2. Dezember 2021
SOZIALE GERECHTIGKEIT

Elektrische Hilfsmittel: Sorge um steigende Energiepreise

Gesetzliche Krankenkassen übernehmen Stromkosten für den Betrieb

Anja F. wendet sich über die sozialen Medien an den VdK: Sie weiß nicht, wie sie ihre Stromkosten zahlen soll, wenn die Preise weiter so steigen. Seit vier Jahren ist sie halbseitig gelähmt. Nach und nach hat sie sich ihre Wohnung mit vielen elektrischen Helfern so eingerichtet, dass sie selbstbestimmt leben kann. Doch der Blick auf den Stromzähler erschreckt sie.

Ein Netzstecker mit Kabel
© pixabay.de

Die 53-Jährige sitzt in einem Rollstuhl mit Schiebehilfe. Um beweglich zu bleiben, übt sie mit einem sogenannten Motomed, einem Bewegungstrainer für Arme und Beine. Sie hat einen elektrischen Lattenrost fürs Bett, damit sie keine Druckstellen bekommt, und ein elektrisches Dusch-WC. Zudem benutzt sie ein Apnoe-Gerät und hat ihre Fahrradgarage mit einem elektrischen Tor ausgestattet. So kommt sie gut zurecht. Doch der Betrieb dieser elektrischen Geräte treibt ihren Energieverbrauch in die Höhe, und ihre Stromkosten steigen immer weiter.

Kostenübernahme

Dieses Problem kennen kranke oder pflegebedürftige Menschen gut. Oft werden mehrere elektrische Hilfsmittel eingesetzt, sodass sich die Stromkosten schnell zu einem größeren Betrag summieren. Dabei müssen die meisten ohnehin jeden Cent umdrehen. In Zeiten steigender Energiekosten sorgen sie sich nun, ob sie diese weiterhin zahlen können.

In einigen Fällen ist diese Sorge unbegründet, denn die Krankenkassen müssen die Stromkosten übernehmen, die beim Betreiben von Hilfsmitteln anfallen. „Allerdings zahlen sie diese nur für Hilfsmittel, die sie vorab bewilligt haben“, erklärt VdK-Gesundheitsexperte Frank Weniger. Voraussetzung ist, dass eine Ärztin oder ein Arzt das Hilfsmittel ausdrücklich verordnet hat. Wer sich selbst ein Hilfsmittel kauft, muss den Strom dafür aus eigener Tasche zahlen. Ähnliches gilt auch für die Pflegehilfsmittel.

Dass Krankenkassen ihren Mitgliedern bei den Stromkosten finanziell unter die Arme greifen, wusste Anja F. bisher nicht. Sie bestreitet die Kosten selbst, die durch die Nutzung ihrer elektrischen Helfer anfallen. Für die Pfälzerin, die rund 1500 Euro netto im Monat verdient, sind sie eine hohe finanzielle Belastung. „Ich bin überrascht, dass die Krankenkasse dafür aufkommen müsste“, sagt sie.

Das Gute: Die Stromkosten können Betroffene noch bis zu vier Jahre rückwirkend geltend machen. Da jede Krankenkasse ihre eigenen Regelungen hat, sollten gesetzlich Versicherte vorher genau nachfragen, wie sie die krankheitsbedingte Übernahme der Stromkosten beantragen müssen. Bei manchen Kassen reicht es, einen formlosen Antrag zu stellen, bei anderen braucht es ein bestimmtes Formular.

Tatsächlich oder pauschal

Es gibt Kassen, die den genauen Verbrauch wissen wollen, andere rechnen über eine Pauschale ab. Sollte der Verbrauch über der Pauschale liegen, kommt eine höhere Erstattung in Betracht. Dann müssen gesetzlich Versicherte nachweisen, wie viel Strom sie tatsächlich verbraucht haben.

Dazu sollten sich Betroffene Folgendes notieren: Wie lange läuft das Gerät? Über welche Wattzahl verfügt es? An wie vielen Tagen im Jahr wird das Hilfsmittel genutzt? Und wie viel kostet eine Kilowattstunde Strom? Bietet die Krankenkasse einen Vordruck an, können die einzelnen Posten eingetragen und mit einer Kopie der Stromrechnung eingereicht werden. Einige Kassen benötigen die angefallenen Kosten pro Gerät, das genau zu benennen ist, in einem formlosen Anschreiben.

