6. Februar 2023
GESUNDHEIT

Mehr Mut bei Krankenhausreform

Sozialverband VdK Deutschland fordert eine Abkehr von der Gewinnorientierung

Kliniken unter Kostendruck, Pflegekräfte im Dauerstress – mit einer Reform will die Bundesregierung Missstände in der Versorgung durch Krankenhäuser beseitigen. Der Sozialverband VdK fordert hingegen eine vollständige Abkehr von der Gewinnorientierung und den sogenannten Fallpauschalen im Vergütungssystem.

Symbolfoto: Neben dem Schriftzug Klinikreform, der aus Buchstabenwürfeln gebildet wird, befinden sich ein Spielzeug-Notarztfahrzeug und ein Stethoskop
© IMAGO / Steinach

„Die Pläne zur Krankenhausreform sind ein kleiner Schritt in die richtige Richtung“, bewertet VdK-Präsidentin Verena Bentele die Krankenhausreform, die im Dezember 2022 vorgestellt wurde. Nach Plänen des Bundesgesundheitsministeriums sollen Patientinnen und Patienten weniger nach wirtschaftlichen, sondern stärker nach medizinischen Gesichtspunkten behandelt werden.

Als das Hauptproblem für den Kostendruck der Krankenhäuser nannte Gesundheitsminister Karl Lauterbach die Bezahlung über Fallpauschalen. Die Bezahlungen pro Behandlung hätten zur Folge, dass Krankenhäuser viele Eingriffe zu niedrigen Kosten durchführen – gleichgültig, wie aufwendig ein Patient eigentlich behandelt werden sollte, gleichgültig, ob das Krankenhaus dafür die Erfahrung und Ausstattung hat oder nicht.

Das Ministerium plant eine Aufweichung dieses Systems: 40 Prozent der Kosten sollen über Vorhaltepauschalen für Personal und Geräte abgerechnet werden und nur 60 Prozent über die Fallpauschalen.
Dem VdK geht der Vorschlag nicht weit genug: „Das Gesundheitsministerium sollte noch radikaler sein. Das Wohl der Menschen muss im Mittelpunkt aller Behandlungen im Krankenhaus stehen“, fordert Bentele.

Ein Kernstück der Reform ist, dass Krankenhäuser in drei Level eingeordnet und vergütet werden. So soll es Kliniken zur Grundversorgung geben – zum Beispiel für grundlegende chirurgische Eingriffe und Notfälle sowie mit einem Kontingent an Akutpflegebetten. Andere Kliniken sollen sich um die „Regel- und Schwerpunktversorgung“ kümmern. Sie könnten weitere Leistungen anbieten. Universitätskliniken sollen der dritten Gruppe, der „Maximalversorgung“, zugeordnet werden.

Von dieser Neu-Einordnung der Kliniken verspricht sich der VdK viel: Einerseits könnte so die Grundversorgung in ländlichen Gebieten gesichert werden. Zudem könnte die Einstufung von Krankenhäusern mit einer ambulanten und stationären Grundversorgung gerade älteren Menschen helfen. Beispielsweise könnten so Menschen zur Beobachtung bei einem mittelschweren Infekt aufgenommen werden.

Als „bedenklich“ stuft Bentele die Diskussionen ein, die nach der Vorstellung des Konzeptes aufkamen: „Alle Seiten sehen ihre Interessen in Gefahr. Die Bundesländer haben Sorge um ihre Entscheidungshoheit; die Krankenkassen fürchten, dass ihr Einfluss bei den Vergütungsverhandlungen sinkt. Diese Einwände haben nichts mit den Interessen der Patientinnen und Patienten zu tun. Das Wohl der kranken Menschen muss aber der alleinige Maßstab sein. Gerade deshalb muss diese Reform kommen, auch wenn sich der VdK mehr gewünscht hätte. Immerhin hat eine ‚Bund-Länder-Arbeitsgruppe‘ einen gemeinsamen Gesetzentwurf bis zum Sommer in Aussicht gestellt. Das wird eine große Herausforderung.“
Julia Frediani


Fallpauschalen: Gesundheit ist kein Geschäftsmodell

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Schlagworte Krankenhausreform | Klinikreform | Fallpauschale

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