5. Juli 2021
Themen

Rentnern drohen zu hohe Steuerzahlungen

Bundesfinanzhof warnt vor Doppelbesteuerung künftiger Generationen – Bentele: „Urteil ist eine Ohrfeige für die Politik“

Viele 20-, 100- und ein 200-Euro-Schein
© unsplash

Der Sozialverband VdK sieht die Politik nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) in der Pflicht, schnellstmöglich eine Neuregelung zu beschließen, die eine Doppelbesteuerung von Renten künftig ausschließt. Der BFH hatte zwar Klagen zweier Rentner wegen einer vermeintlichen Doppelbesteuerung ihrer Altersbezüge abgewiesen (AZ. X R 20/19 und X R 33/19). Allerdings machte das Gericht deutlich, dass künftige Rentnerjahrgänge betroffen sein könnten.

Wann es zu einer Doppelbesteuerung der Rente kommt:

Das Bundesverfassungsgericht hat 2002 die unterschiedliche Besteuerung von Renten und Beamtenpensionen für verfassungswidrig erklärt. Denn während die Pensionen voll versteuert wurden, zahlten Rentenversicherte Steuern auf Rentenbeiträge, aber nicht auf die ausgezahlten Renten.

Der Gesetzgeber reagierte auf das Urteil und geht seit 2005 zu einer nachgelagerten Besteuerung über. Das heißt, dass die Rentenbeiträge schrittweise aus der ­Steuerpflicht herausgenommen und im Gegenzug die Renten bis 2040 immer stärker besteuert ­werden.

Dieser Prozess muss nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts so gestaltet werden, dass es nicht zu Doppelbesteuerungen kommt. Am Ende der Umstellung können Arbeitnehmer einerseits ihre Altersvorsorgeaufwendungen von der Steuer voll absetzen, müssen andererseits aber ihre Alters-
einkünfte voll versteuern.

Die spannende Frage, mit der sich der Bundesfinanzhof beschäftigte: Kommt es in dieser Übergangsphase zu einer Doppelbesteuerung der Renten? Das wäre der Fall, wenn die Beiträge zu gering absetzbar und die Versteuerung der Rente zu hoch wäre.

Was das Urteil des Bundesfinanzhofs bedeutet:

Der Bundesfinanzhof wies mit seinen Entscheidungen am 31. Mai die Klagen von zwei Rentnern, die wegen einer vermeintlichen Doppelbesteuerung geklagt hatten, zwar ab. Das Urteil ist dennoch richtungsweisend. Denn das Gericht forderte Änderungen an der aktuellen Regelung. Andernfalls drohe künftigen Generationen eine unzulässige Doppelbesteuerung ihrer Renten, so die Begründung.

Die Richter haben mit ihrem Urteil erstmals festgelegt, was bei der Berechnung des steuerfreien Rentenbezugs berücksichtigt werden darf und was nicht. Demnach muss der Grundfreibetrag bei der Berechnung unangetastet bleiben. Das gilt auch für die Beiträge aus der Kranken- und Pflegeversicherung. Das Bundesfinanzministerium kündigte nach der Gerichtsentscheidung bereits Reformen nach der Bundestagswahl an. Möglicherweise werden die Rentenbeiträge früher als geplant steuerfrei.

Was der VdK fordert:

VdK-Präsidentin Verena Bentele sieht dringenden Handlungsbedarf: „Nun ist das Finanzministerium am Zug, schnellstmöglich eine umfassende Neuregelung zu beschließen, die Doppelbesteuerungen künftig ausschließt. Das Urteil des Bundesfinanzhofs ist eine Ohrfeige für die Politik.“ Positiv zu bewerten sei, dass der Bundesfinanzhof klar festgelegt hat, was bei der Berechnung des steuerfreien Rentenbezugs berücksichtigt werden darf. „Das schafft ein Stück Klarheit für die Rentnerinnen und Rentner.“

Der Sozialverband VdK sieht bei einer notwendigen Neuausrichtung der Rentenbesteuerung weitergehenden Reformbedarf. Bentele: „Es ist eine Neuregelung notwendig, die vor allem arme Rentner in den Blick nimmt. Deren kleine Renten dürfen nicht auch noch besteuert werden. Der VdK fordert deshalb dringend, dass der steuerliche Grundfreibetrag von aktuell 9744 auf 12 600 Euro angehoben wird.“

Jörg Ciszewski

Ein neues Online-Angebot des Bundesfinanzministeriums soll steuerpflichtigen Rentnerinnen und Rentnern die Steuererklärung erleichtern. Der „Steuer­lotse“ gibt laut Ministerium Se­nioren ohne weitere veranlagungspflichtige Einkünfte die Möglichkeit, ihre Steuererklärung zu machen.

Alles wird im neuen Online-Angebot Schritt für Schritt erklärt. Der „Steuerlotse“ kann ab dem Veranlagungsjahr 2020 genutzt werden. In den Ländern Brandenburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen ist zudem eine vereinfachte ­Steuererklärung auch über den Papier­vordruck „Erklärung zur Ver­anlagung von Alterseinkünften (EZVA)“ möglich. Vordrucke für die Veranlagungsjahre 2018 bis 2020 finden Sie auf der Webseite des Bundesfinanzministeriums, wenn Sie „Themen“ klicken und auf „Rentenbesteuerung“ gehen.
www.steuerlotse-rente.de www.bundesfinanzministerium.de

Schlagworte Doppelbesteuerung | Rente | Rentenbeiträge | Bundesfinanzhof

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