Kategorie Tipp Pflege

Gut vorbereitet in die Pflegebegutachtung

Von: Annette Liebmann

Wer bei seiner Pflegekasse einen Antrag auf Pflegebedürftigkeit gestellt hat, wird normalerweise zu Hause vom Medizinischen Dienst (MDkurz fürMedizinischer Dienst) besucht. Der überprüft, ob die Voraussetzungen dafür erfüllt sind und welcher Pflegegrad vorliegt.

Ältere Frau am Küchentisch. Im Vordergrund Hand einer Frau, sie macht gerade Notizen
© IMAGO / imagebroker

Auf einen Blick

  1. Gute Vorbereitung ist entscheidend

    Wer sich im Vorfeld Notizen zum Alltag, Unterstützungsbedarf und Einschränkungen macht oder ein Pflegetagebuch führt, kann beim relativ kurzen Begutachtungstermin alle relevanten Informationen gezielt mitteilen.

  2. Begutachtung kann begleitet werden

    Es ist sinnvoll, beim Termin eine vertraute Person wie eine Pflegekraft oder Angehörige zur Unterstützung hinzuzuziehen – und Alltagssituationen unverstellt zu zeigen.

  3. Pflegegrad wird anhand eines Punktesystems ermittelt

    Die Zuordnung zu einem Pflegegrad erfolgt anhand eines Punktesystems. Bei Kindern gibt es Unterschiede zur Begutachtung von Erwachsenen. Der VdK bietet einen Pflegegradrechner für Erwachsene an (siehe Seitenfuß).

  4. Gutachten anfordern und prüfen

    Das Gutachten des MDkurz fürMedizinischer Dienst ist wichtig, um die Entscheidung der Pflegekasse nachvollziehen oder gegebenenfalls Widerspruch einlegen zu können. Der VdK unterstützt und berät seine Mitglieder zum Thema und hilft beim Widerspruch.

Gute Vorbereitung ist wichtig

Der Besuch des MDkurz fürMedizinischer Dienst wird immer angekündigt. Wer an diesem Tag keine Zeit hat, sollte rechtzeitig absagen und einen neuen Termin vereinbaren. Die Gutachterin oder der Gutachter – meist eine Ärztin, ein Arzt oder eine Pflegekraft – besucht die Antragstellenden in der Regel zu Hause

Während der Corona-Pandemie wurde die Begutachtung teilweise per Telefon durchgeführt. Diese Praxis ist zum Teil erhalten geblieben, zwar nicht für die Erstbegutachtung, aber für Folgetermine. Dazu finden Sie weiter unten in Externer Link:unserem Video wichtige Tipps und Hinweise.

Schon im Vorfeld des Gesprächs sollte man sich Notizen machen. Der Besuch dauert nur ein bis zwei Stunden, und in dieser Zeit müssen viele Informationen vermittelt werden. Ältere Menschen vergessen dann womöglich, was sie sagen wollten. Deshalb ist es ratsam, sich aufzuschreiben, wie ein normaler Tag abläuft, was man noch alleine erledigen kann, wo man Hilfe braucht, was einem Schwierigkeiten bereitet, und wie man die Versorgung verbessern könnte. Im Idealfall führt man ein Pflegetagebuch, in dem die täglichen Hilfestellungen aufgeschrieben werden. Vorlagen dafür gibt es im Internet oder bei vielen Krankenkassen.

Tipp: Sich beim Gespräch Unterstützung holen

Beim Besuch sollte die Gutachterin oder der Gutachter eine ganz normale Alltagssituation vorfinden. Es ist also nicht notwendig, die Wohnung extra aufzuräumen oder sich besonders zurechtzumachen. Das Gespräch sollte die oder der Antragstellende nicht allein führen, sondern sich Beistand von einer nahestehenden Person, etwa einem Angehörigen, der Pflegeperson oder der Betreuerin, holen.

Die Gutachterin oder der Gutachter überprüft, wie selbstständig jemand ist und welche Fähigkeiten noch vorhanden sind. Dazu führt sie oder er beispielsweise eine Wohnungsbegehung durch, lässt sich den Tagesablauf schildern und bestimmte Tätigkeiten vorführen, wie etwa Treppensteigen oder das Öffnen einer Flasche.

