Kategorie Urteil Sozialrecht

BGH: Betreuungsgericht muss Verfahrenspfleger einbeziehen

Wenn ein Betreuungsgericht einen psychisch Kranken im Betreuungsverfahren anhört, muss auch ein einmal bestellter Verfahrenspfleger daran teilnehmen können. Anderenfalls ist die Entscheidung über die Betreuung fehlerhaft und muss aufgehoben werden, entschied der Bundesgerichtshof in Karlsruhe.

geöffneter Aktenordner liegt auf dem Tisch
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Den rechtlichen Bestimmungen zu Folge muss ein Betreuungsgericht einen Verfahrenspfleger einsetzen, wenn einem Menschen ein rechtlicher Betreuer an die Seite gestellt werden soll. Ein Verfahrenspfleger ist dann notwendig, wenn dies zur Wahrnehmung der Interessen des Betroffenen erforderlich ist, so der Bundesgerichtshof (BGH) in einem aktuellen Urteil. Meistens ist das dann der Fall, wenn ein Betreuer sich um alle Angelegenheiten des Betroffenen kümmern soll. Der Verfahrenspfleger soll im Betreuungsverfahren für die Rechte des zu Betreuenden eintreten.

Im jetzt entschiedenen Fall hatte eine 41-jährige, an einer paranoiden Schizophrenie erkrankte Frau die Aufhebung ihrer Betreuung beantragt. Das Amtsgericht hörte die Frau zwar an, der bestellte Verfahrenspfleger war bei der Anhörung aber nicht beteiligt. Das Landgericht bestätigte die Einrichtung der Betreuung ohne die 41-Jährige nochmals persönlich zu befragen. Eine Betreuerin könne sicherstellen, dass Behandlungs- und Reha-Möglichkeiten besser umgesetzt werden. Einer weiteren Chronifizierung der Erkrankung könne entgegengewirkt werden.

Betreuungsgericht muss Verfahrenspfleger einbeziehen

Doch das Landgericht muss neu über die Einrichtung der Betreuung entscheiden, so der BGH in Karlsruhe in seinem Beschluss vom 21. Juni 2017 (Az.: XII ZB 45/17). Hier habe das Amtsgericht fehlerhaft bei der persönlichen Anhörung der Betroffenen den Verfahrenspfleger nicht hinzugezogen. Das Landgericht hätte wegen dieses Fehlers daher erneut die Frau persönlich anhören und dem Verfahrenspfleger Gelegenheit zur Teilnahme an der Befragung geben müssen. Der Verfahrenspfleger ist vom Gericht im selben Umfang wie der Betroffene an den Verfahrenshandlungen zu beteiligen, so der BGH.

Zwar sei die Bestellung eines Verfahrenspflegers nicht immer erforderlich. Sobald aber ein Gericht einen Verfahrenspfleger bestellt habe, erlange er eine vollwertige Beteiligtenstellung in dem Betreuungsverfahren.