19. Oktober 2021
VdK-Zeitung

Lieblingsbücher für lange Leseabende

Die Redaktion der VdK-Zeitung und Präsidentin Verena Bentele geben Buchtipps für den Herbst

Eine junge Frau liest ein Buch, sie trägt warme Wollsocken und neben ihr steht ein tablett mit Plätzchen
© Canva / NinaMalyna

Herbstzeit ist Lesezeit. Während die Buchhändler die Neuerscheinungen der Verlage für die langen Leseabende ins Schaufenster stellen, haben wir vom VdK in unseren Regalen nach besonders lesenswerten Büchern gestöbert. Hier einige Tipps.

Todtraurig und sehr lustig

Im Mittelpunkt von John Greens bewegendem Roman „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“ stehen die 16-jährige Hazel, die an Knochenkrebs erkrankt ist, und der ein Jahr ältere Gus, dem wegen eines Tumors ein Bein amputiert werden musste. Klingt nach schwerer Kost? Keineswegs! Dem Autor gelingt das Unmögliche: Er erzählt diese besondere Liebesgeschichte zweier todkranker Jugendlicher mit so viel Weisheit, Witz und stets dem richtigen Ton, dass der Leser nur staunen kann. Ein Beispiel: Gus erfüllt Hazel mit einer Reise nach Amsterdam ihren größten Wunsch. Denn dort möchte sie den Autor ihres absoluten Lieblingsbuchs „Ein herrschaftliches Leiden“ treffen, das Hazel und Gus schon oft Trost gespendet hat. Doch Peter van Houten entpuppt sich als zynischer Alkoholiker und lässt die beiden von seiner Sekretärin abwimmeln. Die wendet sich entrüstet von ihrem Chef ab und schließt sich den beiden Jugendlichen auf ihrem Trip durch Amsterdam an.
Wer nicht aus Stein ist, dem hat dieses kluge Buch viel anzubieten – inklusive einem Wechselbad der Gefühle. Jörg Ciszewski

John Green, Das Schicksal ist ein mieser Verräter, dtv-Verlag, 9,95 Euro

„Nur ned hudeln“

Wenn es hart auf hart kommt, kann ein unsichtbarer Freund helfen. Manuel Rubeys imaginärer Gefährte heißt Franz, ist etwa neun Jahre alt, trägt einen Schnauzer wie Charly Chaplin und reißt Blondinenwitze. Er ist zum ersten Mal in Rubeys Kindheit aufgetaucht, nachdem seine Eltern ihn bei Ikea im Bällebad vergessen hatten. Jahrzehnte später klopft Franz wieder an. Nun, wir schreiben das Jahr 2017, liegt Rubey im Spital. Der Grund: Panik­attacken. Der österreichische Künstler ist längst erfolgreicher Schauspieler, der hierzulande bekannt geworden ist, seit er 2008 die Titelrolle im Film „Falco – verdammt wir leben noch!“ spielte. Zudem trat er in mehreren Tatort-­Folgen auf. Zwischen Franz und dem Erwachsenen-Ich Manuel entspinnt sich ein skurriler Dialog. Allein dafür lohnt sich dieses Buch, das in der ­Corona-Krise entstanden ist. Es liefert kluge Rezepte für ein entspannteres Leben. Wem gerade alles über den Kopf wächst, solle etwa den Wiener Spruch „Nur ned hudeln“, also nur nichts überstürzen, befolgen. Auch im Hier und Jetzt zu leben und mit Freunden ein Kaffee­tscherl zu trinken, lohne sich. Elisabeth Antritter

