8. Oktober 2020

„Wir können nicht so weitermachen“

„Wie lange bin ich noch in Kurz­arbeit?“ „Werde ich meinen Arbeitsplatz behalten?“ „Wer bezahlt die Zeche der Corona-Krise?“ Diese Fragen treiben viele Menschen in Deutschland um. Antworten zu finden, fällt auch Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), schwer. Er unterstützt die VdK-­Forderung, die Schwächsten nicht allein zu lassen.

Das Bild zeigt Marcel Fratzscher
© VdK

Wer schon vor der Krise gerade mal so über die Runden gekommen ist, hat keinerlei finanzielle Puffer, um die Corona-Pandemie abfedern zu können: Minijobber, Mütter in Teilzeit, die in den vergangenen Monaten nicht im Homeoffice arbeiten konnten, oder all jene mit niedrigen Einkommen auf Mindestlohnniveau. „30 Prozent aller Haushalte in Deutschland können nicht sparen, weil sie ihr gesamtes Einkommen für den Lebensunterhalt ausgeben müssen“, sagt Marcel Fratzscher im VdK-Podcast „In guter Gesellschaft – Verena Bentele fragt, wo’s hakt“.

Dass die Grundrente rund 1,5 Millionen Menschen nutzt, sei gut. Es müsse aber noch viel mehr passieren, um die Gesellschaft gerechter zu machen. Die VdK-Kampagne #Rentefüralle habe an den richtigen Hebeln angesetzt. Denn letztendlich müsse es darum gehen, die gesetzliche Rente zu stärken. Erst recht vor dem Hintergrund, dass demnächst die starke Generation der Babyboomer in Rente geht. Marcel Fratzscher fürchtet, dass die derzeitigen Probleme der Corona-Krise diese große demografische Herausforderung überlagern. „Hier brauchen wir Konzepte, die langfristig wirken“, sagt der DIW-Präsident und ergänzt: „Wir können nicht so weitermachen.“

Die Globalisierung ist aus Fratzschers Sicht zu weit gegangen, auf Kosten der Schwächsten der ­Gesellschaft. Die VdK-Forderung nach einer einmaligen Vermögensabgabe hält er jedoch nicht für das richtige Instrument. Sein Vorschlag: eine Reform des Steuer­systems. Kaum ein Land besteuere Einkommen auf Arbeit so hoch und Vermögen so gering wie Deutschland. Wenn der DIW-Präsident Fratzscher Finanzminister wäre, würde er die Grundsteuern erhöhen und die Erbschaftssteuer fairer ge­stalten.

Die vom VdK geforderte Anhebung des Mindestlohns auf 13 Euro sei richtig, nur nicht zum jetzigen Zeitpunkt. „Momentan hat die Sicherung von Jobs Priorität“, erklärt der DIW-Präsident. Rund 600 000 Menschen haben in der Corona-Krise bereits ihre Arbeit verloren, über sieben Millionen sind in Kurzarbeit (Stand: Juli 2020). Ein höherer Mindestlohn würde aktuell dazu führen, dass Unternehmen Personal abbauen, weil sie derzeit nicht investieren können. Langfristig bedeute ein höherer Mindestlohn aber nicht Stellenkürzungen, was Studien beweisen.

Dass die Ansichten und Visionen eines Ökonomen und einer VdK-­Präsidentin gar nicht so weit auseinanderliegen, wird im VdK-Podcast deutlich. Und Marcel Fratzscher als Finanzminister hätte schon eine genaue Vorstellung, wer Bundeskanzlerin werden soll. „Das müssten Sie dann machen“, fordert er VdK-Präsidentin Verena Bentele mit einem Augenzwinkern auf.

