21. August 2018
URTEILE IM SOZIALRECHT

Gleichbehandlung für Patchwork-Familien bei Kassenbeiträgen

Freiwillig Krankenversicherte in einer Patchworkfamilie können verlangen, dass wegen der privat versicherten Kinder ihres Partners ihr Krankenkassenbeitrag gemindert wird. Entgegen bisheriger Praxis ist die Beitragsminderung nicht auf gemeinsame Kinder beschränkt, entschied das Bundessozialgericht.

Ein Patchworkfamilie sitzt in einem Park.
Krankenkassenbeiträge: Welche Regeln gelten bei Patchworkfamilien ? | © imago/photothek

Wer freiwillig krankenversichert ist und in einer Patchworkfamilie lebt, der dürfte sich für dieses Urteil interessieren: Das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel hat entschieden, dass freiwillig Krankenversicherte in einer Patchworkfamilie eine Minderung ihrer Krankenkassenbeiträge verlangen dürfen, wenn die Kinder ihres Partners privat versichert sich. Diese Regelung ist nach diesem Urteil also nicht mehr auf gemeinsame Kinder beschränkt (Urteil vom 15. August 2018, Az.: B 12 KR 8/17 R). Erhalte der privat versicherte Partner allerdings für seine Kinder von dem externen früheren Partner Unterhalt, müsse dies bei den Kassenbeiträgen angerechnet werden, so die Kasseler Richter.

Patchwork-Familien: Regeln bei freiwillig Krankenversicherten

Geklagt hatte eine verheiratete, freiwillig krankenversicherte Frau aus Hessen. Sie lebt mit ihren drei Kindern, mit ihrem privat krankenversicherten Ehemann und dessen drei Kindern in einer Patchwork-Familie zusammen. Während die Kinder der Frau beitragsfrei in der gesetzlichen Krankenversicherung familienversichert sind, mussten sich die Kinder des Ehemannes ebenso wie ihr Vater privat versichern.

Da die Frau im Streitzeitraum vom 1. Juli bis 31. Dezember 2009 über kein eigenes Einkommen verfügte, zog ihre Krankenversicherung, die HIK Hanseatische Krankenkasse, die Hälfte der Einkünfte des Mannes zur Berechnung der Krankenkassenbeiträge heran. Die gesetzlichen Regelungen sehen dies generell vor, wenn das eigene Einkommen geringer ist als das des privat versicherten Partners.

Minderung des Krankenkassenbeitrags bei gemeinsamen Kindern

Nach von den Krankenkassen festgelegten Regelungen können freiwillig Versicherte aber für ihre gemeinsamen Kinder eine Minderung des Kassenbeitrags beanspruchen. Für die privat versicherten Kinder des Ehemannes hatte die Krankenkasse dies dagegen verweigert. Denn diese seien keine „gemeinsamen Kinder“.

Die Frau sah darin eine unzulässige Benachteiligung. Wenn schon ihr Kassenbeitrag sich nach der Hälfte des Einkommens des Ehemannes berechnen solle, müssten im Gegenzug auch dessen Kinder mindernd berücksichtigt werden. Es stelle eine Ungleichbehandlung dar, wenn „gemeinsame Kinder“ den Kassenbeitrag senken können, im selben Haushalt lebende „nicht gemeinsame Kinder“ aber nicht.

Vor dem BSG bekam die Klägerin dem Grunde nach Recht. Die obersten Sozialrichter verwiesen dabei auf den im Grundgesetz verankerten Schutz von Ehe und Familie. Nach den geltenden Bestimmungen könne entgegen der Auffassung der Krankenkasse nicht abgeleitet werden, dass für nicht-gemeinsame Kinder keine Beitragsminderung infrage komme.

Beitragsminderung auch bei Kindern des Partners

Die Kasse müsse daher „auch bei nicht gemeinsam und zugleich nicht-familienversicherten, aber unterhaltsberechtigten Kindern des Ehegatten oder Lebenspartners Absetzungen bis zu einem Drittel der monatlichen Bezugsgröße von dessen zu berücksichtigenden Einnahmen“ vornehmen. Die sogenannte Bezugsgröße entspricht dem Durchschnittsentgelt der gesetzlichen Rentenversicherung im vorletzten Kalenderjahr Derzeit sind dies 3.045 Euro, ein Drittel also 1.015 Euro.

Zahle allerdings der externe frühere Partner des Privatversicherten für die Kinder Unterhalt, müsse dies ebenfalls berücksichtigt und auf die Minderung der Kassenbeiträge angerechnet werden.

Im konkreten Fall muss daher das Hessische Landessozialgericht noch prüfen, ob der Ehemann der Klägerin für seine eigenen Kinder Unterhaltszahlungen erhält.

Lesen und sehen Sie mehr:

SOZIALRECHT
Eine freundlich lächelnde Familie sitzt und liegt zusammen.
Patchwork-Familien mit unverheirateten Eltern können kein höheres Kindergeld verlangen. Das geht nur bei einem verheirateten Paar, so der Bundesfinanzhof. | weiter
20.07.2018 | ©Juragentur
SOZIALRECHT
Ein Brief einer Familienkasse.
Wenn Kinder zwischen zwei Ausbildungsabschnitten eine unnötige Pause einlegen, bekommen ihre Eltern kein Kindergeld mehr, so der Bundesfinanzhof. | weiter
08.06.2018 | ©Juragentur

VdK-TV: Krankenkassenwechsel - Pro und Contra und wie geht das überhaupt? (UT)

Welche Krankenkasse ist für mich die richtige? Soll ich die Kasse wechseln? Und was muss ich überhaupt tun, wenn ich wechseln will?

©Juragentur

Schlagworte gesetzliche Krankenkassen | private Krankenversicherung | Beiträge | Krankenkassenbeiträge | Beitragsminderung

VdK-Rechtsberatung

Der Sozialverband VdK berät und vertritt seine Mitglieder im Bereich gesetzliche Rentenversicherung, zum Beispiel zum Thema Erwerbsminderungsrente.

Mitgliedschaft
Das Bild zeigt eine Frau an einem Tablet, auf welchem die Beitrittserklärung zum VdK geöffnet ist.
Es gibt viele gute Gründe für eine Mitgliedschaft im VdK - dem mit mehr als 2 Millionen Mitgliedern größten Sozialverband Deutschlands. | weiter

VdK-TV: Wie funktioniert ein Sozialgericht?

Bericht eines ehrenamtlichen Richters über den Arbeitsplatz Sozialgericht und über die Abläufe einer Verhandlung.


VdK-TV: Kämpfen lohnt sich - wie der VdK einer Postpolio-Patientin hilft (UT)

Renate Poisel aus Weiden in der Oberpfalz, stark beeinträchtigt durch die Folgen einer Kinderlähmung, musste sich nahezu alle Hilfsmittel mit Hilfe des Sozialverbandes VdK erstreiten.


Datenschutzeinstellungen

Wir setzen auf unserer Website Cookies ein. Einige von ihnen sind notwendig, während andere uns helfen, unser Onlineangebot zu verbessern.

  • Notwendig
  • Externe Medien
Erweitert

Hier finden Sie eine Übersicht über alle verwendeten Cookies in externen Medien. Sie können Ihre Zustimmung für bestimmte Cookies auswählen.