24. Januar 2018
SOZIALRECHT

Gruppenarbeit außerhalb des Unterrichts: Schüler versichert

Wenn Schüler bei einer Gruppenarbeit mitmachen, die außerhalb des regulären Schulunterrichts stattfindet und dabei einen Unfall erleiden, haftet die Unfallversicherung. Die Gruppenarbeit muss aber „schulisch veranlasst“ sein und der Lehrer die Schülergruppe festgelegt und die entsprechenden Projektaufgaben zugewiesen haben.

Schüler sitzen um einen Tisch herum und beschriften Dokumente.
Die gesetzliche Unfallversicherung schützt auch Schüler und Studenten. | © Pixabay

Für Schüler greift der Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung zum Beispiel dann, wenn sie sich während einer "schulisch veranlassten" Gruppenarbeit außerhalb des Schulunterrichts bei einem Unfall verletzen. Das hat das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel am 23. Januar 2018 entschieden (Az.: B 2 U 8/16 R).

Konkret ging es um den tragischen Unfall eines 15-jährigen Realschülers. Seine Musiklehrerin hatte den Schülern im Rahmen des Musikunterrichts eine Gruppenarbeit aufgegeben, die sie auch nach Schulende und außerhalb des Schulgeländes durchführen durften. Zusammen mit drei Klassenkameraden sollte der Schüler ein Werbe-Video erstellen und dieses mit Musik unterlegen.

Doch bei dem Videodreh im häuslichen Bereich eines Mitschülers kam es zwischen den Jugendlichen zum Streit. Der 15-Jährige begab sich verärgert auf dem Nachhauseweg, wurde dabei aber noch von einem anderen Klassenkameraden angerempelt. Der Schüler stürzte und schlug so unglücklich mit dem Kopf auf, dass er seitdem auf einen Rollstuhl angewiesen ist. Mittlerweile besucht der heute 20-Jährige eine Internatsschule für Körperbehinderte.

Unfallkasse sieht keinen versicherten Schulunfall

Die Unfallkasse Baden-Württemberg wollte den Unfall nicht als versicherten Schulunfall anerkennen. Für einen Unfallschutz müsse der organisatorische Verantwortungsbereich der Schule geklärt sein. Dazu gehöre insbesondere eine Aufsichtsperson. Ereigne sich ein Unfall außerhalb des Schulgeländes und dann auch noch ohne jegliche Beaufsichtigung durch das Lehrpersonal, bestehe kein Versicherungsschutz. Dass hier die Musiklehrerin einen Arbeitsauftrag erteilt hatte, reiche nicht aus. Denn auch bei normalen Hausarbeiten für Schüler gebe es nach der Rechtsprechung des BSG keinen Unfallschutz.

Der Schüler zog daraufhin vor Gericht und argumentierte, dass seine Musiklehrerin die Gruppenarbeit mit seinen Klassenkameraden angewiesen hat. Er habe sich dem Projekt nicht entziehen können.

Schüler erleidet Unfall: Wann greift der Unfallschutz?

Der 2. BSG-Unfallsenat gab dem Schüler nun Recht. Während reguläre Hausarbeiten im Verantwortungsbereich der Eltern liegen und damit kein Unfallschutz besteht, sehe dies bei von der Schule veranlassten und von Schülergruppen durchgeführte Projektarbeiten anders aus. Bei schulisch veranlassten Gruppenarbeiten außerhalb des regulären Schulunterrichts finde für jedes Gruppenmitglied „Schule“ und damit ein „Schulbesuch“ ausnahmsweise an dem Ort zu dem Zeitpunkt statt, an dem sich die Schüler zur Durchführung der Projektarbeit treffen, so die Kasseler Richter.

Der Unfall sei letztlich Folge eines jugendtypischen Gruppenprozesses gewesen, „dessen Ursache letztlich in der Zusammenstellung der Gruppe durch die Lehrkraft lag“. Solch eine „gruppentypische Gefahr“ stehe unter dem Schutz der Unfallversicherung.

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05.10.2017 | ©Juragentur (mit ime)

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Schlagworte Kind | Behinderte | Unfall | Unfallversicherung | Unfallversicherungsschutz | Schule

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