8. Mai 2023
GESUNDHEIT

Hausbesuche sind Pflicht

Patientinnen und Patienten, die es nicht in die Praxis schaffen, haben ein Recht auf medizinische Behandlung

Immer weniger Hausärzte bieten Hausbesuche an, obwohl sie dazu verpflichtet sind. Diese Entwicklung ist vor allem für die Gesundheitsversorgung älterer und mobilitätseingeschränkter Menschen problematisch. Der VdK fordert, gesetzlich einzugreifen, damit sich die Situation verbessert.

Symbolfoto: Eine Seniorin im Sessel, sie hält eine Krücke in der Hand. Im Vordergrund sieht man eine Person im weißen Kittel, die einen Arztkoffer und ein Stethoskop trägt.
© IMAGO / photothek

Hausbesuche werden nur durchgeführt, wenn die Patientin oder der Patient aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage ist, die Ärztin oder den Arzt aufzusuchen. Das ist beispielsweise der Fall, wenn jemand Schmerzen, hohes Fieber oder Kreislaufprobleme hat. Grundsätzlich gilt, dass auch Fachärztinnen und -ärzte verpflichtet sind, ihre Patientinnen und Patienten zu besuchen, wenn die Erkrankung ihr Fachgebiet betrifft.

Die Realität sieht jedoch anders aus: Nur bei wenigen Medizinerinnen und Medizinern gehören Hausbesuche noch zum Berufsalltag – und das, obwohl der Bedarf aufgrund der demografischen Entwickung sogar steigt. Hausbesuche dürfen abgelehnt werden, wenn es andere, unaufschiebbare Behandlungen und Notfälle gibt. Ein Grund für die sinkende Zahl der Hausbesuche liegt aber auch im geringen Entgelt. Abgerechnet werden darf zudem nur eine bestimmte Anzahl an Besuchen, sonst müssen die Mediziner eine Rückzahlung leisten.

Auch VdK-Mitglieder berichten immer wieder, dass ihre Ärztin oder ihr Arzt einen Hausbesuch abgelehnt hat. In Ballungszentren gibt es kaum noch Mediziner, die diesen Service anbieten. In ländlichen Gebieten haben Patientinnen und Patienten ohnehin große Probleme mit der medizinischen Versorgung. Besonders betroffen sind auch ältere und mobilitätseingeschränkte Menschen.

Die Pflicht zu Hausbesuchen ist im „Bundesmantelvertrag – Ärzte“ geregelt. Dort heißt es, dass die Patientin oder der Patient im „Praxisbereich“ wohnen muss. Wie groß dieser ist, lässt der Vertrag jedoch offen. Weil die Größe des Praxisbereichs von der Siedlungsstruktur und der Arztdichte abhängt, gibt es hier bundesweit große Unterschiede.

Freundlich nachfragen

Patientinnen und Patienten, die aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage sind, eine Praxis aufzusuchen, haben es oft schwer, medizinisch versorgt zu werden. Deshalb sollten sie schon frühzeitig mit ihrer Ärztin oder ihrem Arzt abklären, ob ihr Wohnort innerhalb des Praxisbereichs liegt. Sollte das nicht der Fall sein, kann es ratsam sein, die Praxis zu wechseln.

Wer einen Hausbesuch benötigt, sollte freundlich, aber bestimmt in seiner Arztpraxis nachfragen und auf die grundsätzliche Verpflichtung zu dieser Leistung hinweisen. Alternativ ist es möglich, beim kassenärztlichen Bereitschaftsdienst unter der bundesweiten Telefonnummer 116 117 anzurufen. Dort erhalten Patientinnen und Patienten auch außerhalb der Sprechzeiten ärztliche Hilfe. Der Bereitschaftsdienst kann den Hausbesuch durch einen Bereitschaftsarzt veranlassen oder einen geeigneten Haus- oder Facharzt in der Nähe vermitteln.

Wer an die Notaufnahme im Krankenhaus verwiesen oder auf den nächsten Arzttermin vertröstet wird, sollte verdeutlichen, dass kein akuter Notfall vorliegt, es aber dennoch nicht möglich ist, bis zu einem regulären Arzttermin zu warten.

Lehnt die Ärztin oder der Arzt Hausbesuche generell ab, besteht die Möglichkeit, sich bei der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung zu beschweren. Allerdings sollte man sich das gut überlegen, denn dadurch kann das Vertrauensverhältnis dauerhaft gestört werden. Im schlimmsten Fall könnte der Behandlungsvertrag gekündigt werden. Langfristig kann eine Beschwerde dennoch sinnvoll sein, denn nur, wenn ärztliches Fehlverhalten bekannt wird, besteht die Hoffnung, dass sich die Situation verbessert.

Der VdK fordert, dass die Verpflichtung zu Hausbesuchen auch gesetzlich festgeschrieben wird. Die derzeitigen nichtgesetzlichen Regelungen könnten die Vertragspartner GKV-Spitzenverband und Kassenärztliche Bundesvereinigung einfach ändern, ohne dass der Gesetzgeber darauf Einfluss nehmen kann.

Annette Liebmann


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Schlagworte Hausbesuch | Arzt

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