22. Februar 2018
SOZIALRECHT

BGH: Hartz-IV-Nachzahlung darf nicht gepfändet werden

Wem ein Jobcenter Arbeitslosengeld II nachzahlt, darf diese behalten. Zumindest darf dieses Geld nicht gepfändet werden. Eine Pfändung würde dem gesetzlichen Zweck der Hartz-IV-Leistungen zuwiderlaufen, so der Bundesgerichtshof in einem Beschluss.

Man sieht ein Jobcenter, die Behörde, die Hartz-IV-Leistungen auszahlt.
Wenn Jobcenter Hartz-IV-Leistungen nachzahlen - dürfen diese gepfändet werden? | © imageo/Jürgen Ritter

Pfändungen von Nachzahlungen an Arbeitslosengeld II-Leistungen sind künftig ausgeschlossen. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) in einem am 21. Februar 2018 veröffentlichten Beschluss festgelegt. Die Karlsruher Richter begründeten dies damit, die Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums setze voraus, dass diese Leistungen bei den Hilfebedürftigen verbleiben. (Az.: VII ZB 21/17).

Konkret ging es um eine alleinerziehende Mutter von zwei minderjährigen Kindern aus dem hessischen Idstein. Die Hartz-IV-Bezieherin war überschuldet. Ihr Arbeitslosengeld II erhielt sie auf ihr Pfändungsschutzkonto überwiesen.

Doch für die Monate März bis November 2015 hatte das Jobcenter zu geringe Leistungen gezahlt. Es kam daher im Oktober 2016 zu einer Nachzahlung in Höhe von insgesamt 5.584,16 Euro.

Existenzminimum: Wie viel Geld darf man behalten?

Daraufhin forderte der Gläubiger die Begleichung der Schulden. Das Geld könne – bis auf die geltenden Freibeträge – gepfändet werden, da das Existenzminimum der Frau ja zum gegenwärtigen Zeitpunkt gedeckt sei.

Doch das Landgericht Wiesbaden urteilte, dass die 5.584,16 Euro als pfändungsfrei gelten müssen. Der Betrag sei auf die Monate März bis November 2015 aufzuteilen, in denen die Frau die Grundsicherungsleistungen hätte erhalten müssen. Der Schuldnerin mit ihren zwei minderjährigen Kindern stehe dabei ein Pfändungsfreibetrag von 1.709 Euro monatlich zu. Dieser Betrag werde nicht überschritten, wenn die Jobcenter-Nachzahlung auf die einzelnen Monate aufgeteilt werde.

Die vom Gläubiger eingelegte Rechtsbeschwerde wies der BGH nun mit seinem Beschluss vom 24. Januar 2018 zurück. Zu Recht habe das Landgericht den Nachzahlungsbetrag auf die einzelnen Monate verteilt und dann erst den Pfändungsfreibetrag zugrunde gelegt. Bei der Hartz-IV-Nachzahlung handele es sich zudem um Leistungen zur Sicherstellung eines menschenwürdigen Existenzminimums. Ein fehlender Pfändungsschutz für die Hartz-IV-Nachzahlung würde aber den Gläubigern zugutekommen. Dies widerspräche dem Zweck des Arbeitslosengeldes II, wonach das Geld den Leistungsempfängern und nicht Gläubigern zufließen solle.

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Schlagworte Armut | Jobcenter | Pfändung | Existenzminimum

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