14. September 2021
PFLEGE

Weniger Leistungen in der häuslichen Pflege - VdK geht juristisch dagegen vor

Steigende Kosten werden von der gesetzlichen Pflegeversicherung nicht ausgeglichen

Höhere Löhne für Pflegekräfte und finanzielle Entlastung für die Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeheimen: Die Pflegereform, die das Kabinett im Juni dieses Jahres beschlossen hat, scheint auf den ersten Blick positiv zu sein. Doch es gibt viele Verlierer dieser Reform – nämlich all jene Menschen, die zu Hause gepflegt werden. Für sie wird der VdK jetzt vor Gericht ziehen.

Symbolfoto: Eine Statue der Justitia
© Lupo/pixelio.de

3,1 Millionen Menschen in Deutschland werden zu Hause gepflegt. Sie nehmen Pflegegeld und/oder Pflegesachleistung in Anspruch. Zudem stehen allen zu Hause Gepflegten ab Pflegegrad 2 unter anderem die Tages-, Nacht- und Verhinderungspflege zur Verfügung. Zuletzt wurden die Preise im Pflegebereich im Jahr 2017 festgesetzt. Seither sind die Tarife der Pflegedienste aufgrund von Inflation und Lohnerhöhungen stetig gestiegen. Für die Pflegebedürftigen bedeutet dies, dass sie im Laufe der Jahre immer weniger Leistungen für das gleiche Geld bekommen.

Damit sollte nun eigentlich Schluss sein: Die Bundesregierung wollte ab 2021 die Beträge für alle Pflegeleistungen rückwirkend an die Inflation anpassen. Dafür standen jährlich 1,8 Milliarden Euro im Bundeshaushalt bereit. Auch die steigenden Löhne sollten in vollem Umfang berücksichtigt werden.
Wegen des Preisanstiegs wäre es nötig gewesen, sämtliche professionell erbrachten Pflegeleistungen in diesem Jahr um zehn Prozent zu erhöhen: fünf Prozent als Ausgleich für die Inflation und weitere fünf Prozent, um die zu erwartenden Lohnerhöhungen für die Pflege­kräfte aufzufangen.

Doch daraus wird nichts: Um die Zuschüsse für die stationäre Pflege zu finanzieren, hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn beschlossen, die Anpassung an die steigenden Pflegekosten bis 2025 auszusetzen. Lediglich die ambulante Pflegesachleistung wird um fünf Prozent erhöht – als Ausgleich für die Lohnerhöhungen, die voraussichtlich bei etwa acht Prozent liegen dürften. Den Rest der gestiegenen Personalkosten tragen die Pflegebedürftigen selbst. Die Inflation wird nicht berücksichtigt.


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Zunehmender Wertverlust

Für die nächsten Jahre heißt das: Die Betroffenen werden deutlich weniger Leistungen für ihr Geld bekommen. Wer etwa Pflegegrad 3 hat, erhält monatlich 1298 Euro Pflegesachleistung für die Tagespflege. Dieser Betrag ist seit 2017 unverändert. Durch die steigende Inflation liegt der Wertverlust bereits jetzt bei monatlich 65 Euro. Im Jahr 2025 werden es über 200 Euro sein.

In der Verhinderungspflege fehlen inflationsbedingt mittlerweile 80 Euro, bis 2025 dürften es 254 Euro sein. Etwas geringer fällt der Verlust beim Pflegegeld aus, das bei Pflegegrad 3 monatlich 545 Euro beträgt. In den vergangenen vier Jahren schrumpfte die Kaufkraft um 27 Euro. Bis 2025 werden es 86 Euro sein. Obwohl ursprünglich geplant, werden zudem der Entlastungsbetrag in Höhe von 125 Euro, den es ab Pflegegrad 1 gibt, sowie der Zuschuss zum Hausnotruf oder zu wohnumfeldverbessernden Maßnahmen nicht angehoben.

Aus Sicht des Sozialverbands VdK verfehlt die Pflegereform ihr Ziel. „Angekündigt war eine große Pflegereform, die die Betroffenen entlastet. Jetzt haben wir ein Pflegereförmchen, das die Betroffenen belastet“, kritisiert VdK-Präsidentin Verena Bentele. Die Mehrzahl der Pflegebedürftigen – nämlich diejenigen, die zu Hause gepflegt werden – bezahlten den Murks der schwarz-roten Koalition, so Bentele. Der VdK begrüßt zwar die bessere Entlohnung der Pflegekräfte, hält es aber für un­sozial, für die Kostensteigerung die Betroffenen zur Kasse zu bitten. „Dies dann auch noch als Reformerfolg zu verkaufen, ist schon sehr dreist“, betont Bentele. Gegen die ausgebliebene Erhöhung durch die Bundesregierung geht der VdK jetzt juristisch vor und ist auch bereit, bis zum Bundesverfassungsgericht zu gehen.

Pflegevollversicherung

Im Vergleich zur Krankenversicherung als Vollversicherung zeige sich, dass die Pflegeversicherung mit ihrem Teilleistungsprinzip an ihre Grenzen stoße, so Bentele. Außer einer Pauschale blieben sämtliche Kosten an den Pflegebedürftigen hängen. Der VdK fordert eine Pflegevollversicherung, die alle pflegebedingten Kosten übernimmt.

Annette Liebmann

Schlagworte Pflegereform | häusliche Pflege | Pflegepolitik | Pflegegeld | Klage

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