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Ältere Menschen leiden oft an mehreren chronischen Erkrankungen und bedürfen einer individuellen medizinischen Behandlung. Um sie gut versorgen zu können, brauchen Ärzte wissenschaftlich fundierte Leitlinien für ältere, mehrfach erkrankte Patienten. Doch daran mangelt es derzeit in vielen Bereichen. Das kann weitreichende Folgen haben.
Die demografische Entwicklung in Deutschland führt aus Sicht des Sozialverbands VdK zu immer größeren spezifischen Herausforderungen für das Gesundheitssystem. „Die Aus-, Fort- und Weiterbildung aller an der Versorgung älterer Patienten beteiligten Berufsgruppen muss qualitativ und quantitativ deutlich verbessert werden“, fordert VdK-Präsidentin Ulrike Mascher. Erforderlich sei die Entwicklung, Erprobung, Untersuchung, Verbreitung und regionale Vernetzung geriatrischer Versorgungsangebote.
Es müsse bundesweit sichergestellt werden, dass dem älteren Patienten alle individuell notwendigen fachspezifischen Versorgungsangebote zur Verfügung stehen. Und zwar von ambulant bis stationär, für alle Phasen der Erkrankung, wohnortnah und gut vernetzt. Verschiedene Fachgebiete in Medizin und Pflege müssten besser zusammenarbeiten.
Doch die Realität sieht anders aus. Ärzte orientieren sich bei der Behandlung ihrer Patienten an „evidenzbasierten Leitlinien“. Unter evidenzbasierter Medizin versteht man die Anwendung von wissenschaftlichen Erkenntnissen auf die Therapie einzelner Patienten, nebst der Erfahrung des behandelnden Arztes und der Bedürfnisse des Patienten. Die Erkenntnisse stammen aus wissenschaftlichen Studien. Denn bevor ein Arzneimittel zugelassen werden kann, müssen dessen Wirksamkeit und Sicherheit in klinischen Studien bewiesen werden. Diese Studien werden aber meist an Patienten mittleren Alters durchgeführt, die genau an der Krankheit leiden, gegen die sich das Mittel richtet.
„Die meisten Medikamente, die Ärzte bei alten Patienten einsetzen, wurden bei älteren Menschen nie getestet“, kritisierte Dr. Cornel Sieber, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM). Die Ergebnisse aus klinischen Studien einfach auf alte Patienten zu übertragen, sei meist nicht wissenschaftlich fundiert, möglicherweise sogar riskant. Sieber nennt ein Beispiel: „Wir behandeln alte Patienten mit einer Chemotherapie, ohne zu wissen, ob diese nebenwirkungsreiche Therapie aufgrund der Multimorbidität angepasst werden müsste. Unklar ist auch, ob eine Dosisreduktion im Vergleich zu keiner Chemotherapie einen Vorteil bringt.“
Im Gegensatz zu alten Menschen müssen Arzneimittel bei Kindern in der entsprechenden Altersklasse geprüft werden, um eine Zulassung zu erhalten. Was in der Kinderheilkunde bereits gesetzlich vorgeschrieben ist, sollte die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) auch für ältere Menschen verbindlich zur Pflicht machen, fordert der Vorsitzende der DGIM.
Auch das Studiendesign müsse für die betagten Patienten angepasst werden. Denn die Behandlungsziele alter Menschen unterscheiden sich von denen jüngerer: Bei ihnen stehen aufgrund der verbleibenden Lebenszeit oft nicht die Heilung, sondern vielmehr Selbstständigkeit und Lebensqualität im Vordergrund.
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Schlagworte Medikamente | Ältere | Senioren | Geriatrie | Patienten | Arzneimittel
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