Kategorie Urteil Sozialrecht

BSG: Keine Sperrzeit bei Arbeitslosigkeit nach Altersteilzeit

Die Bundesagentur für Arbeit darf besonders langjährig Versicherten nicht das Arbeitslosengeld I verweigern, weil sie sich nach ihrer Altersteilzeit bis zum Beginn der abschlagsfreien Rente nach dem 63. Geburtstag noch arbeitslos gemeldet haben. Das hat das Bundessozialgericht entschieden.

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Abschlagsfreie Rente mit 63: Für welche Versicherten gilt sie? © IMAGO / Michael Gstettenbauer

Nach einem Urteil des Bundessozialgerichts entfällt die Sperrzeit beim Arbeitslosengeld I für Arbeitnehmer, die nach ihrer Altersteilzeit bis zum Beginn ihrer abschlagsfreien Rente mit 63 vorübergehend noch Arbeitslosengeld beantragen. Denn mit der Altersteilzeitvereinbarung liege ein “wichtiger Grund” vor, das Arbeitsverhältnis zu beenden, urteilte das Gericht am 12. September 2017 (Az.: B 11 AL 25/16 R).

Regelungen für die "Rente ab 63"

Hintergrund des Urteils sind die als “Rente ab 63” bekannten Rentenregeln für besonders langjährig Versicherte. Sie können seit dem 1. Juli 2014 nach dem 63. Geburtstag abschlagsfrei in Rente gehen, das genaue Alter hängt vom Geburtsjahrgang ab. Voraussetzung für die Rente ab 63 ist, dass Arbeitnehmer mindestens 45 Jahre Beiträge in die Rentenversicherung eingezahlt haben.

Nach dem aktuellen Urteil können Arbeitnehmer, die am 1. Juli 2014 bereits eine Altersteilzeit vereinbart hatten, deren Vertrag aber einige Monate vor dem Anspruch auf die abschlagsfreie Rente ausläuft, nun auch von der abschlagsfreien Rente profitieren.

Im entschiedenen Fall hatte die Klägerin bereits 2006 mit ihrem Arbeitgeber eine Altersteilzeit im Blockmodell vereinbart. Der Arbeitgeber befristete ihr zunächst unbefristetes Arbeitsverhältnis bis Ende der Freistellungsphase. Danach sollte für sie nahtlos die Rente beginnen, allerdings mit Abschlägen in Höhe von 7,5 Prozent.

Als die Politik die abschlagsfreie Rente mit 63 einführte, fehlten der Frau nach ihrer Altersteilzeit noch drei Monate, um diese beanspruchen zu können. Die 45 Beitragsjahre hatte sie erfüllt, das notwendige Alter aber noch nicht erreicht. Sie meldete sich daher vom 1. Dezember 2015 bis 22. Februar 2016 arbeitslos. Ab dem 1. März 2016 bezog sie die abschlagsfreie Rente.

Rente mit 63: Arbeitsagentur verhängt Sperrzeit beim Arbeitslosengeld I

Die Bundesagentur lehnte es ab, der Frau für die strittigen drei Monate Arbeitslosengeld I zu zahlen. Sie habe ihren unbefristeten Arbeitsvertrag wegen der Altersteilzeit befristen lassen, sie habe damit ihre Arbeitslosigkeit selbst verschuldet. Die Behörde verhängte eine zwölfwöchige Sperrzeit auf das Arbeitslosengeld I. Es fehle an einem “wichtigen Grund”, das Arbeitsverhältnis zu beenden.

Dem widersprach nun das Bundessozialgericht. Dass die Klägerin sich wegen der Einführung der abschlagsfreien Rente noch einmal für drei Monate arbeitslos gemeldet hat, sei ihr nicht anzulasten. Entscheidend sei, dass sie zum Zeitpunkt des Altersteilzeitvertrages im Jahr 2006 beabsichtigt hatte, nahtlos und damals noch mit Abschlägen in Rente zu gehen. Es sei nicht anzunehmen, dass sie von Anfang an sich nach der Altersteilzeit arbeitslos melden wollte. Dass sie diese Meinung später änderte, um die zum Juli 2014 eingeführte abschlagsfreie Rente zu erhalten, spiele keine Rolle, so das Bundessozialgericht.

Rente ab 63 und Zeiten der Arbeitslosigkeit

Bereits am 17. August 2017 hatte das Gericht keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die abschlagsfreie Rente ab 63 geäußert (Az.: B 5 R 8/16 R und B 5 R 16/16 R). Allerdings dürfen man die erforderlichen 45 Beitragsjahre nicht durch Zeiten der Arbeitslosigkeit vollmachen. Es sei mit dem Gleichheitsgrundsatz im Einklang, dass Rentenbeiträge der Arbeitsagentur in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn nur bei Insolvenz oder Geschäftsaufgabe zählten.