26. Juni 2018
SOZIALRECHT

Trotz Abfindung kürzer auf Arbeitslosengeld warten

Eine zum Ende des Arbeitsverhältnisses gezahlte Abfindung muss nicht zu einem langen Ruhen des Arbeitslosengeldes führen. Wenn der Arbeitgeber die reguläre Kündigungsfrist eingehalten hat, darf die Arbeitsagentur allenfalls eine Sperrzeit von zwölf Wochen verhängen, so das Bundessozialgericht in Kassel.

Auf einer Tür prangt das
Arbeitslosengeld und Abfindung - schließt sich das aus? | © imago/Revierfoto

Eine Abfindung muss nicht dazu führen, dass man lange auf die Zahlung seines Arbeitslosengeldes warten muss. Rechtens ist maximal eine Sperrzeit von zwölf Wochen, urteilte am 21. Juni 2018 das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel (Az.: B 11 AL 13/17 R).

Es gab damit einer früheren Mitarbeiterin der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Hessen Recht. Die KV hatte 2009 Umstrukturierungen beschlossen, darunter die Schließung der Bezirksstellen in Limburg und Marburg. Soweit die KV keine andere Stelle anbieten konnte, erhielten die betroffenen Mitarbeiter eine mit dem Gesamtpersonalrat vereinbarte Abfindung.

Im November 2009 vereinbarte die KV mit der Klägerin eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. März 2010. Sie erhielt eine Abfindung von 6.925 Euro.

Wann darf Arbeitsagentur Sperrzeit beim Arbeitslosengeld verhängen?

Laut Gesetz kann die Arbeitsagentur eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld von bis zu zwölf Wochen verhängen, wenn Arbeitnehmer selbst gekündigt haben oder aus anderen Gründen selbst für ihre Arbeitslosigkeit verantwortlich sind. Das wird meist auch angenommen, wenn – wie hier – Arbeitnehmern nicht formell gekündigt, sondern ein Aufhebungsvertrag vereinbart wurde.

Darüber hinaus kann das Arbeitslosengeld weiter ruhen, wenn Arbeitnehmer eine Entlassungsentschädigung erhalten haben. Die Ruhensdauer kann bis zu ein Jahr betragen und hängt im Einzelfall unter anderem vom Alter, Beschäftigungsdauer und Höhe der Abfindung ab. Allerdings schließt das Gesetz ein solches Ruhen aus, wenn das Arbeitsverhältnis erst nach Ablauf der jeweils gültigen Kündigungsfrist beendet wird.

Im Streitfall war die Kündigungsfrist von drei Monaten eingehalten worden. Dennoch bewilligte die Arbeitsagentur Arbeitslosengeld erst ab dem 24. September 2010, was einer Sperrzeit von zwölf Wochen und einem Ruhen von weiteren drei Monaten entspricht.

Hintergrund sind immer wieder auftretende Versuche der Arbeitsverwaltung, statt der tatsächlichen Kündigungsfrist aus den Umständen des Einzelfalls eine längere, „fiktive Kündigungsfrist“ abzuleiten.

Dem schob das BSG nun einen Riegel vor. Eine solche Einzelfallprüfung mit abweichenden fiktiven Kündigungsfristen ist mit Wortlaut und Zweck des Gesetzes nicht vereinbar, urteilten die Richter. Das Gesetz knüpfe grundsätzlich an die rechtlichen Fristen für eine ordentliche Kündigung an. Ob, wie hier von der Arbeitsagentur angenommen, eine ordentliche Kündigung im Einzelfall möglicherweise erschwert gewesen wäre, sei „unerheblich“.

Lesen Sie mehr:

SOZIALRECHT
Arbeitslose, die in kurzer Zeit drei Jobangebote von der Arbeitsagentur bekommen und sich nicht bewerben, dürfen nicht mit drei Sperrzeiten belegt werden. | weiter
04.05.2018 | ©Juragentur
SOZIALRECHT
Das Bild der Agentur für Arbeit ist zu sehen. Ein weißes "A" in rotem Kreis.
Arbeitssuchende sollten Termine bei der Arbeitsagentur absagen, wenn sie verhindert sind. Wer stattdessen sofort zum Anwalt geht, muss ihn selbst bezahlen. | weiter
17.04.2018 | ©Juragentur

©Juragentur

Schlagworte Arbeitsagentur | arbeitslos | Arbeitslosengeld | abfindung | Sperrzeit

VdK-Rechtsberatung

Der Sozialverband VdK berät und vertritt seine Mitglieder im Bereich gesetzliche Rentenversicherung, zum Beispiel zum Thema Erwerbsminderungsrente.

Mitgliedschaft
Das Bild zeigt eine Frau an einem Tablet, auf welchem die Beitrittserklärung zum VdK geöffnet ist.
Es gibt viele gute Gründe für eine Mitgliedschaft im VdK - dem mit mehr als 2 Millionen Mitgliedern größten Sozialverband Deutschlands. | weiter

VdK-TV: Wie funktioniert ein Sozialgericht?

Bericht eines ehrenamtlichen Richters über den Arbeitsplatz Sozialgericht und über die Abläufe einer Verhandlung.


VdK-TV: Kämpfen lohnt sich - wie der VdK einer Postpolio-Patientin hilft (UT)

Renate Poisel aus Weiden in der Oberpfalz, stark beeinträchtigt durch die Folgen einer Kinderlähmung, musste sich nahezu alle Hilfsmittel mit Hilfe des Sozialverbandes VdK erstreiten.


Datenschutzeinstellungen

Wir setzen auf unserer Website Cookies ein. Einige von ihnen sind notwendig, während andere uns helfen, unser Onlineangebot zu verbessern.

  • Notwendig
  • Externe Medien
Erweitert

Hier finden Sie eine Übersicht über alle verwendeten Cookies in externen Medien. Sie können Ihre Zustimmung für bestimmte Cookies auswählen.