Konkret geht es bei der Begutachtung um diese sechs Lebensbereiche

  • Mobilität
  • Kognitive und kommunikative Fähigkeiten
  • Verhaltensweisen und psychische Problemlagen
  • Selbstversorgung
  • Bewältigung von und selbstständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten
    Anforderungen und Belastungen
  • Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte

Details dazu lesen Sie in unserem Merkblatt weiter unten. 

Situation wahrheitsgemäß schildern

Es ist ratsam, auf alle Fragen wahrheitsgemäß zu antworten und nichts zu übertreiben oder zu beschönigen. Wer sich Notizen gemacht hat, darf gerne darauf zurückgreifen. Auch Unangenehmes, das den Alltag erschwert, sollte unbedingt angesprochen werden.

Diese Unterlagen sollte man für den MD bereithalten

  • aktuelle Krankenhaus- und Arztberichte
  • Medikamente und Medikationsplan
  • Bescheide und Gutachten, wie beispielsweise den Schwerbehindertenbescheid
  • Liste mit regelmäßigen Behandlungen
  • Liste mit allen benötigten Hilfs mitteln wie Rollator, Gehstock, Hörgerät
  • Liste mit allen benötigten Pflegehilfsmitteln wie Pflegebett, Hausnotruf, Bettschutzeinlagen
  • Pflegetagebuch, falls vorhanden
  • eine aktuelle Pflegedokumentation des Pflegediensts, falls vorhanden

Gutachten zusenden lassen

Die Pflegekasse muss innerhalb von 25 Arbeitstagen über den ersten Antrag auf Pflegebedürftigkeit entscheiden. Stichtag ist der Tag, an dem das Schreiben bei der Kasse eingegangen ist. Bei einem Pflegegrad werden alle Leistungen ab diesem Zeitpunkt rückwirkend gewährt. Das Ergebnis der Begutachtung wird schriftlich mitgeteilt. 

Um die Einschätzung der MDkurz fürMedizinischer Dienst-Mitarbeiterin oder des MDkurz fürMedizinischer Dienst-Mitarbeiters nachvollziehen zu können, sollte man sich das Gutachten zusenden lassen. Das ist auch hilfreich, wenn die Pflegebedürftigkeit zu niedrig eingestuft oder der Antrag abgelehnt wurde und man Widerspruch einlegen will.

Pflegebegutachtung bei Kindern

Auch bei Externer Link:Kindern steht bei der Überprüfung einer Pflegebedürftigkeit die Selbstständigkeit im Mittelpunkt. Allerdings gibt es hier zwei grundlegende Unterschiede: Während Erwachsene im Laufe ihres Lebens durch Krankheit und Behinderung Fähigkeiten und Fertigkeiten verlieren, müssen Kinder Selbstständigkeit erst lernen. Deshalb wird die Entwicklung des untersuchten Kindes vom MDkurz fürMedizinischer Dienst mit der eines gesunden, gleichaltrigen Kindes verglichen. Ab dem 11. Geburtstag gelten dann dieselben Regeln wie bei Erwachsenen.

Pflegebedürftige Säuglinge und Kleinkinder bis zum 18. Lebensmonat werden pauschal einen Pflegegrad höher eingestuft, als bei der Begutachtung festgestellt wurde. In diesem Alter sind Kinder in allen Lebensbereichen so unselbstständig, dass ein Unterschied wegen Behinderung kaum ins Gewicht fallen würde.

Pflegebedürftige Kinder würden andernfalls keinen oder nur einen unangemessen niedrigen Pflegegrad erreichen. Mit der Sonderregelung will der Gesetzgeber sicherstellen, dass die betroffenen Kinder eine ausreichende Versorgung erhalten. Bei der Feststellung des Pflegegrades stützt sich der MDkurz fürMedizinischer Dienst auf altersunabhängige Beurteilungskriterien und untersucht zusätzlich, ob das Kind ernsthafte Probleme bei der Nahrungsaufnahme und damit einen außergewöhnlichen pflegeintensiven Hilfebedarf hat.

Zusätzlich haben Eltern eines pflegebedürftigen Kindes nach der Geburt die Möglichkeit, bereits im Krankenhaus einen vorläufigen Pflegegrad zu beantragen.

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