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In Deutschland hatte man sich ja schon fast daran gewöhnt: an die Schlangen vor den Tafeln, in denen Tag für Tag arme Menschen für Lebensmittel anstehen. Doch jetzt hat eine Tafel in Essen Alarm geschlagen. Es seien einfach viel zu viele, die Nahrungsmittel bekommen wollen. Man müsse die Notbremse ziehen, damit nicht die etwas Stärkeren den ganz Schwachen den Platz an der Tafel streitig machen.
Als ich davon gehört habe, dachte ich: Es ist beschämend. Aber nicht für die verzweifelten Tafelkunden und schon gar nicht für die Ehrenamtlichen, die sich in Essen keinen anderen Rat mehr wussten, als vorübergehend junge Männer mit Flüchtlingshintergrund auszuschließen. Nein, es ist beschämend für unseren Staat, dass er seine Pflicht zur Daseinsfürsorge an Vereine wie die Tafeln abgibt und die Organisation der Armut ganz bequem dem Ehrenamt überlässt.
Armut ist Armut. Die Diskussion darf deshalb nicht darum gehen, dass „die Flüchtlinge“ den anderen das Essen wegnehmen. Damit wird nur ein Elend gegen das andere ausgespielt. Die Tafeln mögen manchen Politikern ihr schlechtes Gewissen erleichtern. Schließlich werden Lebensmittel, die vernichtet würden, an Menschen gegeben, die sie brauchen. Armutsursachen werden damit aber nicht bekämpft. Letztlich sind die Tafeln wie ein Pflaster, das eine offene Wunde nur verdeckt, aber nicht heilt.
Wie sehr sich der Staat schon auf die Tafeln verlässt, ist daran zu sehen, dass manchen Briefen mit den Bescheiden zur Grundsicherung gleich die Adresse der nächsten Ausgabestelle für Lebensmittel beigefügt wird. Aber wie passt das damit zusammen, dass in Deutschland angeblich niemand hungern muss? Und wie sieht es in Regionen aus, in denen es keine Tafeln gibt oder diese wegen des Andrangs einfach niemanden mehr aufnehmen können?
Die Debatte, die durch die Essener Tafel ausgelöst wurde, hat das Bewusstsein für die Armut im Land wieder geschärft. Jeder Mensch hat das Recht auf ein Leben in Würde. Erst wenn Tafeln überflüssig geworden sind, ist dieses Ziel endlich erreicht.
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Ulrike Mascher, VdK-Präsidentin
Schlagworte Armut | Tafeln | soziale Spaltung | Grundsicherung | Flüchtlinge
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