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Forscher weisen enges Zusammenspiel zwischen Darmflora und psychischer Gesundheit nach
Zu viel Fast Food, Kartoffelchips und Cola machen dick. Das weiß jeder. Aber hat meine Ernährung auch Auswirkungen auf mein seelisches Gleichgewicht? Machen Fritten und Burger gar depressiv? Und stimmt es, dass durch Schokolade Glückshormone ausgeschüttet werden? In den vergangenen Jahren haben zahlreiche Studien einen Zusammenhang zwischen Ernährung und Psyche nachgewiesen. Dabei spielt die Darmflora eine wesentliche Rolle.
Schlechte Nachrichten schlagen auf den Magen oder sorgen für Bauchschmerzen, Verliebte haben Schmetterlinge im Bauch. In zahlreichen Redensarten wird deutlich, dass der Mensch die enge Verbindung zwischen Kopf und Bauch schon immer ahnte. Wissenschaftliche Untersuchungen stützen mittlerweile diese Vermutung. Forscher gehen davon aus, dass in beide Richtungen Signale ausgesendet werden, allerdings 90 Prozent der Botschaften vom Bauch in den Kopf gelangen. Und viele landen in den Bereichen, die im Gehirn für Gefühle zuständig sind.
Bisher dachte man, dass Darmhormone, die vor oder nach den Mahlzeiten ausgeschüttet werden, vor allem mit der Appetitkontrolle zu tun hätten. Aber Versuche mit Tieren haben gezeigt, dass sie die Stimmung beeinflussen, zum Beispiel ängstlicher oder weniger ängstlich machen – je nachdem, welches Hormon beteiligt ist.
Davon, dass unsere Gemütslage viel stärker vom Magen-Darm-Trakt beeinflusst wird, als wir uns das bisher träumen ließen, ist auch der Neurogastroenterologe und Professor an der Medizinischen Universität Graz, Peter Holzer, überzeugt. „Bauch und Kopf stehen in ständiger Verbindung miteinander und tauschen Signale aus. Der Darm ist dabei weit mehr als nur ein Sklave des Gehirns: Er beherbergt das – neben Gehirn und Rückenmark – dritte wichtige Nervensystem im Körper.“ Und über dieses komplexe Nervensystem steht er im Austausch mit dem Gehirn, vor allem über den sogenannten Vagusnerv. Das ist der längste unserer zwölf Hirnnerven.
Die Beschaffenheit der Darmflora, da sind sich Forscher inzwischen sicher, hat Auswirkungen darauf, wie anfällig jemand für psychische Erkrankungen wie Depressionen, Angststörungen oder Schizophrenie ist. Und wie es dem Darm geht, hängt von Faktoren wie Stress, Medikamenten und von unserer Ernährung ab.
Untersuchungen eines belgischen Forscherteams um Jeroen Raes von der Katholischen Universität Leuven im Rahmen des „Flämischen Darmflora-Projekts“ belegen, dass im Darm von Menschen, die an Depressionen leiden, Bakterien wie Coprococcus und Dialister in geringerer Anzahl vorkommen als bei gesunden Menschen. Diese Bakterien sind an der Produktion der Hirnbotenstoffe Gamma-Aminobuttersäure und Dopamin beteiligt, die wichtig für den inneren Antrieb und die Motivation sind. Für die Studie haben die Forscher Stuhlproben von mehr als 1000 Patienten gesammelt, die noch nicht mit Antidepressiva behandelt wurden, und mikrobiologisch analysiert.
Wissenschaftler der chinesischen Universität Chongqing untersuchten die Darmbakterien von 63 Patienten mit Schizophrenie und stießen dabei auf einige Auffälligkeiten: Manche Bakterien fehlten in der Darmflora der Probanden ganz, andere waren hingegen im Übermaß vorhanden. Die Forscher transplantierten Proben der Darmflora dieser Patienten in den Darm von Mäusen. Die Tiere zeigten daraufhin unmittelbar Symptome, die für eine Schizophrenie charakteristisch sind, wie motorische Unruhe und Schreckhaftigkeit. Ähnliche Ergebnisse lieferten auch Studien zu Angststörungen oder Depressionen.
Natürlich ist der Zustand der Darmflora nicht die einzige Ursache von psychischen Erkrankungen. Man bekommt keine Angststörung oder Depression, weil man sich falsch ernährt. Es gibt immer mehrere Gründe, wie zum Beispiel Umwelteinflüsse oder Veranlagungen. „Die Frage ist nur, welche Veränderung man am ehesten korrigieren kann“, sagt der Neurogastroenterologe Peter Holzer. Die Ernährung ist das zentrale Stellrad, um das Mikrobiom im Darm vielfältig und damit gesund zu halten.
Und was hat es mit dem „Glücksbringer“ Schokolade auf sich? Vor allem in Schokolade mit einem hohen Kakaoanteil um die 70 Prozent kommt die Aminosäure Tryptophan vor, die im Gehirn die Serotoninproduktion anhebt. Dieser sogenannte Neurotransmitter ist für eine ausgeglichene Stimmung und die Reduzierung von Ängsten zuständig. In dunklen Schokoladen mit einem hohen Kakaogehalt befinden sich gleich mehrere Stoffe, die für die gute Stimmung sorgen, zum Beispiel auch Magnesium und Phenetylamin, das einen anderen Botenstoff anheizt, nämlich das Glückshormon Dopamin.
Der Neurologe Prof. Christof Kessler vom Universitätsklinikim Greifswald empfiehlt den Schoko-Genuss in Maßen. „Wenn Sie mal eine halbe Tafel essen, ist das nicht schlimm. Wenn Sie das jeden Tag tun, wird es problematischer. Weniger wegen der Inhaltsstoffe, sondern wegen der Kalorien. Und weil es auch, wie bei allen Genussmitteln, einen Abnutzungs- beziehungsweise Gewöhnungseffekt gibt.“
Jörg Ciszewski
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Schlagworte Gesundheit | Psyche | psychische Erkrankung | Ernährung
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