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Betreiber eines Wohnheimes für behinderte Menschen sollten immer auch die Wassertemperatur in den Badezimmern der Bewohner und die dazu geltenden DIN-Normen im Blick haben. Denn es gehört zu den Pflichten des Heimträgers, dass er seine ihm anvertrauten Bewohner vor Verbrühungen beim Baden schützt. Das hat der Bundesgerichtshof entschieden.
Heimbetreiber unterliegen einer besonderen Pficht gegenüber den Menschen mit Behinderungen, die in ihren Einrichtungen leben, wenn diese „aufgrund körperlicher oder geistiger Einschränkungen“ nicht in der Lage sind, auf Gefahren reagieren zu können. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe am 22. August 2019 geurteilt (Az.: III ZR 113/18).
Damit kann sich eine heute 50-jährige, geistig behinderte Frau Hoffnung auf Schadenersatz und Schmerzensgeld machen. Sie lebt seit März 2012 in einem Wohnheim für geistig behinderte Menschen im Land Bremen. Zum wiederholten Male nahm sie im April 2013 mit Erlaubnis einer ihrer Betreuerinnen alleine ein Bad.
Dazu ließ sie heißes Wasser in eine in einer Dusche bereitgestellten Sitzbadewanne ein. Doch diesmal nahm das Bad einen unglücklichen Verlauf. Das einfließende Wasser war extrem heiß, so dass die Frau schwerste Verbrühungen an Füßen und Unterschenkeln erlitt. Infolge ihrer Behinderung konnte sie nur laut schreien und sich nicht selbst helfen. Erst nachdem ein anderer Heimbewohner das Wasser abließ und dann eine Pflegekraft informierte, konnte die 50-Jährige aus dem heißen Bad gerettet werden.
Infolge der Verbrühungen wurden mehrere Hauttransplantationen notwendig. Die Frau infizierte sich dabei auch noch mit einem multiresistenten Krankenhauskeim. Sie ist inzwischen wegen der Herausbildung sogenannter Spitzfüße auf einen Rollstuhl angewiesen.
Die von ihrer Mutter vertretene Frau verlangte von dem Heimträger nun Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 50.000 Euro sowie eine monatliche Rente von 300 Euro. Der Heimträger habe seine Schutzpflichten verletzt. Das austretende Wasser müsse fast 100 Grad Celsius heiß gewesen sein. Die DIN-Norm „EN 806-2: Technische Regeln für Trinkwasser-Installationen“ empfehle dagegen nur eine höchste Temperatur von 43 Grad Celsius. Die Installationen in dem Heim würden diese aber nicht einhalten. Dann hätte zumindest eine Pflegekraft die Wassertemperatur kontrollieren müssen, so die Mutter.
Dem stimmte im Grundsatz nun auch der BGH zu. Ein Heimbetreiber habe die Pflicht, „unter Wahrung der Würde und des Selbstbestimmungsrechts der ihm anvertrauten Bewohner diese vor Gefahren zu schützen, die sie nicht beherrschen“. Dazu gehöre auch der Schutz vor Verbrühungen im Bad.
Solch ein Schutz könne die Einhaltung der seit Juni 2005 geltenden DIN-Norm für Trinkwasserinstallationen in Heimen, Kindergärten oder auch Kliniken und die darin enthaltene Empfehlung für eine Wassertemperatur von höchstens 43 Grad Celsius sein. Zwar seien hier die Installationen des Heimes älter, dennoch lasse sich aus den Regelungen die Gefahr von Verbrühungen entnehmen. Dies müsse dem Heimträger auch bekannt sein.
Zum Schutz jener Bewohner, die wegen ihrer körperlichen oder geistigen Verfassung nicht in der Lage sind, die mit heißen Wasser verbundenen Gefahren zu beherrschen, könne der Heimträger die Trinkwasser-Installationen entsprechend der DIN-Norm anpassen. Der Aufwand hierfür sei auch zumutbar, denn schon ein Austausch der Mischarmaturen reiche aus.
Andernfalls müsse der Heimträger bei schutzbedürftigen Bewohnern gewährleisten, dass eine Pflegekraft die Wassertemperatur kontrolliert. Komme der Heimträger seiner Schutzpflicht nicht nach, könne er bei einem Unfall schadenersatzpflichtig sein, so der BGH.
Den konkreten Fall wiesen die Karlsruher Richter jedoch an das Oberlandesgericht Bremen zurück. Dieses müsse noch Feststellungen treffen, ob die Klägerin wegen ihrer Behinderung zu dem schutzbedürftigen Personenkreis gehört, der nicht auf die Gefahr einer Verbrühung reagieren kann.
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©Juragentur / ime
Schlagworte Behinderung | Gesundheit | Krankheit | BGH
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