Mindestlohn wirkt – Lohnungleichheiten konnten deutlich verringert werden
Seit Einführung des Mindestlohns 2015 sind die Einkommen deutlich gestiegen. Besonders in den östlichen Bundesländern profitieren viele davon. Trotzdem ist der Niedriglohnsektor in Deutschland groß.
Einkommen stiegen nach Einführung des Mindestlohns
„Der Mindestlohn hat wesentlich dazu beigetragen, Lohnungleichheiten in verschiedenen Regionen Deutschlands zu verringern“,
erklärt Dr. Toralf Pusch, Forscher des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung. Das WSI warnt jedoch, dass Minierhöhungen wie zuletzt von 12 auf 12,41 Euro zum 1. Januar 2024 den positiven Effekt wieder zunichte machen können.
Das WSI hat bei seiner Studie die fünfjährlich erhobenen Zahlen der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) für 2008, 2013 und 2018 herangezogen. Die Zahlen für 2023 sind noch nicht veröffentlicht. Das Team nahm das untere Drittel der Einkommensgruppen in den Blick. Der Sprung nach Einführung des Mindestlohns 2015 ist hier hoch: Zwischen 2013 und 2018 stiegen die Einkommen im Vergleich zu 2008 im Osten um etwa 21 Prozent, im Westen um rund 12 Prozent.
Da in den östlichen Bundesländern der Niedriglohnsektor viel größer als im Westen ist, fällt der Zuwachs hier stärker aus. Der Unterschied kommt auch daher, dass die Tarifbindung der Betriebe in den östlichen Bundesländern geringer als in den westlichen ist. Tarifverträge sorgen generell für höhere Löhne.
WSI-Studie
Die Studie des WSI kann hier im PDF-Format heruntergeladen werden:
Oft nur Niedriglohn – VdK fordert deutliche Anhebung
Trotz Mindestlohn ist Niedriglohn weit verbreitet. Davon spricht man, wenn der Stundenlohn unter 14 Euro liegt. Im April 2023 erhielten nach Zahlen der Bundesregierung 12,3 Prozent der tariflich bezahlten Arbeitnehmenden in Deutschland weniger als 14 Euro Stundenlohn, bei nicht tarifgebundenen Unternehmen sind es sogar 30,2 Prozent.
Hinzu kommt, dass nicht alle Arbeitgeber Mindestlohn zahlen. Bei Betriebskontrollen werden besonders im Gast- und Übernachtungs- sowie im Transportgewerbe immer wieder Verstöße festgestellt.
Aktuell liegt der Mindestlohn bei 12,41 Euro. Nach EU-Vorgaben ist das zu niedrig. Demnach muss der Mindestlohn bei mindestens 60 Prozent des mittleren nationalen Lohns liegen. Für Deutschland ergäben sich nach DGBkurz fürDeutscher Gewerkschaftsbund-Berechnungen für 2024 deshalb 14 Euro, für 2025 sogar 15 Euro. Diese Zahl hatte zuletzt auch Bundeskanzler Olaf Scholz als Ziel genannt.
Der Sozialverband VdK fordert eine deutliche Anhebung des Mindestlohns. Rechengröße ist, ob sich mit einer Vollzeittätigkeit zum Mindestlohn über 45 Jahre eine Rente über der Grundsicherung erwirtschaften lässt. Derzeit wären das mindestens 14 Euro.