11. Oktober 2018
SOZIALRECHT

BSG: Ungleichbehandlung bei Mütterrente sachlich begründet

Kindererziehungszeiten für vor und nach 1992 geborene Kinder sind bei der Rente nicht gleich viel wert. Es stellt keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung dar, dass Mütter für ihre vor 1992 geborenen Kinder nur zwei Jahre Kindererziehungszeiten auf ihre Rente angerechnet bekommen, Mütter mit später geborenen Kindern sich aber drei Erziehungsjahre rentenerhöhend anrechnen lassen können, entschied das Bundessozialgericht.

Symbolfoto: Kleinkind an der Hand seiner Mutter
© Rainer Sturm/pixelio.de

Für ab 1992 geborene Kinder werden einem Elternteil, meist der Mutter, drei Erziehungsjahre rentensteigernd angerechnet – der Höhe nach so, als hätten sie drei Jahre lang Beiträge aus einem Durchschnittseinkommen bezahlt. Für vor 1992 geborene Kinder war es zunächst nur ein Jahr, nach der Gesetzesänderung im Zuge der „Mütterrente“ sind es seit Juli 2014 zwei Jahre. 9,5 Millionen Renten wurden daraufhin ohne Antrag automatisch neu berechnet. Die Kosten von 6,6 Milliarden Euro jährlich werden nicht aus Steuergeldern bezahlt, hierfür kommen die Beitragszahler auf.

Demgegenüber können sich Mütter mit später geborenen Kindern drei Erziehungsjahre rentenerhöhend anrechnen lassen. Die ungleiche Behandlung von Müttern hat das Bundessozialgericht (BSG) in einem am 11. Oktober 2018 bekanntgegebenen Urteil vom Vortag bestätigt (Az.: B 13 P 34/17 R).

Mutter klagt auf drei Erziehungsjahre bei ihrer Rente

Eine Mutter aus dem Raum Bayreuth wollte jedoch für ihr 1979 geborenes Kind ebenfalls drei Kindererziehungsjahre bei ihrer Rente berücksichtigt wissen. Anderenfalls stelle dies eine unzulässige Ungleichbehandlung dar.

Der Staat sei nach dem Grundgesetz zur Förderung der Familie verpflichtet. Die Berücksichtigung von drei Kindererziehungsjahren für alle Kinder bei der Rentenhöhe hätte ohne weiteres aus Steuermitteln finanziert werden können. Mit der Geburt ihres Kindes und damit eines späteren Beitragszahlers leiste sie einen „generativen Beitrag“, der das Rentenversicherungssystem stützt. Dies müsse honoriert werden, so die Klägerin.

Das BSG urteilte, dass es für eine Berücksichtigung von drei Jahren Kindererziehungszeit an einer gesetzlichen Grundlage fehlt. Der Staat müsse zwar von Verfassungswegen Familien fördern. Einen unmittelbaren Anspruch aus dem Grundgesetz für eine höhere Rente gebe es aber nicht.

Ungleiche Behandlung von Müttern keine Diskriminierung

Der Gesetzgeber habe einen weiten Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum, wie er Familien – hier Eltern wegen ihrer Kindererziehung – fördert. Entscheide er sich für Rentenvorteile für kindererziehende Eltern, dürfe er dies von der Finanzierbarkeit und damit von der allgemeinen Haushaltslage und der finanziellen Situation der gesetzlichen Rentenversicherung abhängig machen. Danach war es sachlich gerechtfertigt, dass der Staat Mütter mit vor und nach 1992 geborenen Kindern unterschiedlich behandelt.

Die damit einhergehende Ungleichbehandlung habe er auch schrittweise abgebaut. So könnten Mütter mit vor 1992 geborenen Kindern seit Juli 2014 nun zwei Jahre Kindererziehungszeiten angerechnet bekommen. Vorher war dies noch ein Jahr.

Bereits am 28. Juni hatte der 5. Senat des BSG ähnlich entschieden (Az.: B 5 R 12/17 R). Dass der Gesetzgeber im Zuge der sogenannten Mütterrente 2014 die Ungleichbehandlung zwar verringert, aber nicht komplett beseitigt hat, begegnet „keinen verfassungsrechtlichen Bedenken“.

Lesen und sehen Sie mehr:

SOZIALRECHT
Zwei Frauen unterschiedlichen Alters sitzen zusammen an einem Tisch.
Das Bundessozialgericht hat heute die Ungleichbehandlung der Rentenansprüche von Frauen mit Kindern bestimmter Geburtsjahrgänge bestätigt. | weiter
28.06.2018 | ©Juragentur
RENTE
Symbolfoto: Piktogramme von Mutter mit Kind an der Hand auf dem Asphalt. Darauf liegen Herbstblätter.
2019 kommt eine Verbesserung bei der Mütterrente - eine vollständige Gleichstellung ist damit aber noch nicht erzielt. Der VdK fordert drei Rentenpunkte für alle Betroffenen. | weiter
10.10.2018 | ikl

Wie sieht ein gerechtes Rentensystem aus? Verena Bentele zum Rentenpakt

Der Sozialverband VdK hat viele Ideen, wie ein soziales und gerechtes Rentensystem aussehen sollte. Wichtig ist dabei, den Menschen ein gutes Auskommen zu sichern. Gerade wenn sie lange gearbeitet und in die Rentenkasse eingezahlt haben.

©Juragentur

Schlagworte Altersrente | Mütterrente | Kinder | Mütter | Diskriminierung | Bundessozialgericht

VdK-Rechtsberatung

Der Sozialverband VdK berät und vertritt seine Mitglieder im Bereich gesetzliche Rentenversicherung, zum Beispiel zum Thema Erwerbsminderungsrente.

Mitgliedschaft
Das Bild zeigt eine Frau an einem Tablet, auf welchem die Beitrittserklärung zum VdK geöffnet ist.
Es gibt viele gute Gründe für eine Mitgliedschaft im VdK - dem mit mehr als 2 Millionen Mitgliedern größten Sozialverband Deutschlands. | weiter

VdK-TV: Wie funktioniert ein Sozialgericht?

Bericht eines ehrenamtlichen Richters über den Arbeitsplatz Sozialgericht und über die Abläufe einer Verhandlung.


VdK-TV: Kämpfen lohnt sich - wie der VdK einer Postpolio-Patientin hilft (UT)

Renate Poisel aus Weiden in der Oberpfalz, stark beeinträchtigt durch die Folgen einer Kinderlähmung, musste sich nahezu alle Hilfsmittel mit Hilfe des Sozialverbandes VdK erstreiten.


Datenschutzeinstellungen

Wir setzen auf unserer Website Cookies ein. Einige von ihnen sind notwendig, während andere uns helfen, unser Onlineangebot zu verbessern.

  • Notwendig
  • Externe Medien
Erweitert

Hier finden Sie eine Übersicht über alle verwendeten Cookies in externen Medien. Sie können Ihre Zustimmung für bestimmte Cookies auswählen.