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Das Bundessozialgericht hat ein für gesetzlich Versicherte wichtiges Urteil gefällt: Danach dürfen Versicherte sich auch im Ausland behandeln lassen, wenn ihre Krankenkasse ihren Antrag auf Leistungen zu spät ablehnt. Dann ist ein Versicherter nicht mehr an einen zugelassenen Leistungserbringer gebunden.
In dem Fall, der dem Bundessozialgericht (BSG) in Kassel vorlag, ging es um einen gesetzlich Versicherten aus Hessen, der sich nach einer massiven Gewichtsabnahme Haut an Bauch und Brust straffen lassen wollte. Bei seiner Krankenkasse stellt er einen Antrag auf Übernahme der Kosten. Die Kasse reagierte nicht und lehnte den Antrag erst nach über sechs Wochen ab.
Der Versicherte ließ den Eingriff in einer Klinik in Istanbul vornehmen, wo Hautstraffungen deutlich günstiger sind als in Deutschland. Die Kosten von 4.200 Euro forderte er aber von seiner Krankenkasse zurück.
Der Patient begründete das mit neuen Vorschriften, mit denen der Gesetzgeber 2013 die Patientenrechte gestärkt hatte. Danach haben Krankenkassen drei Wochen Zeit, um einen Leistungsantrag zu bearbeiten. Holen sie ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) ein, sind es fünf Wochen.
Im März 2016 hatte das Bundessozialgericht in Kassel betont, dass bei einem Verstoß gegen diese Fristen der Antrag als „fiktiv genehmigt“ gilt.
Demgegenüber meinte die Krankenkasse, trotz des Fristversäumnisses hätte sie nur die Kosten für eine Operation in einem von den gesetzlichen Krankenkassen zugelassenen Krankenhaus in Deutschland tragen müssen.
Dem waren die Instanz-Gerichte noch gefolgt. Das BSG gab nun jedoch dem Versicherten Recht. Weil seine Ärzte die Hautstraffung befürwortet hätten, habe der Versicherte die Behandlung für erforderlich halten dürfen. Der entsprechende Antrag sei wegen der Fristversäumnis „fiktiv genehmigt“ gewesen.
Vor diesem Hintergrund sei die Ablehnung nach erst mehr als sechs Wochen rechtswidrig. Der Versicherte habe nun gar nicht mehr die Möglichkeit gehabt, den ja fingiert genehmigten Eingriff innerhalb des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung vornehmen zu lassen. Daher sei er nicht mehr auf die zugelassenen Leistungserbringer beschränkt gewesen.
Die fiktiv bewilligte Leistung habe er sich auch privat beschaffen dürfen – auch in der Türkei. In medizinischer Hinsicht habe die Operation in der Türkei Behandlung entsprochen, die der Mann beantragt habe und die fiktiv genehmigt worden sei. Das BSG sprach dem jungen Mann die Kostenerstattung für die Hautstraffung in der Türkei zu (Urteil vom 11. September 2018, Az.: B 1 KR 1/18 R).
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Schlagworte gesetzliche Krankenkassen | gesetzliche Krankenversicherung | Antrag | Leistung | Krankheit | Operation | Ausland | Behandlung | Bewilligung
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