27. April 2018
RENTE

Informationen rund um die Erwerbsminderungsrente

In Deutschland erhalten etwa 1,8 Millionen Menschen eine Erwerbsminderungsrente. Was sind die Voraussetzungen zum Erhalt dieser Rentenart? Wie hoch ist die Erwerbsminderungsrente? Was bedeutet "voll" und "teilweise" erwerbsgemindert? Wir klären Fragen rund um das wichtige Thema. Am Seitenfuß finden Sie auch ein Video zur Erwerbsminderungsrente.

Symbolfoto: Gebäude der Deutschen Rentenversicherung, auf dem Gehweg davor geht eine Frau mithilfe eines Gehstocks.
Wer aufgrund einer Krankheit oder Behinderung kaum oder gar nicht mehr arbeiten kann, kann unter Umständen eine Erwerbsminderungsrente erhalten. | © imago/Frank Sorge

Ein Unfall oder eine schwere Krankheit: Wer nicht mehr oder nur noch sehr wenig arbeiten kann, kann unter bestimmten Umständen eine sogenannte Erwerbsminderungsrente (EM-Rente) erhalten. In Deutschland gibt es etwa 1,8 Millionen Erwerbsminderungsrentnerinnen und -rentner. Sie machen mittlerweile 20 Prozent aller Neurentner aus.

Voraussetzungen für die Erwerbsminderungsrente

Die Hürden zum Erhalt einer Erwerbsminderungsrente sind in Deutschland sehr hoch. Laut Statistik werden über 40 Prozent der Anträge abgelehnt. Um eine EM-Rente zu erhalten, müssen zum einen versicherungsrechtliche, zum anderen medizinische Voraussetzungen erfüllt sein. Die rechtlichen Grundlagen zur Erwerbsminderungsrente finden sich unter anderem im Sechsten Sozialgesetzbuch, SGB 6, § 43.

Versicherungsrechtliche Voraussetzungen: Bedingung für den Erhalt einer Erwerbsminderungsrente ist zunächst, dass man die Regelaltersgrenze (das Alter, ab dem man die Altersrente erhalten würde) noch nicht erreicht hat. Außerdem muss man mindestens fünf Jahre lang in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert gewesen sein, bevor die Erwerbsminderung eingetreten ist. In den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung müssen drei Jahre mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sein.

Medizinische Voraussetzungen: Geprüft wird zunächst, ob die Arbeitsfähigkeit des Antragstellers durch medizinische oder berufliche Reha-Maßnahmen doch wieder ganz oder teilweise hergestellt werden kann. Diesen Grundsatz nennt man „Reha vor Rente“. Die Überprüfung erfolgt durch den Rentenversicherungsträger. Ist es nicht möglich, durch eine Rehabilitations-Maßnahme die Arbeitsfähigkeit wiederherzustellen, wird geprüft, in welchem zeitlichen Umfang der Antragsteller noch arbeiten kann. Davon ausgehend wird dann festgestellt, ob eine Rente wegen voller oder wegen teilweiser Erwerbsminderung in Frage kommt.

Befristung: Erwerbsminderungsrenten werden in der Regel nur für einen bestimmten Zeitraum bewilligt. Nur wenn es unwahrscheinlich ist, dass die Arbeitsfähigkeit wieder hergestellt werden kann, und wenn jemand unter drei Stunden täglich arbeitsfähig ist, kann die Rente unbefristet bewilligt werden. Der Anspruch auf die EM-Rente besteht nur, solange die Erwerbsminderung besteht. Das bedeutet, dass die Erwerbsminderungsrente wieder entzogen werden kann, sobald sich der Gesundheitszustand bessert.

Wichtig bei befristeten Erwerbsminderungsrenten: Rechtzeitig den Antrag auf Weiterzahlung beim Rentenversicherungsträger stellen (etwa sechs Monate vor Ablauf der Befristung).

Was bedeutet volle und teilweise Erwerbsminderung?

Wer aus gesundheitlichen Gründen, also wegen einer Krankheit oder Behinderung, weniger als drei Stunden täglich arbeiten kann - und zwar nicht nur in seinem Beruf, sondern in allen Berufen -, kann Anspruch auf die volle Erwerbsminderungsrente haben.

Wer weniger als sechs Stunden am Tag, aber mehr als drei Stunden am Tag arbeiten kann, der hat Anspruch auf eine teilweise Erwerbsminderungsrente. Wer sechs Stunden und mehr täglich arbeiten kann, erhält keine Rente.

Wie hoch ist die Erwerbsminderungsrente?

