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Altersdepression wird oft nicht ernst genommen. Auch Hochbetagte können ihr Leben verbessern
Nachlassende Freude, Niedergeschlagenheit, schlechter Schlaf und Appetitlosigkeit: Viele ältere Menschen glauben, Depressionen gehörten zum Alter dazu. „Dabei lassen sie sich auch im höheren Lebensalter gut behandeln“, sagt Professor Dr. Reinhard Lindner, Facharzt für Neurologie und Psychiatrie sowie Facharzt für Psychosomatik und Psychotherapie.
Aus medizinischer Sicht gibt es keine Altersdepressionen. „Wir sprechen von Depressionen im Alter, denn in dieser Lebensphase treten bestimmte Erfahrungen und Verluste gehäuft auf“, erklärt Lindner. Das kann etwa eine Erkrankung sein, die verbunden ist mit nachlassenden Fähigkeiten, zum Beispiel Einschränkungen in der Mobilität. Oder das Ende der Berufstätigkeit, das als schmerzhaft empfunden wird, weil die Arbeit einen wichtigen Teil der Identität darstellt. Häufig ist es auch der Tod eines nahestehenden Menschen, der einen in ein tiefes Loch fallen lässt. „Trauer ist wichtig, um den Verlust zu verarbeiten“, sagt Lindner. „Doch wenn sie dauerhaft ins Leben einzieht und verbunden ist mit negativen Gedanken, die sich nur im Kreis drehen, dann sollte man Hilfe suchen.“
Insgesamt sei aber die Rate der Senioren, die an einer Depression erkrankt sind, nicht höher als in anderen Altersgruppen. „Viele Menschen sind im Alter sehr zufrieden. Vor allem wächst mit der Lebenserfahrung oftmals auch die Resilienz – das heißt, die Fähigkeit, schwierige Lebenssituationen ohne anhaltende Beeinträchtigung zu überstehen“, so der Experte.
Wer in höherem Alter an einer Depression erkrankt, sucht allerdings viel seltener Unterstützung. Das kann zum einen daran liegen, dass die oder der Betroffene die Beschwerden nicht ernst nimmt. Viele glauben aber auch, die Depression allein bewältigen zu können. Doch das sei ein Trugschluss. „Es gibt viele Wege aus einer Depression. Aber es ist äußerst schwierig, ohne Unterstützung wieder herauszufinden“, weiß Lindner. Natürlich sei die Prognose auch abhängig vom Grund für die Erkrankung. In manchen Fällen könne es durchaus hilfreich sein, das Problem durch intensives Nachdenken zu lösen. Aber das komme nur sehr selten vor.
„Vielen geht es ohne Hilfe nach einiger Zeit besser, aber sie sind nach wie vor sehr verletzlich. Wenn dann eine neue, belastende Situation hinzukommt, besteht die Gefahr, dass sie wieder in die Depression zurückfallen“, erläutert der Mediziner.
Er hat die Erfahrung gemacht, dass vor allem die Generation der Hochbetagten große Schwierigkeiten hat, um Unterstützung zu bitten. „Menschen über 80 Jahre empfinden psychische Erkrankungen oft als Manko“, berichtet er. Sie schämten sich dafür oder verheimlichten die Depression. Jüngere Senioren hingegen seien besser informiert und suchten deutlich mehr Hilfe als noch vor 20 Jahren.
Dabei würden auch Hochbetagte noch von einer Psychotherapie profitieren. Die Kosten werden von der Krankenkasse übernommen. „Wenn man einen Herzinfarkt hat, geht man zum Herzspezialisten“, so Lindner. Genau so sei es mit einer Psychotherapie: „Sie kann jemandem helfen, mit schwierigen inneren Situationen umzugehen. Es ist der leichtere Weg.“
Der Weg zur Therapeutin oder zum Therapeuten führt meist über den Hausarzt oder einen anderen Arzt, zu dem man Vertrauen hat. Für die verschiedenen Typen der Depression gibt es eine große Bandbreite von Behandlungsmöglichkeiten. Selbst Hochbetagte können sich laut Lindner weiterentwickeln und ihr Leben verbessern: „Wir haben in der Geriatrie erstaunliche Erfahrungen gemacht: Wenn die Senioren sich angenommen fühlen und über die Dinge reden können, die sie bewegen, schwinden ihre Bedenken gegenüber dem Psychiater.“
Annette Liebmann
Schlagworte Depression | Alter | Psychotherapie
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