28. April 2016
GESUNDHEIT

Was tun bei Verdacht auf einen Behandlungsfehler?

Betroffene sollten Patientenakte einfordern und Krankenkasse einschalten – Beweislast liegt beim Patienten

Laut Einschätzung des Bundesgesundheitsministeriums erleiden jährlich zwischen 40.000 und 170.000 Patienten einen Behandlungsfehler. Doch selbst wer eindeutig durch eine falsche Therapie oder fehlende Aufklärung offensichtlich zu Schaden kommt, hat es nicht leicht, sein Recht durchzusetzen.

Symbolfoto: Eine Patientenakte mit einem Hinweis
© Imago/imagebroker

Die meisten Behandlungsfehler passieren im Krankenhaus und werden nach Angaben des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen e. V. (MDS) vor allem Orthopäden, Chirurgen und Zahnmedizinern vorgeworfen.

Wer einen Schaden erleidet, hat Anspruch auf Schadensersatz und möglicherweise Schmerzensgeld. "Krankenhauspatienten sollten zuerst mit weiterbehandelnden Ärzten und Krankenkassen sprechen, ob der Verdacht auf einen Behandlungsfehler gerechtfertigt sein könnte", rät Dr. Ines Verspohl, Referentin für Gesundheit beim Sozialverband VdK Deutschland. Denn oft seien nicht Behandlungsfehler, sondern Komplikationen für den Gesundheitszustand des Betroffenen verantwortlich. Erhärtet sich ein Verdacht jedoch, kann die Krankenkasse den Medizinischen Dienst einschalten. "Lassen Sie sich Kopien von Ihren Behandlungsunterlagen geben", empfiehlt die Expertin.

Obwohl 2013 das Patientenrechtegesetz in Kraft getreten ist, haben es Betroffene schwer, zu ihrem Recht zu kommen, kritisiert Verspohl. Das sei nicht verwunderlich, denn die Beweislast liegt beim Patienten: "Er muss erstens beweisen, dass er einen Schaden erlitten hat. Zweitens hat er darzulegen, dass ein medizinischer Fehler gemacht wurde. Drittens muss er beweisen, dass dieser Fehler die Ursache für den Schaden ist." Vor allem an Punkt drei scheitern viele.

Auch die Zahlen des Medizinischen Dienstes verweisen auf niedrige Erfolgschancen. Der MDS konnte 2014 von den insgesamt 14 700 Gutachten nur in einem Viertel aller Fälle (25,9 Prozent) einen Behandlungsfehler mit Schaden feststellen. Bei rund drei Viertel aller Vorwürfe (74,1 Prozent) kamen die Prüfer zu dem Ergebnis, dass es sich um keinen Fehler oder einen Fehler ohne Schaden handelte.

Vorbild Österreich

"Beim Patientenschutz muss dringend nachgebessert werden", fordert Verspohl. Ein Vorbild ist Österreich: "Im Nachbarland greifen im Härtefall die Patientenentschädigungsfonds. Betroffene können etwa auch dann Geld bekommen, wenn es für sie trotz eindeutig entstandenem Schaden Beweisschwierigkeiten gibt." 

ant

Schlagworte Behandlungsfehler | Patienten | Patientenrechte | Patientenakte | Schadensersatz | Schmerzensgeld

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