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Hartz-IV-Bezieher können vom Jobcenter nur die Übernahme der „angemessenen“ Unterkunftskosten verlangen. Der Gesetzgeber muss zur Sicherstellung eines menschenwürdigen Existenzminimums „keinen Anspruch auf unbegrenzte Übernahme der Wohnungskosten vorsehen“, entschied das Bundesverfassungsgericht.
Wer die Grundsicherung für Arbeitssuchende erhält, also Hartz IV oder Arbeitslosengeld II, kann nur beanspruchen, dass das Jobcenter ihr oder ihm die Mietkosten zahlt, die als „angemessen“ gelten. Das müssen nicht unbedingt die tatsächlichen Mietkosten sein. Diese rechtlichen Regeln hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in Karlsruhe in mehreren am 14. November 2017 veröffentlichten Beschlüssen klargestellt (Az.: 1 BvR 617/14, 1 BvL 2/15 und 1 BvL 5/15).
Im ersten Fall hatte eine Hartz-IV-Bezieherin aus Freiburg geklagt. Seit 2005 lebt die Frau in einer 77 Quadratmeter großen Dreizimmerwohnung. Das Jobcenter übernahm zunächst die Gesamtmietkosten von monatlich 642 Euro. Ab August 2005 teilte die Behörde der Frau mit, dass die Kosten nun nicht mehr in voller Höhe übernommen werden könnten. Die Wohnung sei zu teuer und für eine alleinstehende Person nicht „angemessen“. Die Hartz-IV-Bezieherin wurde daher ab August 2005 mehrfach aufgefordert, die Mietkosten zu senken.
Die Behörde bewilligte eine Übernahme der Unterkunftskosten in Höhe von 439 Euro. Im Rahmen eines Teilvergleichs wurde dieser Betrag noch einmal um knapp 15 Euro erhöht.
Nach den gesetzlichen Bestimmungen ist die Übernahme der Unterkunftskosten für Arbeitslosengeld-II-Bezieher auf „angemessene“ Kosten des jeweiligen Einzelfalls begrenzt. Die Formulierung soll es Jobcentern ermöglichen, ihre Leistungen an die regional sehr unterschiedlichen Mietpreise anzupassen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) dürfen die Behörden die Mietobergrenzen aber nicht willkürlich festlegen, sondern müssen diese nach einem „schlüssigen Konzept“ berechnen, etwa mit Hilfe eines Mietspiegels (so etwa BSG-Urteil vom 19. Oktober 2010, Az.: B 14 AS 2/10).
Um die „Angemessenheit“ der Wohnung bestimmen zu können, hatte hier das Jobcenter Freiburg den qualifizierten Mietspiegel für die Stadt Freiburg herangezogen. Die Frau sah damit ihr menschenwürdiges Existenzminimum gefährdet. Das Jobcenter müsse nicht nur die „angemessenen“, sondern die tatsächlichen Kosten übernehmen. Die gesetzliche Regelung, wonach nur angemessene Unterkunftskosten zu übernehmen sind, sei nicht ausreichend bestimmt.
In den zwei weiteren Verfahren hatte das Sozialgericht Mainz die gesetzlichen Bestimmungen für verfassungswidrig gehalten und diese dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung vorgelegt. Der Gesetzgeber müsse zur Sicherstellung des menschenwürdigen Existenzminimums Vorgaben machen, wie die „angemessenen“ Kosten für Unterkunft und Heizung zu ermitteln sind (Beschlüsse vom 12. Dezember 2014, Az.: S 3 AS 130/14 und S 3 AS 370/14).
Doch auch wenn der Staat das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum sicherstellen muss, bedeutet dies nicht, dass „jedwede Unterkunft im Falle einer Bedürftigkeit staatlich zu finanzieren und Mietkosten unbegrenzt zu erstatten wären“, entschied das Bundesverfassungsgericht in seinen Beschlüssen vom 6. und 10. Oktober 2017.
Die Regelung, dass Jobcenter nur für die „angemessenen“ Unterkunftskosten aufkommen müsse, sei „ausreichend und verständlich“. Die Verfassung gebe auch keinen exakt bezifferten Anspruch auf Sozialleistungen vor. Was als „angemessen“ gilt, könnten die Fachgerichte im Einzelfall ermitteln und dabei die marktüblichen Mieten im unteren Preissegment am jeweiligen Wohnort des Leistungsberechtigten bestimmen.
Die Richtervorlagen des Sozialgerichts Mainz wiesen die Karlsruher Verfassungsrichter wegen fehlender Darlegungen als unzulässig zurück.
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Schlagworte Hartz IV | Wohnung | Miete | Existenzminimum | Bundesverfassungsgericht
Der Sozialverband VdK berät und vertritt seine Mitglieder im Bereich gesetzliche Rentenversicherung, zum Beispiel zum Thema Erwerbsminderungsrente.
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