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Mobilität spielt in unserer Gesellschaft eine große Rolle. Für Menschen mit Behinderung gibt es Fahrzeuge, die individuell ihren Bedürfnissen angepasst werden. Achim Walter Neunzling vom Vorstand des Bundes behinderter Auto-Besitzer (BbAB) erklärt, was man bei der Anschaffung eines Fahrzeugs beachten sollte.
Achim Walter Neunzling: Ein Anspruch auf ein eigenes Auto besteht, wenn eine Schwerbehinderung mit einem Grad der Behinderung (GdB) 100 und Merkzeichen „aG“ (außergewöhnlich gehbehindert) testiert ist und eine mindestens teilweise Erwerbsfähigkeit in einem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis vorliegt.
Hier greift die Kraftfahrzeug-Hilfeverordnung (KfzHV). Diese besagt sinngemäß: Kann eine berufstätige Person zur Erreichung des Arbeitsplatzes nicht in öffentliche Verkehrsmittel (Busse oder Bahnen) ein- und aussteigen, so bietet der Staat Unterstützung zur Beförderung für die Wegstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsplatz an. Dabei wird zunächst ein Fahrdienst in Betracht gezogen.
Überschreiten diese Kosten in einem Zeitraum von fünf Jahren die maximale Förderung von 9500 Euro zur Anschaffung eines eigenen Pkw, so kann sich die berechtigte Person für das eigene Auto entscheiden. Der Betrag von 9500 Euro ist einkommensabhängig und wird in voller Höhe nur dann gewährt, wenn das Netto-Einkommen – ohne unterhaltspflichtige Angehörige – unter 800 Euro in den alten Bundesländern beziehungsweise unter 700 Euro in den neuen Bundesländern liegt.
Umbauten, durch die das Auto behindertengerecht angepasst wird, werden im Rahmen der Kfz-Hilfe vollständig übernommen. Die Umbauten können die Autoanpassung umfassen, die notwendig ist, um selbst das Auto zu fahren (zum Beispiel Handgas, Pedalumbau), oder einen Umbau für Passivfahrer (zum Beispiel Heckeinstieg für den Rollstuhl). Die Kostenübernahme ist unabhängig vom Einkommen.
Neunzling: Ein behindertengerechtes Auto gibt es nicht „von der Stange“. So unterschiedlich wie die Behinderungen sind auch die entsprechenden Anforderungen und Anpassungen. Grundsätzlich sollte man eine Fahrzeuggattung wählen, in die man jeweils schnell ein- und aussteigen kann – auch im Notfall.
Bei der Auswahl des Fahrzeugs bei körperlichen Einschränkungen gilt grundsätzlich: Probieren geht über Prospekte studieren oder im Internet recherchieren. Der BbAB rät: Niemals ein Auto kaufen, ohne ausgiebige Ein-, Ausstieg- und Sitzprobe. Wenn ein Rollstuhl verstaut werden muss, dann auch diesen unbedingt verladen, um mögliche Probleme zu erkennen.
Neunzling: Das Internet-Portal www.autoanpassung.de weist in Deutschland über 70 Spezialisten nach Postleitzahlen für Umrüstungen aus. An einen solchen Fachbetrieb sollte man sich wenden. Die Spezialisten statten das Fahrzeug nach den individuellen Bedürfnissen aus. Technisch ist es möglich, ein Auto so umzubauen, dass man als Rollstuhlfahrer nur zwei Finger benötigt, um selbst hinter das Lenkrad zu gelangen und das Auto sicher zu fahren. Ein solches Fahrzeug kostet dann aber weit über 100.000 Euro, und es stellt sich die Frage der Finanzierung.
Neunzling: Wichtig ist, dass der Umbauer auf dem jeweiligen Gebiet eine große Erfahrung hat. Es ist ratsam, vor der Auftragsvergabe vom Fachbetrieb den Nachweis zu verlangen, dass er die erforderliche Umbauarbeit schon häufig gemacht hat. Gerade beim Einsatz der Elektronik ist großes Know-how wichtig.
Neunzling: Folgende Erfahrungswerte liegen vor: Der Einbau eines Schwenksitzes auf der Beifahrerseite schlägt mit etwa 3000 Euro zu Buche. Eine Handbedienanlage für Gas und Bremse gibt es ab 2500 Euro zuzüglich Automatikgetriebe. Ein Heckeinstieg für Rollstuhlfahrer in einen Hochdachkombi kostet ab 7000 Euro aufwärts.
Neunzling: Außer der Kraftfahrzeug-Hilfeverordnung gibt es für Arbeitnehmer mit Behinderung keine gesetzliche Grundlage für Unterstützungen, Förderungen oder Zuschüsse. Leider wird das in vielen Veröffentlichungen anders dargestellt und führt zu falschen Hoffnungen.
Neunzling: Heute bieten fast alle Hersteller Behindertenrabatte an. Grundsätzlich sollte man bei allen Marken vor dem Verkaufsgespräch den Behindertenausweis auf den Tisch des Autohauses legen und auf dieser Basis verhandeln.
Ein Recht auf den Behindertenrabatt gibt es nicht. Bei allen Automarken ist es „eine Empfehlung des Herstellers an alle teilnehmenden Händler“. Eine aktuelle Übersicht zur Orientierung veröffentlicht der BbAB stets auf seiner Webseite www.bbab.de unter „Behindertenrabatt nach Marken“.
BbAB – Bund behinderter Auto-Besitzer e. V., Postfach 12 02, 66443 Bexbach. Telefon (0 68 26) 57 82, Fax (0 68 26) 51 04 28, www.bbab.de, E-Mail mail@bbab.de
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Schlagworte Auto | behindertengerecht | Kfz | Förderung | Kfz-Hilfe | Umbau | Fahrzeuge | Autoanpassung | Schwerbehinderung
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