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Barrierefreiheit in allen Lebensbereichen ist die zentrale Voraussetzung für Inklusion. Doch das geplante Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) bleibt hinter den Erwartungen zurück, kritisiert der Sozialverband VdK.
Menschen mit Behinderung sollen bei der Digitalisierung nicht abgehängt werden. Die Richtlinie EAA (European Accessibility Act) regelt dafür Anforderungen an die Barrierefreiheit von Produkten und Dienstleistungen in den Ländern der EU. Diese Bestimmungen müssen bis zum 28. Juni 2022 in deutsches Recht umgesetzt werden. Das neue BFSG nimmt dafür erstmals auch private Anbieter in die Pflicht. Grundsätzlich ist das aus Sicht des Sozialverbands VdK ein sehr guter Ansatz, aber in den Details zeigen sich große Mängel.
Die Barrierefreiheit von Computern, Mobiltelefonen, E-Mail- Diensten, Online-Shops, Fahrkartenautomaten oder E-Books soll ab dem 28. Juni 2025 greifen. Doch es gibt großzügige Übergangsfristen. Zum Beispiel 15 Jahre für Selbstbedienungsterminals, wenn diese vor Juni 2025 erneuert werden. Das bedeutet, dass erst 2040 wirklich alle Bankautomaten umgestellt sind. „Dahinter steckt Kalkül: Denn in 19 Jahren könnte sich der Zahlungsverkehr auch so entwickeln, dass es kein Bargeld mehr gibt und alle Bankgeschäfte von zu Hause aus laufen. Mit solchen Fristen wird auf Zeit gespielt und damit auf Kosten der Inklusion. Wir fordern, dass für alle digitalen Produkte und Dienstleistungen bis 2025 die Barrierefreiheit gelten muss. Ohne Ausnahme“, sagt VdK- Präsidentin Verena Bentele.
Der Aufholbedarf ist immens. In immer mehr Lebensbereichen wird auf Digitalisierung gesetzt. Bald soll etwa der Corona-Impfpass auf dem Smartphone den Besuch des Restaurants oder des Zoos ermöglichen, Impftermine sollen online vereinbart werden. „Menschen mit Behinderung verlieren den Anschluss“, warnt Bentele.
Ausnahmen zur Barrierefreiheit für Kleinstunternehmer mit weniger als zehn Beschäftigten und höchstens zwei Millionen Euro Jahresumsatz verwässern zudem das Gesetz. „In Deutschland sind das 90 Prozent aller Unternehmen. Da rückt die Barrierefreiheit in sehr weite Ferne“, kritisiert Bentele.
Als großer Erfolg des VdK ist zu sehen, dass die Kriterien für Barrierefreiheit laut BFSG nun dem Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) folgen und damit strenger sind als zunächst vorgesehen. Demnach sind ein Produkt, ein Gebäude oder eine Dienstleistung barrierefrei, wenn sie „in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe auffindbar, zugänglich und nutzbar sind“. Details werden in Rechtsverordnungen geregelt. Zudem wurde dank des VdK ein Schlichtungsverfahren für Verbraucher und Verbände in den Gesetzentwurf aufgenommen.
Wirtschaftsvertreter beklagen, dass das BFSG zu unzumutbaren Belastungen führen wird. Bentele lässt dies nicht gelten: „Barrierefreie Produkte und Dienstleistungen sind kein Hemmnis, sondern ein Wettbewerbsvorteil, weil sie für alle nutzbar sind. Dieses Gesetz kann Anstöße zu Innovationen geben.“
Dr. Bettina Schubarth
Schlagworte Digitalisierung | Inklusion | Barrierefreiheit | European Accessibility Act
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