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Im Alter steigt der Medikamentenkonsum. Im Schnitt nehmen Seniorinnen und Senioren sieben bis zehn verschiedene Arzneien täglich ein. Das wird als Polypharmazie bezeichnet. Denn neben dem Hausarzt schreiben auch Fachärzte verschiedene Rezepte auf. Viel hilft viel? Nicht immer. Eine zu große Menge an Pillen kann der Gesundheit sogar mehr schaden als nützen.
Der Kardiologe verschreibt Arzneien fürs Herz, die Gastroenterologin kümmert sich um den Darm. Organ für Organ wird von Fachärzten ins Visier genommen. Medikamente gegen Knochenschwund und Gelenkverschleiß kommen hinzu. Das Problem dabei ist, dass oft der Überblick verloren geht. „Wohl dem, der einen guten Hausarzt hat“, sagt Dr. Hans-Michael Mühlenfeld, Vorsitzender des Hausärzteverbands Bremen.
„Meine Aufgabe als Hausarzt ist es, die Patienten zu beraten und die Vor- und Nachteile jedes verschriebenen Medikaments zu erklären“, betont er. Denn: „Jeder Facharzt fühlt sich bemüßigt, einen Rat zu seinem Spezialgebiet zu geben. Die Gesamtschau bleibt aber manchmal auf der Strecke.“ Es sei eine Domäne der Hausärztin und des Hausarztes, dass sie als „Generalisten im Gegensatz zu den Spezialisten“ den ganzen Menschen im Blick haben.
„In der Regel ist es so, dass weniger Medikamente besser für den Körper sind. Dafür gibt es auch Belege“, sagt Mühlenfeld. Und je mehr Medikamente eingenommen werden, umso stärker wird vor allem die Niere belastet. Deren Leistung nimmt im Alter grundsätzlich ab. Manchmal bremsen sich Medikamente auch gegenseitig aus, und es kann zu schwerwiegenden Wechselwirkungen kommen. Ein Beispiel dafür ist die Magenschleimhautentzündung durch zu viele Schmerzmittel.
„Wichtig ist, dass die Patientinnen und Patienten ehrlich sagen, was sie einnehmen“, so Mühlenfeld. Denn zu den verschriebenen Arzneien würden vielleicht auch noch zusätzlich frei verkäufliche Medikamente und Vitaminpräparate geschluckt. Außerdem: „Ich weiß ja gar nicht, ob der Patient wirklich alles, was ihm verschrieben wird, von der Apotheke abholt, oder ob er nicht einfach Medikamente eigenhändig absetzt, weil er sie nicht verträgt.“
Bei der Hausärztin oder dem Hausarzt laufen die Fäden zusammen. Mühlenfeld appelliert: „Ob auf eine Tablette verzichtet werden kann, muss der Hausarzt zusammen mit dem Patienten entscheiden. Ich sage dann: Wenn wir das Medikament weglassen, passiert das. Wenn wir das andere weglassen, passiert dies.“ Oft gehe auch Lebensqualität verloren, „wenn man sich mit Medikamenten quält, die man nicht verträgt, und dann muss man abwägen, ob mehr Lebenszeit von eventuell ein paar Monaten das wert ist“. Das alles müsse die Ärztin oder der Arzt gemeinsam mit der Patientin oder dem Patienten entscheiden.
Die durchschnittliche Hausarzt-Patientenbindung beträgt 13 Jahre, die durchschnittliche Ehe ist sogar kürzer, veranschaulicht der Mediziner. Kliniken dürften keine Rezepte ausstellen. Da müsse man in die hausärztliche Praxis. Das habe alles seinen Sinn und Zweck. Der Hausarzt habe sich im Laufe seiner rund zehnjährigen Ausbildung nicht nur pharmakologisches Wissen angeeignet, sondern kenne sich auch mit „Beziehungsmedizin“ aus.
Gespräche und sich Zeit nehmen für die Patientin oder den Patienten seien wichtig, ein schriftlicher Medikationsplan aber besser als ein mündlicher, so Mühlenfeld. Gelegentlich sei es bei älteren Menschen auch von Vorteil, wenn ein Angehöriger mit in die Praxis kommt. Manchmal müsse man auch Überzeugungsarbeit leisten, dass eine Gewichtsreduktion, ausreichend Bewegung und der Verzicht auf Alkohol und Nikotin besser sind, als viele Tabletten mit ihren Nebenwirkungen einzunehmen.
Petra J. Huschke
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Schlagworte Hausarzt | Medikamente | Nebenwirkungen
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