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Menschen mit Behinderung sollen grenzübergreifend einen gleichberechtigten Zugang zu Vergünstigungen und Nachteilsausgleichen in den Ländern der Europäische Union (EU) erhalten. Ende 2023 will die Europäische Kommission dafür einen europäischen Behindertenausweis vorlegen.
Wer in Paris ein ermäßigtes Kinoticket für Menschen mit Behinderung kaufen möchte, kommt mit seinem deutschen Schwerbehindertenausweis unter Umständen nicht weit. Denn die EU-Länder müssen den jeweiligen Behindertenstatus nicht gegenseitig anerkennen. Deshalb sind Menschen mit Behinderung von vielen Vorzugskonditionen und Angeboten im Ausland ausgeschlossen.
Das soll sich künftig ändern. Um die Lebensbedingungen in der EU zu harmonisieren, plant die Europäische Kommission bis Ende 2023 einen Behindertenausweis einzuführen, der in allen EU-Ländern anerkannt wird. Damit würde den rund 87 Millionen Menschen in der EU, die eine Behinderung haben, der Urlaub oder ein begrenzter Studien- oder Arbeitsaufenthalt in einem EU-Mitgliedsstaat erheblich vereinfacht.
Der Deutsche Behindertenrat (DBR), dem auch der Sozialverband VdK angehört, ist eine von zahlreichen Organisationen, die zu den Plänen Stellung genommen hat. Der DBR begrüßt sehr, dass Nachteilsausgleiche, Rabatte und Ermäßigungen für Dienstleistungen, die in einem Mitgliedsland gelten, auch allen anderen EU-Bürgerinnen und -Bürgern mit einem europäischen Behindertenausweis zugänglich sein sollen. Eine solche europäische Bescheinigung sollte aber keineswegs die nationalen Behinderten- und Schwerbehindertenausweise ersetzen. Auch die Mechanismen zur Feststellung einer Behinderung sollten im jeweiligen Land bestehen bleiben.
Da es nicht in allen Ländern den Schwerbehindertenstatus gibt, setzen sich VdK und DBR dafür ein, dass die Vorlage eines Feststellungsbescheides einer Behinderung unabhängig vom Grad der Behinderung (GdB) bei der Beantragung ausreichen soll. Dann könnten auch Menschen mit einem GdB von unter 50 vom europäischen Ausweis profitieren.
Außerdem spricht sich der DBR dafür aus, dass der europäische Behindertenausweis mit einer zusätzlichen Kennzeichnung vergleichbar dem deutschen Merkzeichen B versehen werden sollte – zum Beispiel ein A für Assistenz. Wenn aufgrund der Behinderung eine Begleitperson nötig ist, dann sollte diese auch kostenfrei mitgenommen werden können oder freien Eintritt ins Theater oder Kino erhalten. Insgesamt geht es um freiwillig gewährte Vergünstigungen im Bereich Kultur, Freizeit und Verkehr. Eine Verpflichtung aller Anbieterinnen und Anbieter zu vergünstigten Dienstleistungen ist von der EU nicht geplant.
Was künftig ebenfalls nicht möglich sein wird, ist, dass deutsche Reisende unter Vorlage ihres Schwerbehindertenausweises mit Wertmarke Busse und Bahnen im EU-Ausland kostenlos nutzen dürfen. Dieser Nachteilsausgleich wird in Deutschland darüber finanziert, dass die Verkehrsunternehmen von Bund und Ländern die Fahrgeldausfälle erstattet bekommen. Auch EU-Bürgerinnen und -Bürger anderer Länder können in Deutschland nicht die Nachteilsausgleiche geltend machen, die sie möglicherweise in ihrem Heimatland erhalten.
Zudem ist der Nachteilsausgleich der kostenlosen Beförderung in Bus und Bahn nicht von allen behinderten und schwerbehinderten Menschen in Deutschland nutzbar, sondern an Voraussetzungen wie die Art der Behinderung und des Merkzeichens sowie die Höhe des GdB gebunden. EU-Bürgerinnen und -Bürger anderer Länder müssten die Voraussetzungen dann auch erfüllen und können nicht besser gestellt werden.
Jörg Ciszewski
Schlagworte Behinderung | GdB | Behindertenausweis | Europa
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