurde. Im Kinderreich des Museums können sich blinde und sehbehinderte Kinder dieses ausleihen.
Verena Bentele blätterte von vorne bis hinten und machte sich im Deutschen Museum auf die Suche nach Elise. „Echt toll“, sagte sie. „Als ich Kind war, gab es so etwas ganz selten.“ Sie hatte nur ein einziges Tastbuch. Daher sei dies eine schöne und inklusive Idee, den Jüngsten das Museum spielerisch näherzubringen.
Sebastian Heise
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Schlagworte Museum | Barrierefreiheit
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