Weigern sich die gesetzlichen Krankenkassen, die Stromkosten für verordnete Hilfsmittel zu übernehmen, sollten Betroffene Widerspruch einlegen, rät Weniger. Beratung und Hilfe dazu bieten die VdK-Geschäftsstellen vor Ort. Anja F. ist entschlossen, einen Antrag für die Hilfsmittel zu stellen, die ihre Krankenkasse genehmigt hat. Dann muss sie die Stromkosten nicht mehr allein stemmen und kann etwas ruhiger in die Zukunft blicken.

Kristin Enge

  • Sozialrecht
    Ob Rente, Gesundheit und Pflege, Teilhabe und Behinderung, Leben im Alter oder soziale Sicherung: Der Sozialverband VdK ist für seine Mitglieder ein kompetenter Ratgeber und Helfer in allen sozialrechtlichen Belangen. | weiter
  • Rente
    Der VdK will die Rente zukunftssicher machen und Altersarmut verhindern. Lesen Sie hier alles rund um die Themen Rente, Alterssicherung und unsere rentenpolitischen Forderungen. | weiter
  • Soziale Gerechtigkeit
    Rund 15,3 Millionen Menschen sind in Deutschland von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht - das ist fast jeder Fünfte! Der Sozialverband VdK kämpft für soziale Gerechtigkeit und setzt sich gegen die fortschreitende soziale Spaltung ein. | weiter
  • Behinderung
    Der VdK setzt sich für gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit und ohne Behinderung in allen Lebensbereichen ein. Lesen Sie mehr zu Inklusion, Behindertenpolitik und Barrierefreiheit. | weiter
  • Pflege
    Wir finden: Die Situation Pflegebedürftiger und Pflegender muss sich dringend verbessern. Lesen Sie hier mehr zum Thema Pflegepolitik, pflegende Angehörige, häusliche Pflege und Pflegeleistungen. | weiter
  • Gesundheit
    Wir brauchen ein Gesundheitssystem, das an den Bedarfen der Menschen ausgerichtet ist. Lesen Sie mehr zu Gesundheitspolitik, Prävention, Gesundheitsleistungen, Hilfsmitteln und Versorgung. | weiter
  • Frauen
    Frauen erhalten 49 Prozent weniger Einkommen und 53 Prozent weniger Rente als Männer. Der VdK setzt sich für mehr Gerechtigkeit für Frauen ein, kämpft für Gleichberechtigung und Gleichstellung. | weiter
  • Familie
    Wir brauchen Verlässlichkeit für Familien. Der VdK setzt sich unter anderem für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf ein, für familiengerechte Arbeitszeiten, den Ausbau der Kinderbetreuung und für ein Rückkehrrecht in Vollzeit. | weiter
  • Corona
    Aktuelle Maßnahmen, barrierefreie Texte und Videos sowie unsere Pressemitteilungen zum Thema. | weiter
  • Kampagnen
    Mit öffentlichkeitswirksamen Aktionen und Kampagnen transportiert der VdK seine Forderungen an die Politik und zeigt immer wieder soziale Missstände auf. | weiter

Minijobs - Tickets in die Armut

Die sogenannten Minijobs sollten ursprünglich mal den Einstieg oder Wiedereinstieg ins Arbeitsleben erleichtern. Stattdessen sind sie zur Armutsfalle geworden.

Armut ist eine der größten sozialen Katastrophen im Land.

Wir sagen Ihnen, was Ihnen laut Sozialrecht zusteht und kämpfen für Ihr Recht. Bundesweit. Jetzt Beratung vereinbaren!

Der VdK
Eine Frau gibt einer anderen Frau zur Begrüßung die Hand. Sie stehen am Eingang eines Gebäudes mit der Aufschrift "VdK Service Point"
Finden Sie mit der Beratungsstellen-Suche die nächste Rechtsberatungsstelle des Sozialverbands VdK - auch in Ihrer Nähe!
Der VdK
Symbolfoto: Zwei Frauen und ein Mann ziehen gemeinsam an einem Seil, an dessen Ende auch jemand zieht.
Wir machen uns stark für soziale Gerechtigkeit. Wir vertreten Ihre sozialpolitischen Interessen und kämpfen für Ihre Rechte. Unsere Stärke: Unabhängigkeit und Neutralität.

Presse
Abonnieren Sie unseren kostenlosen Newsletter mit Informationen zu Sozialpolitik und Sozialrecht sowie aktuellen Infos rund um den Sozialverband VdK.

Datenschutzeinstellungen

Wir setzen auf unserer Website Cookies ein. Einige von ihnen sind notwendig, während andere uns helfen, unser Onlineangebot zu verbessern.

  • Notwendig
  • Externe Medien
Erweitert

Hier finden Sie eine Übersicht über alle verwendeten Cookies in externen Medien. Sie können Ihre Zustimmung für bestimmte Cookies auswählen.