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Sozialverband VdK begrüßt, dass auch Menschen mit Behinderung einen Freiwilligendienst machen können
„Ich habe einfach diesen Drang nach draußen, diese Neugierde, die schon immer in mir war.“ Mit 19 Jahren geht die heute 21-jährige Berlinerin Stefanie R. von September 2018 bis März 2020 nach Afrika. Die junge Frau hat Glasknochen und nutzt einen Rollstuhl. Das hält sie aber nicht davon ab, ihr ganz persönliches Abenteuer zu erleben. Mit dem Weltwärts Freiwilligendienst in Ghana entdeckt sie die Welt für sich neu, verlässt ihre Komfortzone und macht Begegnungen, die ihr Leben prägen.
Über die Essener Organisation bezev (Behinderung und Entwicklungszusammenarbeit e. V.) können junge Menschen mit und ohne Behinderung einen internationalen Freiwilligendienst machen. Weltwärts ist ein entwicklungspolitischer Freiwilligendienst, der vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) gefördert wird. „Steffi hat sich bei uns beworben und sich beraten lassen“, sagt Jelena Wander, Projektkoordinatorin bei bezev. „Sie war eineinhalb Jahre in Ghana und wäre gerne noch länger geblieben, aber dann kam Corona dazwischen.“
Zusammen mit ihrer Freundin Esther lebt Steffi in Ghana in einer inklusiven Wohngemeinschaft. Ihre Hauptaufgabe ist die Betreuung von Schulkindern. „Die Zeit in der Schule hat mir einiges abverlangt, aber mich auch vieles gelehrt. Am Anfang war ich echt verklemmt. Ich hatte auch nie was mit Kindern vorher zu tun“, sagt Steffi. „Der Moment, an dem ich merkte, ich bin angekommen, war, als ich einmal alleine mit der Klasse war und die Lehrerinnen gerade nicht da waren. Es haben alle auf mich gehört. Wir konnten gemeinsam an etwas arbeiten. Ab dem Moment dachte ich: Okay, ich glaub, ich krieg’s doch hin.“
Eine Szene, die auch auf einem Video ist, bleibt ihr in besonderer Erinnerung: Sie erklärt den Kindern mit Zeichnungen an der Tafel die Uhrzeit. Die Augen der Kleinen sind gebannt auf sie gerichtet.
Dankbar ist Steffi für die vielen Eindrücke, Glücksmomente und Herausforderungen. „Ich war wirklich viel unterwegs, und immer war ich von hilfsbereiten Freunden und Fremden umgeben. Ganz egal, wie rollstuhluntauglich es ist – es wird sich immer was überlegt und ausgedacht, sodass im Endeffekt alles möglich ist. Nur allein wäre es wahrscheinlich schwierig. Aber man ist nie alleine. Das ist der Punkt.“ Bei ihrem Freiwilligendienst kommt die Berlinerin mit Erwachsenen und Kindern in Afrika sehr schnell ins Gespräch: in der Schule, auf dem Markt, auf den Straßen oder im Taxi. Für sie wird Ghana schon wie eine kleine zweite Heimat.
Im März 2020 kommt Steffi zurück nach Deutschland. Voller Euphorie und bleibender Eindrücke. „Ich habe mich für ein weiter entferntes Land entschieden, weil das Perspektiven ermöglicht, die man zu Hause einfach nicht hat. Und weil ich persönlich auf Herausforderungen und Risiken stehe. Es hat einfach alles gepasst“, fasst die 21-Jährige zusammen. Barrierefreiheit wird in Ghana noch ganz kleingeschrieben. Sie musste viel improvisieren und lernen, zu vertrauen. In ihrem Freiwilligendienst hat sie viele neue Eindrücke gewonnen. Sie war plötzlich gezwungen, sehr selbstständig zu sein, Dinge zu tun und Entscheidungen zu treffen wie nie zuvor. Steffi: „Dadurch bin ich völlig über meine Grenzen gegangen. Nein – ich habe gelernt, sie neu zu setzen.“
VdK-Präsidentin Verena Bentele, die als ehemalige Paralympics-Sportlerin selbst immer wieder an und über ihre Grenzen gegangen ist, ist eine glühende Verfechterin von Freiwilligendiensten: „Eine Gesellschaft braucht freiwilliges Engagement. Wir alle sind Teil dieser Gesellschaft und können etwas für andere geben. Deshalb ist es so wichtig, dass auch Menschen mit Behinderung an Freiwilligendiensten teilnehmen können.“
Bentele hat persönlich sehr gute Erfahrungen mit Freiwilligen gemacht. So haben in den Wohngruppen des Internats, in dem sie als Schülerin einer Blindenschule war, immer auch Freiwillige gearbeitet. „Für uns Schülerinnen und Schüler waren diese jungen Menschen eine große Bereicherung, da wir mit ihnen auch mal auf ein Konzert gehen oder sportlich aktiv sein konnten“, erzählt die VdK-Präsidentin. Auch für die jungen Menschen sei der Einblick in einen sozialen Beruf sehr wertvoll. Für viele sei das der Startpunkt in eine berufliche Tätigkeit mit und für Menschen, im sozialen oder ökologischen Bereich.
„Unsere Meinung als Sozialverband ist sehr positiv zu den Freiwilligendiensten“, betont Bentele. „So bringt diese Zeit für die Freiwilligen viele neue Erfahrungen. Sie lernen neue Perspektiven kennen und geben der Gesellschaft etwas von ihren Fähigkeiten und Talenten.“
Petra J. Huschke
Schlagworte Menschen mit Behinderung | Freiwilligendienst
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