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Seit 2013 haben pflegende Angehörige Rechtsanspruch auf eine Reha – doch das Angebot ist bei Betroffenen und Ärzten zu wenig bekannt.
Die Pflege kranker Angehöriger ist eine große Herausforderung. Wer für seine Eltern, seinen Partner oder sein Kind da ist, leistet jeden Tag Großartiges. Doch der Preis ist hoch, denn oft gehen Pflegende an ihre Grenzen und darüber hinaus. Ein Drittel von ihnen wird selbst krank. Dass sie Anspruch auf eine stationäre Reha-Maßnahme haben, wissen die wnigsten.
Oft haben sie Kinder erzogen, dann sind sie für die pflegebedürftigen Eltern, den Partner oder die Schwiegereltern da. Zahlreiche Frauen tragen in unserer Gesellschaft eine große Last. Sie übernehmen die Sorgearbeit in der Familie und sind zeitlebens für andere da. So wie Elisabeth Knörle. Die 79-Jährige aus Brackenheim bei Heilbronn pflegt seit drei Jahren ihren schwerkranken Ehemann. Er hat Pflegestufe drei und ist wegen eines Nervenleidens rund um die Uhr auf seine Frau angewiesen. Zur Unterstützung kommt morgens und abends zwar ein Pflegedienst, doch die Hauptlast liegt auf den Schultern von Elisabeth Knörle.
„Irgendwann habe ich gemerkt, dass ich mich aus diesem kräftezehrenden Alltag mal rausnehmen muss, sonst wäre ich zusammengebrochen“, erzählt die Frau, die fünf Kinder groß gezogen hat. Doch ihr Antrag auf stationäre Reha wurde von der Krankenkasse abgelehnt. Sie solle eine ambulante Maßnahme antreten, hieß es. „Wie ich das mit der Pflege meines Mannes vereinbaren sollte, konnte mir keiner sagen“, sagt die 79-Jährige, die 15 Jahre den VdK-Ortsverband Oberes Zabergäu leitete und zudem Kreisfrauenvertreterin ist. Das VdK-Mitglied war bestens informiert und wusste, dass ihr eine solche Maßnahme zusteht. Deshalb zögerte sie nicht und ging mithilfe des VdK in Widerspruch. Mit Erfolg. Schon nach zwei Wochen kam die Zusage für die stationäre Reha.
Mit dem Inkrafttreten des Pflege-Neuausrichtungs-Gesetzes im Jahr 2013 haben pflegende Angehörige einen Rechtsanspruch auf eine Reha-Maßnahme. „Leider ist diese Möglichkeit vielen Betroffenen nicht bekannt“, weiß Anne Schilling, Geschäftsführerin des Müttergenesungswerks. Auch die Hausärzte würden oft nicht darüber informieren. Zudem gebe es einen weiteren Hemmschuh, der sich negativ auswirkt. Während bei Rehas für Mütter „stationär vor ambulant“ gilt, gebe es bei pflegenden Angehörigen die gesetzliche Vorgabe „ambulant vor stationär“. Das sei aber in der Realität nicht umsetzbar und müsse endlich vom Gesetzgeber geändert werden.
Anne Schilling weiß, wie nötig viele Frauen eine Reha-Maßnahme haben. „Bei vielen von ihnen wird die Zeit der Kindererziehung nahtlos von der Pflege der Angehörigen abgelöst“, so Schilling. Der Erwartungsdruck der Familie und des gesellschaftlichen Umfelds sei meist sehr hoch. „Diese Erfahrung machen die Frauen schon ganz früh. Es wird von ihnen erwartet, dass sie zuerst die Kinder erziehen und später Eltern oder Partner pflegen“, weiß die Geschäftsführerin des Müttergenesungswerks. Die Statistik gibt ihr Recht: Von den derzeit über 2,6 Millionen pflegebedürftigen Menschen in Deutschland werden zwei Drittel von Angehörigen zu Hause versorgt, meist von Frauen. Ein Drittel von ihnen pflegt neben der Berufstätigkeit.
In der Reha werden die vielfältigen Belastungen der Frauen und die daraus resultierenden Auswirkungen deutlich. Körperliche Probleme wie Rückenschmerzen gehen einher mit starker Erschöpfung bis hin zum Burn-out. Viele scheuen auch davor zurück, Entlastungsangebote der Pflegeversicherung wie Kurzzeitpflege in Anspruch zu nehmen, weil sie alles selbst schaffen wollen oder sie denken, dass sie ihre Angehörigen nicht allein lassen können. „Bei pflegenden Angehörigen hat sich die Belastung oft über Jahrzehnte summiert. Viele Frauen sind 60 und älter, wenn sie die Pflege übernehmen und selbst schon gesundheitlich angeschlagen“, erklärt Anne Schilling.
In den Reha-Maßnahmen werde den Frauen gezeigt, dass es anders geht: sich selbst schützen, neue Kraftquellen erschließen und für sich sorgen seien die Grundpfeiler. Denn nur wem es gut geht, der könne auch gute Pflege leisten. Diesen Weg hat auch Elisabeth Knörle für sich gefunden. Die Reha in einem Haus des Müttergenesungswerks hat ihr neue Kraft und wichtige Impulse gegeben. „Ich werde künftig regelmäßig eine Auszeit planen, in der ich mich nur um mich kümmere“, sagt die Baden-Württembergerin. In dieser Zeit weiß sie ihren Mann in der Kurzzeitpflege gut aufgehoben.
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Ines Klut
Schlagworte Reha | Rehabilitation | Pflege | pflegende Angehörige
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