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Der fünfte Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung hat deutlich gemacht, dass die Vermögen in Deutschland zunehmend ungleich verteilt sind.
In den Jahren nach der Finanz- und Wirtschaftskrise hat Deutschland von einem kontinuierlichen Wirtschaftswachstum profitiert und verzeichnet eine Beschäftigungsquote auf Rekordniveau. Von dieser Entwicklung haben der Staatshaushalt und die Sozialversicherungen, nicht aber die Bürgerinnen und Bürger profitiert.
Die reichsten zehn Prozent der Bevölkerung besitzen mehr als die Hälfte des Vermögens (58 Prozent). Da die Top-Vermögenden hierbei gar nicht erfasst werden, beträgt es laut Schätzungen vieler Wirtschaftsinstitute sogar bis zu Dreiviertel des gesamten Nettovermögens (74 Prozent).
Demgegenüber besitzt die ärmere Hälfte der Bevölkerung nicht einmal über ein Prozent des Gesamtvermögens. Besonders problematisch an dieser seit Jahren verfestigten Ungleichheit bei der Vermögensverteilung ist, dass Hochvermögende gerade von Erbschaften und Schenkungen profitieren und nicht etwa Erwerbstätigkeit ausschlaggebend ist.
Im Gegenzug zu dieser leistungslosen Vermögensbildung bekommen aber 40 Prozent der Beschäftigten trotz des wirtschaftlichen Aufschwungs geringere Reallöhne als in den 90er Jahren. Die Deregulierung des Arbeitsmarktes und die Prekarisierung der Beschäftigungsverhältnisse haben zu einer starken Ausweitung des Niedriglohnsektors geführt, in dem nunmehr ein Fünftel der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer tätig sind (Anstieg von ca. 18 Prozent im Jahr 1995 auf über 20 Prozent im Jahr 2013).
Immer mehr Menschen können von ihrer Lohnarbeit nicht mehr leben. So waren im Jahr 2014 schon 9,7 Prozent der Erwerbstätigen von Armut bedroht — im Gegensatz zu einem Anteil von 6,8 Prozent im Jahr 2008. Diese Entwicklung wird auch durch den Anstieg bei den so genannten Aufstockern auf mehr als 1,2 Millionen im Jahr 2015 untermauert. Schließlich handelt es sich hier um Personen, die trotz Lohnarbeit nicht ihr Existenzminimum abdecken können und noch zusätzlich Geld vom Jobcenter erhalten.
Andererseits verdienen die reichsten zehn Prozent etwa so viel wie die unteren 40 Prozent zusammen. Die extremen Einkommensunterschiede erklären sich durch die hohen Zuwächse bei den Kapitalerträgen und den teilweise völlig überhöhten Löhnen und Boni der Spitzenmanager.
Die gewaltigen Einkommens- und Vermögensunterschiede konterkarieren das Prinzip der Leistungsgerechtigkeit, wonach jede und jeder durch Leistung und Anstrengung zu Wohlstand kommen kann, und das Prinzip der sozialen Marktwirtschaft, wonach jede und jeder Anteil am gesellschaftlichen Wohlstand hat. Das gefährdet den sozialen Zusammenhalt und schlussendlich auch die Demokratie.
Um eine soziale Balance zu schaffen, sind gezielte Investitionen für den ärmeren Teil der Bevölkerung notwendig – für gute Bildung, die Bekämpfung von Armut, eine barriere- freie Infrastruktur und Renten, die zum Leben reichen. Finanzierbar ist dies durch eine gerechtere Steuerpolitik.
Der aktuelle Steuersatz von 42 Prozent setzt bereits bei 53.666 Euro zu versteuerndem Einkommen an. Erst bei Einkommen ab 256.304 Euro gilt der Reichensteuersatz von 45 Prozent.
Der Höchststeuersatz muss angehoben werden. Das ist möglich und vertretbar, wenn er erst ab einem zu versteuernden Einkommen in Höhe der Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung (2017 76.200 Euro) greifen würde. 2003 betrug der Höchststeuersatz noch 48,5 Prozent. Die meisten europäischen Länder erheben weitaus höhere Spitzensteuersätze.
Die Abgeltungssteuer ist abzuschaffen. Stattdessen müssen Kapitalerträge wieder wie die übrigen Einkünfte auch mit dem individuellen Steuersatz in die Einkommenssteuerveranlagung einbezogen werden.
Die Erbschaftsteuerreform von 2016 hat aufgrund von Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts nur Anpassungen bei der Vererbung von Betriebsvermögen vorgenommen. Bei diesem Kompromiss zwischen Bund und Ländern bleiben Firmenvermögen weiterhin in großen Umfang verschont.
Oberhalb hoher Freibeträge muss die Erbschaft- und Schenkungssteuer alle Vermögensarten einbeziehen. Eine Vorzugsbehandlung bestimmter Vermögensarten, wie Betriebsvermögen, muss dabei ausgeschlossen werden. Die Erbschaftsteuer ist eine der wenigen Möglichkeiten, hohe Vermögenswerte und Vermögensübertragungen überhaupt zu besteuern und damit für mehr Verteilungsgerechtigkeit zu sorgen.
Der Vorteil der Vermögenssteuer ist, dass sie gezielt auf den obersten Einkommensbereich zugeschnitten werden kann. Auf diese Weise ließen sich 25 Milliarde Euro an Steuermehreinnahmen generieren.
Während auf Güter und Dienstleistungen 19 bzw. 7 Prozent Umsatzsteuer erhoben werden, ist der Handel mit Finanzprodukten in Deutschland steuerfrei. Diese Ungleichbehandlung zugunsten insbesondere von Großinvestoren auf dem Kapitalmarkt muss aufgehoben werden.
Eine Finanztransaktionsteuer ist auch geeignet, übermäßige Spekulationen an den Finanzmärkten einzudämmen, weil kurzfristige Vermögensverschiebungen relativ zu langfristigen Anlagen teurer werden würden. Von der Besteuerung befreit sollten insbesondere Finanzgeschäfte privater Haushalte.
VdK-Standpunkt und Forderungen zum Thema Finanzierung. Um eine soziale Balance zu schaffen, sind gezielte Investitionen für den ärmeren Teil der Bevölkerung notwendig. Finanzierbar ist dies durch eine gerechtere Steuerpolitik.
Schlagworte Soziale Spaltung stoppen | Steuerpolitik | soziale Ungleichheit | Armut | Vermögensteuer | Einkommensteuer
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VdK-Standpunkt und Forderungen zum Thema Finanzierung. Um eine soziale Balance zu schaffen, sind gezielte Investitionen für den ärmeren Teil der Bevölkerung notwendig. Finanzierbar ist dies durch eine gerechtere Steuerpolitik.
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