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350 Schilder, 350 Botschaften an die Politik – eine „Demonstration ohne Menschen“ vor dem Kanzleramt sorgte zum Auftakt der Nächstenpflege-Kampagne des Sozialverbands VdK für Aufsehen.
Wer seine Nächsten pflegt oder von ihnen gepflegt wird, hat keine Zeit zu demonstrieren. Um diesen Menschen dennoch eine Stimme zu geben, hat der VdK Deutschland am 9. Mai mit einer ungewöhnlichen Aktion eine Kampagne zur Nächstenpflege gestartet: Vor dem Kanzleramt in Berlin stellte er 350 Schilder mit Botschaften seiner pflegenden oder pflegebedürftigen Mitglieder auf.
Mit der „Demonstration ohne Menschen“ zeigte der VdK, wie dringend notwendig eine Reform der Leistungen in der häuslichen Pflege ist. Zu lesen waren dort Appelle wie: „18 Stunden Pflege täglich! Wo bleibt da der Mindestlohn?“ oder „Gebt uns endlich, was uns zusteht: Anerkennung und finanzielle Mittel für eine gute Pflege.“ Journalisten, Passanten sowie Politikerinnen und Politiker blieben stehen, fotografierten die Forderungen und Sprüche und teilten sie in den sozialen Medien. Unter ihnen war auch die Pflegebeauftragte der Bundesregierung, Claudia Moll, die dem VdK zur gelungenen Aktion gratulierte.
„So viele Menschen pflegen unter schwierigen Bedingungen ihre Eltern, Kinder, Nachbarn oder Freunde. Sie müssen endlich gehört werden und mehr Unterstützung bekommen“, sagte VdK-Präsidentin Verena Bentele zum Start der Kampagne bei einer Pressekonferenz.
Dort stellte der Pflegewissenschaftler Professor Andreas Büscher die Ergebnisse der bislang größten Online-Befragung zur Nächstenpflege vor, an der im vergangenen Jahr 56.000 VdK-Mitglieder teilgenommen hatten: 62 bis 93 Prozent der Anspruchsberechtigten rufen demnach Pflegeleistungen wie den Entlastungsbetrag, die Tages-, Kurzzeit- oder Verhinderungspflege nicht ab. Zu starr sei das System, zu bürokratisch und zu wenig an den Bedürfnissen der Menschen orientiert, kritisierte Bentele.
Der VdK fordert deshalb ein einheitliches jährliches Nächstenpflege-Budget, in das all diese Leistungen einfließen und mit dem Pflegende und Pflegebedürftige das bezahlen können, was für sie sinnvoll ist. Ist dies etwa eine regelmäßige Hilfe im Haushalt, so sollte sie aus dem Budget unkompliziert und in der benötigten Höhe bezahlt werden können – ohne dass die Person, die diese Leistung erbringt, einen mehrwöchigen Kurs dafür belegt haben muss wie im Moment. Die Abrechnung mit der Kasse könnte dann über eine Quittung erfolgen, erklärte Bentele. Eine monatliche Übersicht über den verbrauchten Anteil des Etats verhelfe zudem zu mehr Transparenz.
Dass so wenig Tagespflege abgerufen wird, liegt aber auch daran, dass es zu wenig Plätze gibt. Deshalb fordert der VdK einen Rechtsanspruch auf einen Tagespflegeplatz vergleichbar dem auf einen Kita-Platz für Kinder.
Ein weiteres Ergebnis der Studie: Erhält ein pflegender Angehöriger eine Beratung, steigt die Wahrscheinlichkeit, eine Pflegeleistung zu nutzen, um ein Vielfaches. „Darum brauchen wir eine regelmäßige, unabhängige, ortskundige Beratung, die den Menschen den Weg durch den Dschungel der Pflege-
bürokratie weist“, forderte Bentele.
Heike Vowinkel
Die Nächstenpflege-Kampagne des VdK wird ein Jahr lang dauern und mit dem Bundesverbandstag am 14. Mai 2023 enden. Geplant sind in den kommenden Monaten noch weitere Veranstaltungen, Aktionen und politische Gespräche.
Schon zwei Tage nach dem Kampagnen-Start traf VdK-Präsidentin Verena Bentele die Pflegebeauftragte der Bundesregierung, Claudia Moll (SPD), um bei ihr für die Nächstenpflege zu werben. Weitere Gespräche mit Vertreterinnen und Vertreter der zuständigen Ministerien (Gesundheit und Familie) folgen im Laufe des Sommers.
Am 27. September findet dann in Berlin ein Symposium mit Vertreterinnen und Vertretern aus Politik und Wissenschaft statt, bei dem es um Modelle einer Lohnersatzleistung für pflegende Angehörige gehen wird. Hierfür hat der VdK das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin (DIW) beauftragt, anhand eigener Bevölkerungsdaten sowie Ergebnissen der VdK-Nächstenpflegestudie mögliche Modelle und ihre Effekte zu berechnen. Diese sollen im Rahmen einer Pressekonferenz der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Im Laufe des Jahres wird es zudem einen Schwerpunkt zum Thema Pflegegeld ebenso wie eine Fachveranstaltung zu Familien mit pflegebedürftigen Kindern geben.
Im November veranstaltet der Bundesverband einen digitalen Pflege-Aktionstag, zu dem VdK-Expertinnen und -Experten Workshops und Informationsveranstaltungen anbieten. Daran können alle VdK-Mitglieder, aber auch Interessierte teilnehmen. Es wird dort auch die Möglichkeit geben, sich mit anderen Pflegenden und Pflegebedürftigen auszutauschen.
Anfang 2023 ist eine Veranstaltung zur 24-Stunden-Pflege geplant. In den Landesverbänden werden zudem Unterschriftenaktionen stattfinden, mit denen Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) aufgefordert wird, einen Tag lang selbst in der Nächstenpflege zu arbeiten. Im Frühjahr 2023 will VdK-Präsidentin Verena Bentele diese Unterschriften dann an den Minister überreichen.
vo
Alle aktuellen Informationen zu Aktionen und Veranstaltungen im Rahmen der Kampagne finden Sie unter:
Schlagworte Nächstenpflege | Kampagne | pflegende Angehörige | Pflegebedürftige
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