18. April 2023
GESUNDHEIT

Immer mehr Arztpraxen in Investorenhand

Der Sozialverband VdK und die Verbraucherzentralen bemängeln die fehlende Transparenz für Patientinnen und Patienten

Immer häufiger liegen Vertragsarztsitze von Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) nicht mehr in den Händen der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte. Sie sind vielmehr von Finanzinvestoren gekauft worden. Die dort praktizierenden Medizinerinnen und Mediziner sind nur noch angestellt.

Symbolbild: Ein Krankenhaus auf einem Stapel von Geldbündeln mit 100-Euro-Scheinen
© IMAGO / agrarmotive

Diese Entwicklung ist meistens für Patientinnen und Patienten nicht transparent. Besonders Praxen für Augenheilkunde und Orthopädie werden häufig von sogenannten Private-Equity-Gruppen aufgekauft. Der Sozialverband VdK beobachtet diese Entwicklung. Kritisch wird es besonders dann, wenn eine zunehmende Gewinnorientierung in der medizinischen Versorgung eine Fehlversorgung der Menschen zur Folge hat.

Einigen VdK-Landesverbänden liegen Meldungen von Mitgliedern vor, dass in solchen MVZ Kassenpatienten häufig nur als Privatzahler oder bei Inanspruchnahme von individuellen Gesundheitsleistungen behandelt werden. Diese sind für die Medizinerinnen und Mediziner sehr lukrativ.

Investorenziele unklar

Dabei sollte auch bei niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten gelten, dass die Versorgung auf einer ausschließlich medizinischen Grundlage erfolgt. Seit 2004 erlaubt der Gesetzgeber die Gründung von Medizinischen Versorgungszentren: Hier haben Mediziner die Möglichkeit, mit Kolleginnen und Kollegen aus anderen Fachrichtungen oder in größeren Gruppen zu kooperieren.

Diese MVZ sind auf den ersten Blick für Außenstehende von Gemeinschaftspraxen nicht zu unterscheiden. Die Gemeinschaftspraxen gehören den niedergelassenen Ärzten, investoreigene MVZ nicht. Die Verbraucherzentralen warnen davor, solche MVZ per se als schlecht zu bewerten. „Schubladendenken ist hier nicht hilfreich. Man muss prüfen, welche Ziele die jeweiligen Investoren verfolgen“, erklärt Thomas Moormann, Leiter Team Gesundheit und Pflege beim Bundesverband der Verbraucherzentralen. Externe Investoren könnten sinnvoll sein, wenn damit beispielsweise neue sinnvolle Versorgungsstrukturen geschaffen werden, so Moormann.

Gerade bei Augenärzten ist der Einfluss von Investorengruppen auffällig: Hier versprechen ambulante Operationen wie Laserkorrekturen eine hohe Rendite.

Das Bundesgesundheitsministerium hat für dieses Jahr einen Gesetzentwurf angekündigt, um den Einfluss von Finanzinvestoren in Arztpraxen in Deutschland einzudämmen. Dabei hat diese Entwicklung längst stattgefunden und kann nicht mehr so einfach rückgängig gemacht werden. In einigen Regionen in Deutschland und bei bestimmten Facharztrichtungen sind bereits Vormachtstellungen von einzelnen Investorengruppen zu beobachten.

Mangelnde Transparenz

Bislang haben sich Bundes- und Landesregierungen dagegen ausgesprochen, öffentliche Listen von investorgeführten Arztpraxen zu führen. Die nichtvorhandene Transparenz bemängeln die Verbraucherzentralen. „Für die Verbraucherinnen und Verbraucher ist Transparenz wichtig. Sie müssen sehen können, wer Träger einer gesundheitlichen Einrichtung ist und ob möglicherweise andere als medizinische Beweggründe die ärztliche Empfehlung über diagnostische und therapeutische Maßnahmen beeinflussen könnten“, erklärt Moormann von den Verbraucherzentralen.

Einige kasssenärztliche Vereinigungen, wie beispielsweise die in Bayern, bewerten den Einfluss von in- und ausländischen Investorengruppen auch kritisch: Junge, unabhängig arbeitende Ärztinnen und Ärzte seien im Wettbewerb um Vertragsarztsitze gegen Investoren mittlerweile chancenlos.

