Barrierefrei kommunizieren
Bilder anschauen, Podcasts hören oder schwierige Texte verstehen – Menschen mit Behinderung treffen digital oft auf Barrieren. Dann können sie assistive, das heißt unterstützende Technologien nutzen.
Zugang zu Webseiten, Bildern, Videos, Podcasts und Texten
„Die künstliche Intelligenz – KI hat ganz viel vorangebracht“
, weiß Carola Werning, pädagogische Mitarbeiterin der „Externer Link:Stiftung barrierefrei kommunizieren“. Sie kennt sich aus mit den Tools und Apps, die Menschen mit Beeinträchtigungen dabei unterstützen, selbstständig Texte zu lesen, Bilder anzuschauen oder Gesprochenes zu hören.
Moderne Smartphones, Tablets, Laptops und Co. bieten heutzutage verschiedene Möglichkeiten, das Gerät an individuelle Erfordernisse anzupassen, sagt Werning. Diese seien in der Regel in den Einstellungen über die Begriffe Bedienungshilfen, Eingabehilfen oder Barrierefreiheit zu finden.
Vorlesen lassen
Dann können etwa Texte oder Bildschirmfenster vergrößert angezeigt oder Farbeinstellungen angepasst werden. Auch die Touch-Oberfläche von mobilen Geräten lässt sich individuell anpassen. Zudem können alle modernen Geräte standardmäßig vorlesen – von der E-Mail bis hin zu den Namen von Programmen, so Werning.
Daneben gibt es eine Vielzahl an kostenfreien Apps. Diese ermöglichen etwa das Scannen von Texten mit dem Smartphone, die in digitale Texte umgewandelt und vorgelesen werden können. Das hilft zum Beispiel im Supermarkt, wenn man die Zutatenliste der Pizza lesen möchte. Werning weist darauf hin, dass in neuen Geräten solche Vorlesefunktionen oft schon in der Kamera vorinstalliert sind, sodass eine App überflüssig wird.
Für Menschen mit einer Hörbeeinträchtigung sind dank KI viel häufiger Untertitel für Videos, Audios oder Gesprochenes verfügbar. Diese mussten früher extra produziert werden, was sehr teuer war – durch Spracherkennung automatisch generierte Untertitel wiesen demgegenüber eine viel höhere Fehlerquote auf als heute.
Wer das Betriebssystem Windows 11 nutzt, kann sich Videos und Podcasts mit Untertiteln anzeigen lassen. Diese Auswahl kann in den Einstellungen getroffen werden.
Andere kostenfreie Apps lassen sich per Kopfsteuerung bedienen. Sie richten sich vor allem an Menschen ohne verständliche Lautsprache und mit starken motorischen Beeinträchtigungen. In der App können sie vorgegebene Begriffe oder Sätze durch einen Blick auswählen. Besonders in Notfällen sind sie für Ersthelfer eine wichtige Unterstützung.
Menschen mit Lernschwierigkeiten können Vorlesetechnologien nutzen, wie sie für Menschen mit Sehbeeinträchtigungen entwickelt wurden, erklärt Werning. Sie können aber auch auf Apps wie den kostenpflichtigen „Textvereinfacher“ zurückgreifen. Hier werden Texte fotografiert, digitalisiert, in Einfache Sprache umgewandelt und vorgelesen. Wie weit der Text vereinfacht werden soll, lässt sich vorab individuell festlegen.
KI beschreibt Bilder
Für Werning gab es im Jahr 2023 drei Highlights, die eng mit der KI verknüpft sind. Das sind zum einen Bildbeschreibungen: So können über die App „Externer Link:Be My Eyes“ auch Fotos an ChatGPT gesendet werden, das innerhalb kurzer Zeit eine Bildbeschreibung liefert. Externer Link:ChatGPT ist ein technisches System und vor allem dafür bekannt, dass es mit Menschen sprechen kann. „Schon früher wurden mit Hilfe von KI Bilder beschrieben, aber nur sehr rudimentär. Heute stehen Objekte und deren Beziehungen im Fokus. Das ist viel anschaulicher.“
Auch die Spracherkennung für Menschen mit einer Hörbeeinträchtigung hat sich durch KI deutlich weiterentwickelt. Früher war sie oft sinnentstellend, so Werning. Heute verwendet sie korrekte Zeichensetzung, korrigiert sich selbst und tauscht gleichlautende Begriffe aus, bis sie einen Sinn ergeben. Ihr drittes Highlight ist die Möglichkeit, Texte in Leichte Sprache zu übertragen. Dadurch haben Menschen mit Lernschwierigkeiten einen einfachen Zugang zu Originaltexten, den sie so vorher nicht hatten.
Und was fehlt der Expertin? „Der größte Nachholbedarf liegt bei der Barrierefreiheit. Es geht zu langsam voran“
, sagt sie. Zudem seien manche Apps sehr komplex. „Noch einfacher und intuitiver müssten sie sein. Schauen wir, was die Zukunft bringt.“