Ines Klut

  • Sozialrecht
    Ob Rente, Gesundheit und Pflege, Teilhabe und Behinderung, Leben im Alter oder soziale Sicherung: Der Sozialverband VdK ist für seine Mitglieder ein kompetenter Ratgeber und Helfer in allen sozialrechtlichen Belangen. | weiter
  • Rente
    Der VdK will die Rente zukunftssicher machen und Altersarmut verhindern. Lesen Sie hier alles rund um die Themen Rente, Alterssicherung und unsere rentenpolitischen Forderungen. | weiter
  • Soziale Gerechtigkeit
    Rund 15,3 Millionen Menschen sind in Deutschland von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht - das ist fast jeder Fünfte! Der Sozialverband VdK kämpft für soziale Gerechtigkeit und setzt sich gegen die fortschreitende soziale Spaltung ein. | weiter
  • Behinderung
    Der VdK setzt sich für gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit und ohne Behinderung in allen Lebensbereichen ein. Lesen Sie mehr zu Inklusion, Behindertenpolitik und Barrierefreiheit. | weiter
  • Pflege
    Wir finden: Die Situation Pflegebedürftiger und Pflegender muss sich dringend verbessern. Lesen Sie hier mehr zum Thema Pflegepolitik, pflegende Angehörige, häusliche Pflege und Pflegeleistungen. | weiter
  • Gesundheit
    Wir brauchen ein Gesundheitssystem, das an den Bedarfen der Menschen ausgerichtet ist. Lesen Sie mehr zu Gesundheitspolitik, Prävention, Gesundheitsleistungen, Hilfsmitteln und Versorgung. | weiter
  • Frauen
    Frauen erhalten 49 Prozent weniger Einkommen und 53 Prozent weniger Rente als Männer. Der VdK setzt sich für mehr Gerechtigkeit für Frauen ein, kämpft für Gleichberechtigung und Gleichstellung. | weiter
  • Familie
    Wir brauchen Verlässlichkeit für Familien. Der VdK setzt sich unter anderem für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf ein, für familiengerechte Arbeitszeiten, den Ausbau der Kinderbetreuung und für ein Rückkehrrecht in Vollzeit. | weiter
  • Corona
    Aktuelle Maßnahmen, barrierefreie Texte und Videos sowie unsere Pressemitteilungen zum Thema. | weiter
  • Ukraine-Hilfe
    Auf dieser Seite haben wir Basis-Informationen für ukrainische Geflüchtete und Helfer zusammengestellt. Zu allen Informationen gibt es weiterführende Links. | weiter
    09.01.2023

Minijobs - Tickets in die Armut

Die sogenannten Minijobs sollten ursprünglich mal den Einstieg oder Wiedereinstieg ins Arbeitsleben erleichtern. Stattdessen sind sie zur Armutsfalle geworden.

Armut ist eine der größten sozialen Katastrophen im Land.

Wir sagen Ihnen, was Ihnen laut Sozialrecht zusteht und kämpfen für Ihr Recht. Bundesweit. Jetzt Beratung vereinbaren!

Der VdK
Eine Frau gibt einer anderen Frau zur Begrüßung die Hand. Sie stehen am Eingang eines Gebäudes mit der Aufschrift "VdK Service Point"
Finden Sie mit der Beratungsstellen-Suche die nächste Rechtsberatungsstelle des Sozialverbands VdK - auch in Ihrer Nähe!
DER VdK
Symbolfoto: Zwei Frauen und ein Mann ziehen gemeinsam an einem Seil, an dessen Ende auch jemand zieht.
Wir machen uns stark für soziale Gerechtigkeit. Wir vertreten Ihre sozialpolitischen Interessen und kämpfen für Ihre Rechte. Unsere Stärke: Unabhängigkeit und Neutralität.

Presse
Abonnieren Sie unseren kostenlosen Newsletter mit Informationen zu Sozialpolitik und Sozialrecht sowie aktuellen Infos rund um den Sozialverband VdK.

Datenschutzeinstellungen

Wir setzen auf unserer Website Cookies ein. Einige von ihnen sind notwendig, während andere uns helfen, unser Onlineangebot zu verbessern.

  • Notwendig
  • Externe Medien
Erweitert

Hier finden Sie eine Übersicht über alle verwendeten Cookies in externen Medien. Sie können Ihre Zustimmung für bestimmte Cookies auswählen.