29. März 2021
GESUNDHEIT

Krach macht krank

Lärmschwerhörigkeit steht an erster Stelle der anerkannten Berufskrankheiten

Das Bild zeigt Hörschutz-Kopfhörer im Vordergrund, dahinter schweres Gerät.
© unsplash

Dröhnende Automotoren, lärmende Flugzeugturbinen, Baustellen, Züge, Straßenbahnen: Unsere Welt ist oft schrecklich laut und stresst. Auch im beruflichen Alltag ist Lärm ein großes Problem, insbesondere wenn schwere Maschinen zum Einsatz kommen. Lärmschwerhörigkeit ist sogar die am häufigsten anerkannte Berufskrankheit. Aber sie ist nicht das einzige gesundheitliche Risiko.

Ganz früher, als die Menschen noch Mammuts jagten, war es ruhig. Ein Donnerschlag muss für Angst und Schrecken gesorgt haben. Es war das lauteste Geräusch.

Die Industrialisierung setzte Mitte des 19. Jahrhunderts einen Prozess in Gang, mit dessen Auswirkungen wir heute leben müssen. Der Einsatz von Maschinen und die Motorisierung von Fahrzeugen ließen die Geräuschkulisse enorm anschwellen. Eine ungesunde Entwicklung: Schon vor Jahren haben Wissenschaftler herausgefunden, dass eine ständige Lärmbelastung, etwa durch eine viel befahrene Straße direkt vor der Haustür, das Herzinfarktrisiko für Männer und Frauen um bis zu 50 Prozent steigern kann. Es sei nicht so hoch wie das durch Rauchen verursachte Risiko, aber es sei signifikant, stellte ein Kardiologe der Berliner Charité fest. Der Lärmschutz spielt heute beim Bau oder der Erweiterung von Straßen und Schienenwegen eine enorm wichtige Rolle.

Um die Gesundheit von Beschäftigten an ihrem Arbeitsplatz zu schützen, sind Grenzwerte in Dezibel festgelegt, die nicht überschritten werden dürfen. „Der Lärmpegel einer 40-Stunden-Arbeitswoche soll im Durchschnitt nicht höher liegen als bei 80 Dezibel“, erklärt Michael Jäcker-Cüppers, der bei der Deutschen Gesellschaft für Akustik (DEGA) den Arbeitsring Lärm leitet. „Wird der Wert überschritten, muss der Arbeitgeber dem Beschäftigten einen geeigneten Gehörschutz zur Verfügung stellen. Sobald der Pegel über 85 Dezibel liegt, muss der Arbeitnehmer ihn tragen.“ Zum Vergleich: Wer innerorts direkt und dicht an einer hoch belasteten Hauptverkehrsstraße wohnt, hat an der Fassade seines Hauses Lärmpegel von bis zu 85 Dezibel, sagt Jäcker-Cüppers.

Notmaßnahme Hörschutz

Bei dem Hörschutz handele es sich um eine „Notmaßnahme“. „Vorher sollte immer geschaut werden, ob leisere Maschinen eingesetzt werden können oder eine Umgestaltung des Arbeitsplatzes hilft.“ Lärmschwerhörigkeit steht in Deutschland seit Jahren an erster Stelle bei den anerkannten Berufskrankheiten, die zu einer Berentung führen. Laut Unfallverhütungsbericht der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) verzeichneten die Unfallversicherungsträger 2018 insgesamt 6942 anerkannte Fälle von Lärmschwerhörigkeit, demgegenüber standen 13 997 Anzeigen. Laut Jäcker-Cüppers sinkt der Zuwachs bei den Neu-Berentungen. Das liege auch daran, dass die Arbeitgeber mittlerweile an Lärmarbeitsplätzen wirksamere Vorkehrungen treffen. Es sei eine größere Sensibilität für das Thema entstanden. Von Lärmschwerhörigkeit am häufigsten betroffen sind Beschäftigte in der metall-erzeugenden und -verarbeitenden Branche, gefolgt von der Baubranche und der Holzbearbeitung.

Der Erkrankung geht das Absterben der Haarzellen im Innenohr voraus. Diese wandeln die Schallwellen in elektrische Signale um, die dem Gehirn zugeleitet werden und dort die Hörempfindung auslösen. Das Absterben der Zellen geht in der Regel langsam und kaum merklich vor sich. Die Haarzellen sind nicht regenera­tionsfähig. Es entsteht ein bleibender Hörschaden. Viele Fachleute weisen angesichts der weiter insgesamt hohen Zahl von Erkrankten darauf hin, dass Prävention bislang nur unzureichend umgesetzt wurde. Wichtig sei neben der Schutzausrüstung auch die Aufklärung der gefährdeten Personen, da präventives Verhalten wesentlich zur Vermeidung der Lärmschwerhörigkeit beitragen kann.

Als Hilfsmittel stehen den Geschädigten mittlerweile leistungsfähige Hörgeräte zur Verfügung. Dadurch werde die Hörfähigkeit zwar verbessert, aber die natür­liche Leistungsfähigkeit des Ohrs könne nicht ersetzt werden, erklärt Jäcker-Cüppers.

Am 28. April veranstaltet die Deutsche Gesellschaft für Akustik (DEGA) den „Tag gegen Lärm“. Informationen zu dem Aktionstag sind unter www.tag-gegen-laerm.de veröffentlicht.

Jörg Ciszewski

Schlagworte Schwerhörigkeit | Lärm | Krankheit | Berufskrankheit

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