Die Höhe der Erwerbsminderungsrente hängt mit dem Rentenanspruch zusammen, den man bisher erworben hat. Sie errechnet sich aus den persönlichen Entgeltpunkten des Versicherten, dem Rentenartfaktor und dem aktuellen Rentenwert. In der Renteninformation, die von der Deutschen Rentenversicherung jährlich verschickt wird, wird über die Höhe der EM-Rente informiert. Die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ist übrigens halb so hoch wie die volle Erwerbsminderungsrente.

Die Grafik zeigt die Entwicklung der durchschnittlichen Auszahlungsbeiträge bei Erwerbsminderungsrenten in Euro pro Monat zwischen 200 und 2015. Demnach lag der Betrag bei Männern (West) im Jahr 2000 bei 875 Euro, in 2015 nur noch bei 702 Euro. Frauen West: 676 Euro im Jahr 2000, 640 Euro in 2015. Männer Ost: 828 Euro in 2000, 643 Euro in 2015. Frauen Ost: 803 Euro in 2000, 717 Euro in 2015.
Entwicklung der durchschnittlichen Höhe der Erwerbsminderungsrenten in den Jahren 2000 bis 2015. Zum Vergrößern bitte auf die Grafik klicken. | © VdK

Rentenerhöhung: Steigt auch die Erwerbsminderungsrente?

Zum 1. Juli 2018 sind die Renten gestiegen, und zwar um 3,22 Prozent in den alten Bundesländern und um 3,37 Prozent in den neuen Bundesländern. Betreffen die jährlichen Rentenanpassungen auch die Erwerbsminderungsrente? Ja! Die Rentenanpassung betrifft alle Renten der gesetzlichen Rentenversicherung, also neben der Regelaltersrente zum Beispiel auch die Erwerbsminderungsrente und die Witwen- und Witwerrente.

Abschläge bei der Erwerbsminderungsrente

Früher war es möglich, bereits ab 63 Jahren die Erwerbsminderungsrente ohne Abschläge zu erhalten. Seit 2012 wird diese Altersgrenze von 63 Jahren für eine abschlagsfreie Rente schrittweise auf das 65. Lebensjahr angehoben. Ab dem Jahr 2024 kann die abschlagsfreie Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit erst mit 65 Jahren in Anspruch genommen werden.

Aber: Wer vor Erreichen dieser Altersgrenze eine EM-Rente bezieht, muss Abschläge in Kauf nehmen - das heißt, dass anteilig etwas von der Rente abgezogen wird. Der Abschlag beträgt 0,3 Prozent pro Monat, den man vorzeitig in Rente geht. Maximal kann der Rentenabschlag 10,8 Prozent betragen. Wichtig zu wissen ist, dass der Abschlag auf die Rente lebenslang bestehen bleibt – auch bei der zukünftigen Altersrente!

Wie kann man eine Erwerbsminderungsrente erhalten?

Um eine Erwerbsminderungsrente zu erhalten, muss man einen Antrag beim zuständigen Rentenversicherungsträger stellen. Danach wird geprüft, ob ein Anspruch besteht.

Die Verfahren können sehr langwierig sein – teilweise dauert es mehrere Jahre, bis eine EM-Rente bewilligt ist. Der Sozialverband VdK berät seine Mitglieder zum Thema und bietet rechtlichen Beistand im Ablehnungs- oder Widerspruchsfall.

Wieviel darf man zur Erwerbsminderungsrente hinzuverdienen?

Bei der Erwerbsminderungsrente gelten Hinzuverdienstgrenzen:

  • Für die teilweise Erwerbsminderungsrente wird die Hinzuverdienstgrenze immer individuell berechnet. Sie liegt im Jahr 2018 bei mindestens 14.798,70 Euro jährlich. Lassen Sie sich von Ihrem Rentenversicherungsträger Ihre individuelle Hinzuverdienstgrenze berechnen.
  • Für die volle Erwerbsminderungsrente gilt eine feststehende Hinzuverdienstgrenze von aktuell 6.300 Euro pro Kalenderjahr.

Werden die Hinzuverdienstgrenzen überschritten, kann die Erwerbsminderungsrente gekürzt werden. Übrigens sind nicht nur berufliche Tätigkeiten relevant, sondern beispielsweise auch eine Vergütung im Ehrenamt.

Erwerbsminderungsrente ist ein komplexes Thema. Es gibt viele Ausnahmeregelungen und Besonderheiten. In diesem Artikel können wir nur einen kurzen Überblick geben. Lassen Sie sich ausführlich vom Sozialverband VdK vor Ort beraten: Mitgliedschaft

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Schlagworte Erwerbsminderung | Erwerbsminderungsrente | Rente | Krankheit | Behinderung | Anspruch | Voraussetzungen | Widerspruch | Hinzuverdienst

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