Europawahl 2024: Je sozialer Europa ist, desto sozialer wird Deutschland
Der VdK ruft seine Mitglieder auf, am 9. Juni zur Wahl des EU-Parlaments zu gehen. Eine der größten Stärken des VdK ist seine politische Unabhängigkeit. Der VdK bekennt sich zur europäischen Idee: der Förderung von Sicherheit und Frieden.
Das EU-Recht prägt das tägliche Leben
Der Ausgang der Europawahl 2024 ist trotz aller parteipolitischer Unabhängigkeit für den VdK und vor allem für seine Mitglieder sehr wichtig. VdK-Präsidentin Verena Bentele unterstreicht die Bedeutung Europas für die Bürgerinnen und Bürger in Deutschland: „Je sozialer Europa ist, desto sozialer wird auch Deutschland.“
Auch wenn die europäischen Machtzentren weit weg erscheinen, wird mittlerweile fast jeder Teilaspekt des täglichen Lebens vom EU-Recht, das einen direkten Einfluss auf sozialrechtliche Vorgaben in Deutschland hat, geprägt.
Inklusion, Mindestlohn, Antidiskriminierung
Am 9. Juni werden die deutschen Abgeordneten für das Europaparlament im französischen Straßburg gewählt, das sich aus den in den einzelnen EU-Ländern gewählten Abgeordneten zusammensetzt. Diese bilden mit ihren Parteien europäische Fraktionen und stehen gemeinsam für die jeweilige politische Denkrichtung (wie zum Beispiel konservativ, liberal oder sozialdemokratisch). Das EU-Parlament ist als elementares Organ in der europäischen Gesetzgebung an allen Gesetzgebungsverfahren beteiligt. Nur in Ausnahmefällen hat es eine beratende Funktion.
Zahlreiche Aspekte des deutschen Sozialrechts und des Arbeitslebens werden sehr stark von Vorgaben aus dem europäischen Recht geprägt. Wichtige Bereiche sind die Umsetzung der EU-Richtlinie zur Inklusion, der Kampf für einen höheren Mindestlohn und das Antidiskriminierungsrecht.
Der Schutz gegen Diskriminierung, beispielsweise von Frauen oder von Menschen mit Behinderung, spielt eine besondere Rolle: Immer wieder verbessert die europäische Gesetzgebung Diskriminierungsverbote auf deutscher Ebene. Europäische Fördergelder und Gesetze sind wichtig, damit Deutschland Externer Link:barrierefreier wird. Auch werden die Lebensbedingungen in den einzelnen Ländern durch einheitliche europäische Richtlinien immer weiter angepasst: Die Einführung eines Externer Link:EU-Behindertenausweises ist nur ein konkretes Beispiel dafür.
Soziale Sicherungssysteme stärken im Kampf gegen Armut
Im Kampf gegen Externer Link:Armut ist die „Europäische Säule sozialer Rechte“ das Kernstück: Mit diesen verbindlichen Regelungen werden soziale Sicherungssysteme gestärkt und in den unterschiedlichen Ländern angeglichen. Bei deren Umsetzung wirkt das Europäische Parlament wegweisend mit.
In den kommenden Jahren wird es wichtiger werden, wie eine gemeinsame europäische Externer Link:Klimapolitik besonders betroffene Gruppen wie ältere Menschen schützen kann. Die sozialen Auswirkungen aller klimapolitischen Maßnahmen müssen in der Zukunft in Straßburg und in Brüssel für Bürgerinnen und Bürger in allen europäischen Mitgliedsstaaten konsequent mitgedacht werden.
Bentele appelliert an alle wahlberechtigten VdK-Mitglieder, am 9. Juni bei der Europawahl ihre Stimme abzugeben: „Europa wird für unser Leben immer wichtiger. Gerade in den Bereichen der Armutsbekämpfung und einer sozialen Klimapolitik werden die Weichen in Brüssel und in Straßburg gestellt. Sie mit Ihrer Wahlstimme bestimmen mit, ob Europa sozialer wird.“
EU-Wahl: Barrierefrei wählen
Um selbstbestimmt von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen, benötigen Wählerinnen und Wähler mit Behinderung barrierefreie Wahllokale und Möglichkeiten, ohne Einschränkung ihre Stimme abgeben zu können. Wie sieht die Lage aus – und was ist, wenn das Wahllokal aus der Wahlbenachrichtigung nicht zugänglich ist?