Julia Frediani

Schlagworte Transparenz | Arztpraxen | Investoren

  • Sozialrecht
    Ob Rente, Gesundheit und Pflege, Teilhabe und Behinderung, Leben im Alter oder soziale Sicherung: Der Sozialverband VdK ist für seine Mitglieder ein kompetenter Ratgeber und Helfer in allen sozialrechtlichen Belangen. | weiter
  • Rente
    Der VdK will die Rente zukunftssicher machen und Altersarmut verhindern. Lesen Sie hier alles rund um die Themen Rente, Alterssicherung und unsere rentenpolitischen Forderungen. | weiter
  • Soziale Gerechtigkeit
    Rund 15,3 Millionen Menschen sind in Deutschland von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht - das ist fast jeder Fünfte! Der Sozialverband VdK kämpft für soziale Gerechtigkeit und setzt sich gegen die fortschreitende soziale Spaltung ein. | weiter
  • Behinderung
    Der VdK setzt sich für gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit und ohne Behinderung in allen Lebensbereichen ein. Lesen Sie mehr zu Inklusion, Behindertenpolitik und Barrierefreiheit. | weiter
  • Pflege
    Wir finden: Die Situation Pflegebedürftiger und Pflegender muss sich dringend verbessern. Lesen Sie hier mehr zum Thema Pflegepolitik, pflegende Angehörige, häusliche Pflege und Pflegeleistungen. | weiter
  • Gesundheit
    Wir brauchen ein Gesundheitssystem, das an den Bedarfen der Menschen ausgerichtet ist. Lesen Sie mehr zu Gesundheitspolitik, Prävention, Gesundheitsleistungen, Hilfsmitteln und Versorgung. | weiter
  • Frauen
    Frauen erhalten 49 Prozent weniger Einkommen und 53 Prozent weniger Rente als Männer. Der VdK setzt sich für mehr Gerechtigkeit für Frauen ein, kämpft für Gleichberechtigung und Gleichstellung. | weiter
  • Familie
    Wir brauchen Verlässlichkeit für Familien. Der VdK setzt sich unter anderem für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf ein, für familiengerechte Arbeitszeiten, den Ausbau der Kinderbetreuung und für ein Rückkehrrecht in Vollzeit. | weiter
  • Corona
    Aktuelle Maßnahmen, barrierefreie Texte und Videos sowie unsere Pressemitteilungen zum Thema. | weiter
  • Ukraine-Hilfe
    Auf dieser Seite haben wir Basis-Informationen für ukrainische Geflüchtete und Helfer zusammengestellt. Zu allen Informationen gibt es weiterführende Links. | weiter
    09.01.2023

Rat und Tat | Zahlt die Krankenkasse eine unbekannte Therapie?

Neue Behandlungs- und Untersuchungsmethoden werden nicht immer von der Krankenkasse bezahlt - unter Umständen müssen die Versicherten die Kosten dann selbst tragen. Aber wer entscheidet eigentlich darüber, welche Therapien bezahlt werden? VdK-Rechtsexperte Oliver Sonntag beantwortet die wichtigsten Fragen zum Thema.

Hilfsmittel abgelehnt?

Wir sagen Ihnen, was Ihnen laut Sozialrecht zusteht und kämpfen für Ihr Recht. Bundesweit. Jetzt Beratung vereinbaren!

Der VdK
Eine Frau gibt einer anderen Frau zur Begrüßung die Hand. Sie stehen am Eingang eines Gebäudes mit der Aufschrift "VdK Service Point"
Finden Sie mit der Beratungsstellen-Suche die nächste Rechtsberatungsstelle des Sozialverbands VdK - auch in Ihrer Nähe!
DER VdK
Symbolfoto: Zwei Frauen und ein Mann ziehen gemeinsam an einem Seil, an dessen Ende auch jemand zieht.
Wir machen uns stark für soziale Gerechtigkeit. Wir vertreten Ihre sozialpolitischen Interessen und kämpfen für Ihre Rechte. Unsere Stärke: Unabhängigkeit und Neutralität.

Presse
Abonnieren Sie unseren kostenlosen Newsletter mit Informationen zu Sozialpolitik und Sozialrecht sowie aktuellen Infos rund um den Sozialverband VdK.

Datenschutzeinstellungen

Wir setzen auf unserer Website Cookies ein. Einige von ihnen sind notwendig, während andere uns helfen, unser Onlineangebot zu verbessern.

  • Notwendig
  • Externe Medien
Erweitert

Hier finden Sie eine Übersicht über alle verwendeten Cookies in externen Medien. Sie können Ihre Zustimmung für bestimmte Cookies auswählen.