Manuel Rubey, Einmal noch schlafen, dann ist morgen, Molden Verlag, 23 Euro

Wasser, Krieg und Liebe

Hat der verschwundene Vater fünf Menschen getötet? Diese Frage treibt den Ich-Erzähler um. Zugegeben, kein gemütlicher Plot. Doch wer Freude an genauen und oft poetischen Beschreibungen von Landschaften, Irrwegen und vom Fließen des Lebens hat, dem sei dieses Buch ans Herz gelegt.
Christoph Ransmayr führt uns in eine kon­sequente Zukunft. Die Zeit der fossilen Rohstoffe ist ­vorbei. Die ­Polkappen schmelzen. Kriege ums Trinkwasser beherrschen die Welt. Kleinststaaten schotten sich ab. Dagegen mutet der Weiße Fluss und sein mächtiger Wasserfall, an dem die Familie des titelgebenden „Fallmeisters“ lebt, beinahe idyllisch an. Doch eine harsche Flüchtlingspolitik zwingt die Mutter zur Rückkehr auf ihre unbewohnbare Heimat­insel in der Adria. Bruder und Schwester wachsen isoliert beim abweisenden Vater auf. Der erwachsene Sohn entflieht der Enge, arbeitet privilegiert als Ingenieur für Wasserkraft in Südamerika und Asien. Und doch ist er irgendwann selbst als Mörder auf der Flucht in die Vergangenheit – immer vom Wasser bedroht und beschützt. Dr. Bettina Schubarth

Christoph Ransmayr, Der Fallmeister, Verlag S. Fischer, 22 Euro

Geographie und Politik

Napoleon wollte mit seiner Armee bis nach Moskau ziehen, doch er hatte die Geographie und das Klima unterschätzt. Von Frankreich bis zum Ural reicht die nordeuropäische Tiefebene, in der keine Bewegung unbemerkt bleibt. Eine Landschaft als natürliche Barriere, wie Berge, Wasser, Eis und ­Wüsten. Tim Marshall erklärt anhand von zehn Regionen mitsamt doppelseitigen Landkarten leicht verständlich, wie alle Regierungen den Zwängen der Geographie unterliegen. Außenpolitik wird hier auch für Laien lebendig.
Der vielfach ausgezeichnete Autor hat für die BBC aus mehr als 30 Ländern berichtet, darunter Afghanistan, Syrien und Israel. Wer wissen will, welche Rolle die Geographie beim Aufstieg der USA zur Weltmacht spielte, was Putin mit der Krim will, warum der Nahe Osten nicht zur Ruhe kommt und China auf die Weltmeere setzt, findet hier Antworten. Auch für Napoleon hätte sich die Lektüre gelohnt ... Sabine Kohls

Tim Marshall, Die Macht der Geographie, dtv-Verlag, 12,90 Euro

Einfach zauberhaft

Harry Potter ist eigentlich ein ganz normaler Junge. Doch an seinem elften Geburtstag erfährt er, dass er ein Zauberer ist. Und für ihn, der bei seinem herzlosen ­Onkel, seiner Tante und seinem Cousin Dudley aufgewachsen ist, beginnt ein neues Leben. Er besucht Hogwarts, die Schule für Hexerei und Zauberei. Ron Weasley und Hermine Granger werden ­seine besten Freunde. Im Geschäft von Garrick Ollivander kauft er seinen ersten Zauberstab: elf Zoll, Stechpalme und Phönixfeder. Quidditch, ein Mannschaftssport in der Zaubererwelt, wird seine Leidenschaft. Und er erlebt jede Menge aufregende Abenteuer.

Im ersten der sieben Bände erfährt Harry, dass seine Eltern von Lord Voldemort, dem schrecklichsten schwarzen Magier aller Zeiten, ermordet worden sind. Seitdem ist der verschwunden. Doch Lord Voldemort kehrt zurück. Harry muss ihm gegenübertreten und gegen die dunklen Mächte kämpfen.
Joanne K. Rowling hat mit ihren Harry-Potter-Büchern eine neue Welt erdacht, die voller liebevoller Details steckt. Als das Buch 1997 erschienen ist, bin ich mit großer Freude in diese Welt eingetaucht. Nun entdecken meine achtjährige Tochter und ich genauso begeistert die Geschichten um Harry Potter gemeinsam. Kristin Enge

Joanne K. Rowling, Harry Potter und der Stein der Weisen, Carlsen-Verlag, 8,99 Euro

Die Kraft der Vergebung

Anders als der Titel vermuten lässt, steht nicht Nina im Zentrum dieser Geschichte, sondern Vera. Eine neunzigjährige Jüdin und überzeugte Kommunistin, die vor dem jugoslawischen Diktator Tito einst in
ein israelisches Kibbuz floh. Obwohl bis in die Zehenspitzen eigenwillig, wird sie von allen für ihre unbändige Energie und ihr großes Mitgefühl geliebt. Außer von Nina, ihrer 60-jährigen Tochter. Schon als Jugendliche ist sie vor der Mutter weggelaufen, aber vor allem vor der gemeinsamen Vergangenheit.