Barrierefreiheit des Wahllokals
Leider sind bei Weitem nicht alle Wahllokale barrierefrei zugänglich. Aktuell berichtete etwa der Externer Link:Berliner Tagespiegel, dass die Barrierefreiheit in Berlin-Mitte sogar abgenommen hat im Vergleich zur letzten Wahl 2019: Nur 62 Prozent, also weniger als zwei Drittel der Wahllokale im Berliner Bezirk Mitte sind barrierefrei.
In der Wahlbenachrichtigung, die alle Wahlberechtigten per Post erhalten beziehungsweise bereits erhalten haben, ist das Wahllokal genannt. Dabei stehen auch Hinweise zur Barrierefreiheit, etwa ein Rollstuhl-Piktogramm und der Satz “Ihr Wahllokal ist auch für Menschen mit Gehbehinderung barrierefrei zugänglich”
. Ist der Wahlraum nicht barrierefrei zugänglich, dann kann ein Wahlschein für einen geeigneten Wahlraum in einem Wahllokal des Kreises oder der kreisfreien Stadt mit barrierefreiem Zugang Externer Link:beantragt werden. Darüber hinaus kann auch ein Antrag auf Erteilung eines Wahlscheins für die Briefwahl gestellt werden. Das geht per Post (Formular ist in der Wahlbenachrichtigung enthalten) oder online (ein QR-Code mit Link steht in der Wahlbenachrichtigung).
Wahl für blinde und sehbehinderte Menschen
In der Wahlbenachrichtigung steht ein Vermerk zur Stimmzettelschablone für blinde und sehbehinderte Wählerinnen und Wähler. Hier ist ein Kontakt angegeben, unter dem die Schablone zum selbständigen Wählen angefordert werden kann. Für Berlin ist das beispielsweise der Externer Link:Allgemeine Blinden- und Sehbehindertenverband Berlin (ABSV).
Der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) hat auf seiner Website Informationen für blinde und sehbehinderte Menschen zur Wahl zusammengestellt: Externer Link:Wahlunterstützung für blinde und sehbehinderte Menschen
Hilfsperson mitnehmen
In Deutschland gibt es die Möglichkeit zur Wahlassistenz. Das heißt, Betroffene können sich beim Wahlvorgang von einer selbst gewählten Begleitperson unterstützen lassen.
Leichte Sprache
Auf der Website des Europäischen Parlamentes gibt es viele Informationen zur Europawahl 2024 in Leichter Sprache: Externer Link:Europawahl 2024 - Leichte Sprache
Inklusion bei den Wahlen? Nicht in ganz Europa
Bei der letzten Europawahl 2019 konnten etwa 400.000 Menschen in Europa nicht wählen, sie waren von den Wahlen ausgeschlossen. Nicht alle Länder gewähren das Wahlrecht für Menschen mit Behinderung unabhängig von ihrem Betreuungsstatus. Deutschland gehört zu den Ländern, in denen auch Menschen, die unter Betreuung stehen, wählen dürfen. Aber auch hier hat es lange genug gedauert, bis die Wahlrechtsausschlüsse endlich abgeschafft waren. Hier dürfen voll betreute Menschen seit Juli 2019 endlich wählen (Externer Link:mehr zum Urteil lesen).
Der Sozialverband VdK hatte sich gemeinsam mit vielen anderen Verbänden lange dafür eingesetzt. Letztlich war es dann aber eine Klage bis zum Bundesverfassungsgericht und das Urteil 2019, welche dazu geführt hat, dass die diskriminierenden Regelungen in den deutschen Wahlgesetzen abgeschafft werden mussten. Vorher hatten die meisten Parteien keinen Änderungsbedarf gesehen. Die Wahlrechtsänderung trat zum 1. Juli 2019 in Kraft und betraf in Deutschland etwa 80.000 Menschen – für die Teilnahme an der letzten Wahl 2019 war das aber leider bereits zu spät.