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Der Sozialverband VdK hat das zweite Entlastungspaket der Ampelkoalition scharf kritisiert. Statt diejenigen zu entlasten, die wirklich Hilfe benötigen - Rentnerinnen und Rentner, Geringverdiener, Empfänger von Sozialleistungen - werden auch viele bedacht, die bereits über große Einkommen verfügen. VdK-Präsidentin Verena Bentele antwortet auf Fragen zum zweiten Entlastungspaket.
Die Inflationsrate klettert derzeit in schwindelerregende Höhen. Im März lag sie laut Statistischem Bundesamt bei 7,3 Prozent, das sind bereits 2,5 Prozent mehr als im Februar 2022. Es ist der höchste Stand seit der Wiedervereinigung. Und sie könnte in den nächsten Monaten weiter steigen.
VdK-Präsidentin Verena Bentele: Zumindest droht die Schere zwischen Arm und Reich weiter aufzugehen. Wir beobachten seit Jahren, dass sich Armut in Deutschland immer mehr verfestigt, und es kaum noch Menschen gibt, die es da heraus schaffen. Stattdessen wächst die Zahl jener, die von Armut bedroht sind. Die Corona-Pandemie hat diese Entwicklung verstärkt, viele Menschen mussten auf ihre finanziellen Reserven zurückgreifen. Nun machen ihnen die Preissteigerungen der letzten Monate zusätzlich zu schaffen.
Wir hören von unseren Mitgliedern, von jenen mit kleinen Renten und auch von den Erwerbsminderungsrentnern, dass sie die hohen Kosten für Energie und Lebensmittel kaum noch stemmen können. Sie wissen nicht mehr, wo sie noch sparen sollen: Beim Essen, bei der Fahrt zum Arzt oder beim Heizen. Da stellt sich dann die Frage: Sitze ich lieber im kalten Wohnzimmer oder verzichte ich auf frische gesunde Lebensmittel?
Verena Bentele: Nein. Wie schon beim ersten Entlastungspaket wurden die Rentner wieder komplett vergessen. Insgesamt fehlt vor allem die Fokussierung auf die Menschen, die wenig haben. Die Senkung der Steuern auf Sprit beispielsweise entlastet reiche Haushalte stärker, weil sie im Schnitt größere Autos fahren und längere Strecken pendeln. Oder nehmen Sie das Energiegeld: Sozialhilfeempfänger, also die wirklich Armen, bekommen 100 Euro - Manager 300 Euro. Es gilt wieder: wer hat, dem wird gegeben.
Verena Bentele: Wenn es nach mir gegangen wäre, hätte schon das zweite anders aussehen müssen. Der VdK fordert daher: Alle mit kleinen Renten und Erwerbsgeminderte müssen endlich auch einen Zuschlag bekommen, der ihnen wirklich hilft. Sie profitieren zum Beispiel auch stärker, wenn man statt der Mineralölsteuer die Mehrwertsteuer auf Arzneimittel reduzieren würde, denn diese belastet sie überproportional stark.
Verena Bentele: Dass die Ampelkoalition die sozial Benachteiligten nicht genug im Blick hat, den Eindruck habe ich nach diesen beiden Paketen definitiv: Statt Geld an Menschen zu verteilen, die es nicht unbedingt brauchen, sollte sie sich auf die Unterstützung derer konzentrieren, die wirklich wenig haben, die zu niedrigen Löhnen arbeiten oder Grundsicherung im Alter erhalten. Eine gute Maßnahme wäre es die Mehrwertsteuer endlich auf Arzneimittel und auf gesunde und frische Lebensmittel zu senken. Das würde vielen ärmeren Menschen helfen. Generell müssen endlich die realen Kosten für Energie und Lebensmittel zugrunde gelegt werden, wenn die Regelsätze für Hartz IV und die Grundsicherung im Alter berechnet werden.
Entsprechend höher müssten diese Sätze dauerhaft sein. Eine einmalige Hilfe von jeweils 100 Euro, wie es jetzt für sie in beiden Paketen vorgesehen ist, hilft zwar kurzfristig, aber verbessert nicht dauerhaft ihre Situation. Außerdem muss man sich schon fragen: Warum sind die Preise für Gas, Strom und Sprit momentan so hoch, da es ja noch gar keine Lieferengpässe gibt? Die hohen Preise sind ein Ergebnis von Spekulationen. Es gibt also klare Gewinner dieser Krise. Hier muss der Staat entweder regulierend eingreifen oder diese Gewinne durch Steuern abschöpfen. Die Heizkostenzuschüsse und das Energiegeld machen ja die armen Haushalte nicht reicher, die machen Konzerne reicher.
Schlagworte Entlastungspaket | Rentner | Armut | Ampelkoalition
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