Wie ein Puzzle breitet der israelische Schriftsteller David Grossmann diese Vergangenheit kunstvoll Stück für Stück aus, bis das Bild einer unglaublichen Lebensgeschichte erkennbar wird, einer großen, fast unmenschlichen Liebe, eines unfassbaren Verrats – das alles vor dem Panorama der Gräueltaten des 20. Jahrhunderts. Die Fangarme von Veras Geheimnis haben auch vor Ninas Tochter Gili nicht Halt gemacht. Und so begeben sich drei Frauen aus drei Generationen gemeinsam auf eine Reise in die Vergangenheit nach Kroatien. Dass Veras Geschichte eine wahre Lebensgeschichte zugrunde liegt, macht diesen einzigartigen Roman noch faszinierender. Tage und Nächte lang hat sich Grossmann mit Eva Panic-Nahir, die 2015 in einem Kibbuz bei Haifa starb, unterhalten. Mit diesem Roman setzt er ihr ein Denkmal, das zugleich ein Plädoyer für die Kraft der Vergebung ist. Absolut lesenswert! Heike Vowinkel

David Grossman, Was Nina wusste, Hanser Verlag, 25 Euro

Ein Brief mit Folgen

Der Debütroman von Alena Schröder erzählt eine Familiengeschichte aus der Sicht von Frauen. Ausgangspunkt der Geschichte sind Hannah und ihre Großmutter Evelyn. Als Evelyn einen Brief einer israelischen Anwaltskanzlei erhält, zeigt sie kein Interesse daran. Ihre Enkelin Hannah nimmt den Brief mit und erfährt, dass ihre Großmutter Erbin des von den Nazis konfiszierten und inzwischen verschollenen Kunstvermögens eines jüdischen Kunsthändlers ist.

Dieser Brief ist der Ausgangspunkt für Hannahs Recherche über ihre Familie. Die Journalistin Alena Schröder, die als Kolumnistin unter anderem für die Süddeutsche Zeitung schreibt, erzählt einfühlsam und spannend 100 Jahre deutsche Geschichte. Es geht um vier Frauen, die sich zwischen Kindern und Karriere entscheiden, die sich fragen, ob sie das Erbe ihrer Mütter oder Großmütter antreten wollen oder müssen.
Mich haben diese Frauen mit ihrem Drang nach Entfaltung, mit ihrem Schmerz und ihrer Sehnsucht nach Zugehörigkeit und Anerkennung sehr berührt. Verena Bentele

Alena Schröder, Junge Frau, am Fenster stehend, Abendlicht, blaues Kleid, dtv-Verlag, 22 Euro

Weise und fesselnd

Michael Endes Roman „Momo“ hat die „Süddeutsche Zeitung“ zu Recht als „eines der schönsten und wichtigsten Kinderbücher“ seiner Zeit bezeichnet. Doch es fesselt nicht nur die Jüngsten, auch Erwachsene verfolgen gebannt, wie das Mädchen Momo gegen die ­„grauen Herren“ kämpft, die den Menschen die Zeit stehlen.
Der Roman kam schon 1973 heraus, hat aber nichts an Aktualität verloren – ganz im Gegenteil: In Zeiten von Smartphones oder anderen Zeiträubern empfiehlt es sich, dieses spannende und in einer wunderbaren Sprache geschriebene Buch zu lesen und Handys und Tablets einfach mal auszuschalten. Sebastian Heise

Michael Ende, Momo, Thienemann Verlag, 16 Euro

Schlagworte Lesen | Herbst | Buchtipp | Bücher

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