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Seit dem 1. Januar 2017 steht Pflegebedürftigen aller Pflegegrade monatlich ein Betrag von 125 Euro für zusätzliche Betreuungs- und Entlastungsleistungen zur Verfügung. Mit diesem Geld sollen sie sich kleine Hilfen zur Bewältigung des Alltags „kaufen“ können. Doch die Entlastung kommt nicht an. Pflegebedürftige und deren Angehörige warten bislang oft vergeblich auf Unterstützung.
Fenster putzen, ein Bad nehmen, Gartenarbeit oder einkaufen gehen: Wer pflegebedürftig ist, kann vieles nicht mehr alleine bewältigen. Niedrigschwellige Hilfen sollen es ermöglichen, dass Betroffene möglichst lange selbstständig zu Hause leben können. Darunter fallen beispielsweise Angebote der hauswirtschaftlichen Versorgung, Fahr- und Begleitdienste, Botengänge, Unterstützung bei Anträgen und vieles mehr. Sie können von allen Pflegebedürftigen ab Pflegegrad 1 abgerufen werden. Auch pflegende Angehörige sollen sich durch die Angebote eine Auszeit nehmen können.
Mittlerweile haben fast alle Bundesländer die entsprechende Verordnung auf den Weg gebracht. Bisher gibt es jedoch nur wenige Anbieter, meist in Städten und Ballungsräumen, während die Versorgung auf dem Land zu wünschen übrig lässt. Hier kommt auch der Fachkräftemangel zum Tragen. Viele Regionen haben bereits seit Jahren massive Probleme, Pflegekräfte zu finden. Bei den verschärft sich diese Situation.
Dabei wäre die Nachfrage nach Entlastungsleistungen groß. Doch die Menschen, die sie dringend benötigen, dürfen ausschließlich anerkannte Dienste beauftragen. Die Hürden für die Zulassung sind in den meisten Bundesländern hoch. Zu den Vorgaben gehört unter anderem der Nachweis von Schulungen. Während Beschäftigte der hauswirtschaftlichen Anbieter in Mecklenburg-Vorpommern beispielsweise eine 20-stündige Schulung absolvieren, müssen sie in Schleswig-Holstein 120 und in Baden-Württemberg sogar mindestens 160 Stunden nachweisen. Das macht die Dienstleistungen teurer.
Das Grundproblem ist, dass die Länder die Anerkennung an den hohen Anforderungen für die Betreuung von Pflegebedürftigen ausgerichtet haben. Auch wer entlastende Haushaltstätigkeiten anbietet, muss sich an diese Richtlinien halten. Nach Auffassung des Sozialverbands VdK braucht es für haushaltsnahe Dienstleistungen jedoch keine intensive Schulung. Zwar ist es wichtig, dass die Mitarbeiter entsprechend eingewiesen werden, wenn sie beispielsweise mit Demenzkranken zu tun haben. Die Mehrzahl derer, die Unterstützung im Alltag benötigen, sind jedoch körperlich eingeschränkt und suchen einfach nur jemanden, der beim Putzen hilft oder die Gardinen abhängt.
„Ich denke, es könnte auch ohne große Schulung viel geleistet werden“, ist VdK-Präsidentin Ulrike Mascher überzeugt. Bis zu 160 Stunden Ausbildung für einfache Hilfen im Haushalt seien unverhältnismäßig hohe Hürden. „Die Bundesländer müssen ihre Vorgaben dringend überarbeiten“, fordert sie.
Große Unterschiede weisen die Verordnungen der 16 Bundesländer auch hinsichtlich der zugelassenen Dienstleister auf. Die mit Abstand niedrigschwelligste Verordnung wurde in Sachsen erlassen. Um eine Anerkennung zu erhalten, ist eine Schulung zwar notwendig, die Stundenzahl wird aber nicht vorgeschrieben. Auch Einzelpersonen sind zugelassen. Dementsprechend ist die Anzahl der Angebote hoch.
Manche Bundesländer, wie beispielsweise Niedersachsen, stellen das Ehrenamt in den Mittelpunkt der Betreuungs- und Entlastungsleistungen. Etwa die Hälfte aller Bundesländer lässt Einzelpersonen zu. Diese müssen meist eine Zusammenarbeit mit einer Fachkraft eingehen. Viele Bundesländer setzen aber auch auf bewährte Anbieter, in der Regel bereits anerkannte Pflegedienste, deren Stundensatz im Vergleich zu Ehrenamtlichen oder einer Haushaltshilfe jedoch deutlich höher liegen.
Große Unterschiede gibt es auch bei den Kosten der Entlastungsleistungen. So legen beispielsweise Nordrhein-Westfalen und Thüringen in ihren Verordnungen fest, wie viel eine Stunde Hilfe kosten darf. Andere Bundesländer machen keine oder nur vage Angaben. Diese Lücke nutzen manche Anbieter aus. Bei Stundensätzen von über 60 Euro reichen die bereitgestellten 125 Euro gerade mal für knapp zwei bis drei Stunden Hilfe im Monat aus.
„Mit den Landesverordnungen sollte die Möglichkeit geschaffen werden, dass mit dem Entlastungsbetrag auch die Mithilfe von Freunden oder Nachbarn honoriert werden darf. Das wurde deutlich verfehlt“, erklärt Mascher. Ihrer Meinung nach ist am wichtigsten, dass die Hilfe ankommt: „Niedrigschwellige Angebote sollten auch niedrigschwellig ausgerichtet sein.“
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ali
Schlagworte Entlastungsbetrag | Pflege | Pflegereform
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